Die Biennale di Venezia wurde 1895 gegründet und ist damit die älteste und bedeutendste internationale Kunstausstellung der Welt. Sie entstand in einer Zeit kulturellen Aufbruchs in Europa, als das Königreich Italien seine nationale Identität auch durch die Künste stärken wollte. Die erste Ausstellung wurde am 30. April 1895 im Giardini di Castello eröffnet und zog bereits über 200.000 Besucher an. Die Biennale war von Beginn an als regelmäßige Leistungsschau zeitgenössischer Kunst gedacht – ein revolutionärer Gedanke in einer Epoche, die noch stark vom akademischen Kunstverständnis geprägt war.
Die frühen Ausstellungen standen stilistisch im Zeichen des Historismus und der Akademischen Malerei, wandelten sich jedoch rasch. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts öffnete sich die Biennale für den Symbolismus, den Jugendstil und später für den Futurismus – eine radikale italienische Bewegung, die die Moderne maßgeblich mitgestaltete. 1907 wurde erstmals ein eigener Pavillon für ein Gastland errichtet, womit das Modell der nationalen Pavillons begründet wurde – bis heute ein Markenzeichen der Biennale.
Im Laufe der Jahrzehnte durchlief die Biennale zahlreiche politische und künstlerische Umbrüche. Während der Zeit des Faschismus wurde sie staatlich instrumentalisiert, doch nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte sie eine fulminante Renaissance. Künstler wie Jackson Pollock, Mark Rothko, Lucio Fontana oder Pablo Picasso wurden in den Nachkriegsjahren ausgestellt, und der internationale Dialog der Kunst erreichte eine neue Dimension. Die Biennale wurde zum Schaufenster des Abstrakten Expressionismus, der Konzeptkunst, des Minimalismus und später auch der Postmoderne.
Seit den 1990er Jahren hat sich die Biennale zunehmend globalisiert. Länder aus Afrika, Asien und Lateinamerika nehmen regelmäßig teil und prägen mit ihren Stimmen das Geschehen. Neben der Kunstbiennale umfasst die Institution heute auch Ausstellungen und Wettbewerbe in den Bereichen Architektur, Film (Mostra Internazionale d’Arte Cinematografica), Musik, Theater und Tanz.
Heute wird die Biennale di Venezia von Pietrangelo Buttafuoco geleitet, der seit 2024 Präsident der Fondazione La Biennale di Venezia ist. Er folgte auf Roberto Cicutto. Die künstlerische Leitung der 60. Internationalen Kunstausstellung 2024 lag in den Händen des brasilianischen Kurators Adriano Pedrosa, der als erster Kurator aus Lateinamerika in dieser Position Geschichte schrieb. Sein Konzept mit dem Titel "Stranieri Ovunque – Foreigners Everywhere" thematisierte Migration, Identität und Zugehörigkeit und wurde international stark beachtet.
Die Biennale di Venezia ist heute mehr denn je ein Spiegel unserer Zeit, ein Ort der künstlerischen Freiheit, des kritischen Denkens und des globalen Austauschs. Sie ist sowohl Plattform für aufstrebende Talente als auch Bühne für etablierte Namen. Ihre Geschichte ist ein Panorama der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts – geprägt von Wandel, Visionen und der Kraft des Ausdrucks.