Für die erste Keynote Lecture am Freitag konnte Yasmeen Lari, Pakistans bekannteste Architektin, gewonnen werden. Als Pionierin der brutalistischen Architektur baute sie in den 1960er und 1970er Jahren in Pakistan bahnbrechende Gebäude, vornehmlich aus Beton. 1980 gründete sie mit ihrem Mann, dem bekannten Historiker Suhail Zaheer Lari, die Heritage Foundation of Pakistan, mit der sie historische Restaurierungsprojekte initiierte und dafür traditionelle Bau- und Handwerkstechniken studierte. Seit 2005 überträgt Lari dieses Wissen auf die Entwicklung von erdbebensicheren und überflutungsresistenten Wohn- und Gemeinschaftsbauten. Massive staatliche und internationale Hilfe bietet keine nachhaltigen Lösungen für die in Pakistan immer wiederkehrenden katastrophalen Überschwemmungen. Lari gelang es, mit traditionellen Baumaterialien und minimalem Ressourceneinsatz hochwasser- und erdbebensichere Häuser zu errichten. Mobile Trainingsteams geben Anleitung zum Selbstbau, mit dem Ziel, insbesondere Frauen zu neuen „Barfuß-UnternehmerInnen" auszubilden. Rund 40 000 Häuser wurden inzwischen fertiggestellt. Kostengünstig, CO2-arm, gesund und sicher – so lassen sich die Werte von Laris Arbeit zusammenfassen.
Die zweite Keynote Lecture hält Sarah Spiekermann-Hoff. Die angesehene Wissenschaftlerin und Beraterin zum Thema Ethik leitet das Institut für Informationssysteme & Gesellschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU Wien). Sie veröffentlichte mehrere Bücher, darunter Digital Ethics – A Value System for the 21st Century (Droemer, 2019), Ethical IT Innovation: Ein wertorientierter Systemdesignansatz (Taylor & Francis, 2015) sowie Networks of Control (Facultas, 2016). Im Jahr 2016 gründete sie das Privacy & Sustainable Computing Lab an der WU Wien. In ihrer Keynote spricht sie über Werte: „Werte sind ein Geschenk, wenn man sie wahrnimmt und entfaltet. Sie sind a priori gegeben und geben dem menschlichen Leben Bedeutung und Sinn. Diese Tatsache ändert sich nie. Werte sind ewig. Was sich jedoch wandelt, ist unsere Fähigkeit, insbesondere hohe Werte wahrzunehmen und die positiven von den negativen zu unterscheiden. Wir richten unser Leben an Werten aus wie Profit, Gewinn und Effizienz und vergessen dabei die Werte der Liebe, der Würde und der Gemeinschaft. Dieses Vergessen und falsche Wertprioritäten sind die größte Herausforderung auf unserem Weg in eine digitale Gesellschaft."
Drei Panels beleuchten am Samstag Zusammenhänge zwischen alterna-tiven ökologischen und ökonomischen Ansätzen:
Den Auftakt bildet die Diskussion zum Thema WERTVOLLE DATEN unter dem Vorