Erwin Wurm Narrow House, 2010 Außenansicht / Outside View Mixed Media Photo: Studio Erwin Wurm / Superstress. La Biennale di Venezia 2011, Palazzo Cavalli Franchetti Copyright: Bildrecht, Vienna 2017 Erwin Wurm Narrow House, 2010 Außenansicht / Outside View Mixed Media Photo: Studio Erwin Wurm / Superstress. La Biennale di Venezia 2011, Palazzo Cavalli Franchetti Copyright: Bildrecht, Vienna 2017 - Mit freundlicher Genehmigung von: labiennale

Was: Ausstellung

Wann: 13.05.2017 - 26.11.2017

08. Februar 2017 - Mit Brigitte Kowanz und Erwin Wurm präsentiert Christa Steinle, Kommissärin des Österreich-Pavillons 2017, zwei Kunstpositionen, in deren Mittelpunkt die Auseinandersetzung und Weiterentwicklung des Skulpturenbegriffs im internationalen Kunstdiskurs steht.

Mit ihren Oeuvres operieren Brigitte Kowanz und Erwin Wurm – beide haben für ihr außergewöhnliches…

08. Februar 2017 - Mit Brigitte Kowanz und Erwin Wurm präsentiert Christa Steinle, Kommissärin des Österreich-Pavillons 2017, zwei Kunstpositionen, in deren Mittelpunkt die Auseinandersetzung und Weiterentwicklung des Skulpturenbegriffs im internationalen Kunstdiskurs steht.

Mit ihren Oeuvres operieren Brigitte Kowanz und Erwin Wurm – beide haben für ihr außergewöhnliches Werk den Großen Österreichischen Staatspreis erhalten – an der Schnittstelle von Skulptur und Architektur, Wurm auf materielle Weise, Kowanz auf immaterielle Weise. Beide reagieren auf die Veränderungen unserer Raumwahrnehmung und Raumerfahrung in den letzten 200 Jahren durch Maschinen, Medien und neue Materialien.

„Wenngleich die berühmteste Werkphase von Wurm als performative Skulptur bezeichnet wird und die Arbeiten von Brigitte Kowanz als Lichtinstallationen, also in der Benennung weit auseinanderzuliegen scheinen, arbeiten sie doch im gleichen Feld, an der durch den Ausstieg aus dem Bild eingeleiteten Expansion der Künste. Brigitte Kowanz hat durch ihre Lichtinstallationen auf immaterielle Weise Raum und Architektur neu definiert. Erwin Wurm hat mit seinen berühmten Häuserparaphrasen, von ‚House Attack’ (2006) bis zum ‚Narrow House’ (2010), auf materielle Weise die Architektur in Skulptur verwandelt und mit seinen ‚One Minute Sculptures’ die performative Wende der Skulptur auf konsequenteste Weise weiterentwickelt. Kowanz hat mit ihren Lichtobjekten und Lichträumen, denen Schrift und Zeichen inhärent sind, eine autonome Leistung für die Kunst erbracht. Mit ihren innovativen und eigenständigen Beiträgen sind Kowanz und Wurm Teil einer internationalen Bewegung innerhalb des Spektrums eines erweiterten Skulptur- und Raumbegriffs“, kommentiert Christa Steinle ihr ästhetisches Konzept für den Österreich-Pavillon.

BEZIEHUNGEN ZWISCHEN LICHT, SPRACHE UND REFLEXIONBrigitte Kowanz nimmt in der jüngeren Kunstgeschichte eine unverwechselbare Position ein.Seit den 1980er-Jahren steht im Zentrum ihrer Arbeit Licht als künstlerisches Medium, das sie in Beziehung zum Raum und in Kombination mit Zeichen, Codes und Sprache untersucht. Licht dient ihr als ein Mittel der Überschreitung und Präzisierung, um den konventionellen Bild- und Malereibegriff zu hinterfragen und ein neues, integratives Verhältnis zwischen Werk, Raum und Betrachter zu präzisieren. Dabei konzentriert sie sich in Fortführung der medienreflexiven Tradition auf die Thematisierung der grundlegenden Parameter der Kunst: Sichtbarkeit, Wahrnehmung und Bedeutungsproduktion. Licht macht alles sichtbar, bleibt aber selbst unsichtbar. Licht bestimmt Orte, kennt aber selber keinen Ort. So geht Kowanz mit analytischer Leidenschaft u.a. in der Arbeit „Licht bleibt nie bei sich, kennt keinen Ort, ständig in Veränderung mit seiner Umgebung“ (2003/2005) dem Ungreifbaren und Flüchtigen nach. Licht ist nicht fest zu machen, Licht ist in Bewegung, Licht ist überall.

Es entstehen konzeptuell angelegte, jedoch poetisch anmutende Objekte und Installationen, in denen sie auch die Mechanismen von Sprache beleuchtet. Zu dieser wechselseitigen Bespiegelung von Licht und Sprache kommen immer wieder reale Spiegel hinzu, die dazu führen, dass sich in ihren Ausstellungsinszenierungen Realität und virtuelles Spiegelbild durchdringen und die Grenzen zwischen Kunstwerk und BetrachterIn fließend werden. In ihren raumbildenden Spiegel-Installationen (z.B. MUMOK Wien 2010), werden auf diese Weise die Grenzen des dreidimensionalen, architektonischen Raums aufgebrochen und um virtuelle Räume erweitert.

Kowanz setzt Spiegel als eine Art Metamedium visueller Übertragung ein, denn Spiegel bergen durch die Durchdringung von Realraum und virtuellem Raum unendlich viele Bilder in sich, brechen räumliche Grenzen auf und entmaterialisieren diese.

Licht, Sprache und Spiegel bilden jene Trias an Motiven, die, miteinander verkoppelt, die Möglichkeiten der Selbstentgrenzung und gegenseitigen Durchdringung faktisch ins Unendliche potenzieren. In diesen virtuell erzeugten Räumen konfrontiert Kowanz den Betrachter auch mit aktuellen sozio-politischen Thematiken. In einer ihrer jüngsten Arbeiten wie z.B. „Maastricht 07.02.92 01.11.93“ (2016) formuliert sie ihre Sorge um den Zerfall der Europäischen Union. Der Spiegel dient hier buchstäblich als Reflexionsmedium, in dem sich BetrachterInnen wiederfinden. Brigitte Kowanz‘ Kunst ist konzeptuelle Poesie. Licht als Ursprung allen Lebens, ist bei ihr Information, Gestaltung von Raumzeit.

SKULPTUR ALS OFFENES HANDLUNGSFELDMit seinen Skulpturen leistet Erwin Wurm einen weltweit anerkannten autonomen Beitrag zu einer internationalen Tendenz: Skulptur als Handlungsform. Zunächst interpretiert Erwin Wurm die klassischen Kriterien der Skulptur – Volumen, Gewicht, Statik, Schwerkraft, Form, Masse – neu. Anstelle des dreidimensionalen Objekts auf einem Sockel, rückt Erwin Wurm den Menschen selbst und seine Handlungen mit alltäglichen Gegenständen in ungewöhnlichen Positionen ins Blickfeld und fixiert diesen minimalen Zeitraum fotografisch. Fotografie und Video werden dabei zum Medium der Skulptur. Mit diesen berühmt gewordenen „One Minute Sculptures“ wird das Publikum zum Mitwirkenden bei der Gestaltung der Skulptur und die Skulptur zum offenen Handlungsfeld. In einem weiteren Schritt bietet Erwin Wurm dem Publikum mittels verschiedener Gebrauchsanweisungen die Herstellung von Skulpturen im Museumsraum an und animiert auf subversive Weise das Individuum zur Teilnahme am sozialen Handeln. Mit der kontinuierlichen Erweiterung des Skulpturenbegriffs stellt Erwin Wurm unter Beweis, dass er auf eine genuin künstlerische Weise – manchmal sublim, oft philosophisch – in Bildern und Objekten eine Antwort auf die Stimmungen und sozialen Zustände der Zeit zu finden vermag. Wurms Skulpturenbegriff, der um verschiedenste Materialien und Medien kreist, bezieht sich explizit auf die Traditionen der „Neo-Avantgarde“, wo stets Provokation und Risikofreudigkeit eine Rolle spielten.

In anderen Werkgruppen findet eine Rückübertragung der von den Handlungsskulpturen gewonnenen Einsichten auf statische Objekte statt. Als Beispiel sei hier auf „Narrow House“ (2010) verwiesen, eine Intervention im öffentlichen Raum, die auf der Biennale di Venezia 2011 zu sehen war, und mit der Erwin Wurm auf spektakuläre Weise die Enge der kleinbürgerlichen Familie auf den Punkt bringt. Auch hier eröffnet Erwin Wurm mit seinen großformatigen Skulpturen im öffentlichen Raum neue Optionen in der ästhetischen Auseinandersetzung mit Skulptur und Architektur.

Alle seine Arbeiten verweisen auf ein kritisches, medienanalytisches Denken über den Skulpturenbegriff, indem er die Grenzen zwischen Objekt und Performance, zwischen Plastik und Fotografie, zwischen Künstler und Publikum überschreitet. Daher bieten seine Arbeiten auch eine breite Reflexionsbasis zu soziokulturellen und gesellschaftsrelevanten Fragestellungen. War Skulptur vor allem Statik, ist sie seit der Kinetik Dynamik. Als „soziale Plastik“ (J. Beuys) ist Skulptur auch Handlung. Wurm macht aus Skulptur die Handlungsform des Publikums.

Christa Steinle hat durch ihre Tätigkeiten u.a. als Leiterin der Neuen Galerie in Graz / Universalmuseum Joanneum oder als Österreich-Kommissärin der Kairo-Biennale 2004 die nationalen und internationalen Entwicklungen im Bereich der zeitgenössischen Kunst maßgeblich mitgestaltet und bereichert. Sie hat sich konsequent für die Förderung junger KünstlerInnen eingesetzt, in kritischer Auseinandersetzung mit künstlerischen Denkmustern und dem Kunstbetrieb.

Erwin Wurm Organisation of Love, 2005 Holz, Farbe, Materialien / Wood, Paint, Utensils Maße: variabel Photo: Wolfgang Guenzel / Studio Erwin Wurm / Städel Museum, Frankfurt am Main Copyright: Bildrecht, Vienna 2017 Erwin Wurm Organisation of Love, 2005 Holz, Farbe, Materialien / Wood, Paint, Utensils Maße: variabel Photo: Wolfgang Guenzel / Studio Erwin Wurm / Städel Museum, Frankfurt am Main Copyright: Bildrecht, Vienna 2017 - Mit freundlicher Genehmigung von: labiennale / La Biennale di Venezia Brigitte Kowanz 1234567890, 2012 Objekt / Object Neon, Spiegel / Neon, Mirror B 245 cm, L 210, H 22 cm In: Cut a Long Story Short, 2012, Borusan I Contemporary, Istanbul Photo: Atelier Kowanz Copyright: Bildrecht, Vienna 2017 Brigitte Kowanz 1234567890, 2012 Objekt / Object Neon, Spiegel / Neon, Mirror B 245 cm, L 210, H 22 cm In: Cut a Long Story Short, 2012, Borusan I Contemporary, Istanbul Photo: Atelier Kowanz Copyright: Bildrecht, Vienna 2017 - Mit freundlicher Genehmigung von: labiennale / La Biennale di Venezia Erwin Wurm Misconceivable, 2012 Installation Ansicht Hotel Daniel / Installation View at the Hotel Daniel Mixed Media B 3 m, L 8 m, H 10 m Photo: Studio Erwin Wurm Copyright: Bildrecht, Vienna 2017 Erwin Wurm Misconceivable, 2012 Installation Ansicht Hotel Daniel / Installation View at the Hotel Daniel Mixed Media B 3 m, L 8 m, H 10 m Photo: Studio Erwin Wurm Copyright: Bildrecht, Vienna 2017 - Mit freundlicher Genehmigung von: labiennale / La Biennale di Venezia Brigitte Kowanz Morsealphabet (Morse Alphabet), 2012 Objekt / Object Neon, Spiegel / Neon, Mirror B 247 cm, L 281 cm, H 24 cm In: Cut a Long Story Short, 2012, Borusan I Contemporary, Istanbul Photo: Atelier Kowanz Copyright: Bildrecht, Vienna 2017 Brigitte Kowanz Morsealphabet (Morse Alphabet), 2012 Objekt / Object Neon, Spiegel / Neon, Mirror B 247 cm, L 281 cm, H 24 cm In: Cut a Long Story Short, 2012, Borusan I Contemporary, Istanbul Photo: Atelier Kowanz Copyright: Bildrecht, Vienna 2017 - Mit freundlicher Genehmigung von: labiennale / La Biennale di Venezia Erwin Wurm Mies van der Rohe – melting, 2005/2008 Harz / Resin B 73 cm, L 92 cm, H 110 cm Photo: Studio Erwin Wurm Copyright: Bildrecht, Vienna 2017 Erwin Wurm Mies van der Rohe – melting, 2005/2008 Harz / Resin B 73 cm, L 92 cm, H 110 cm Photo: Studio Erwin Wurm Copyright: Bildrecht, Vienna 2017 - Mit freundlicher Genehmigung von: labiennale / La Biennale di Venezia Erwin Wurm Mies van der Rohe – melting, 2005/2008 Harz / Resin B 73 cm, L 92 cm, H 110 cm Photo: Studio Erwin Wurm Copyright: Bildrecht, Vienna 2017 Erwin Wurm Mies van der Rohe – melting, 2005/2008 Harz / Resin B 73 cm, L 92 cm, H 110 cm Photo: Studio Erwin Wurm Copyright: Bildrecht, Vienna 2017 - Mit freundlicher Genehmigung von: labiennale / La Biennale di Venezia
Tags: Architektur, Biennale di Venezia, Bildende Kunst, Brigitte Kowanz, Erwin Wurm, Zeitgenössische Kunst

Preview-TageDienstag, 9. Mai – Freitag, 12. Mai 2017
Dauer der AusstellungSamstag, 13. Mai –Sonntag, 26. November 2017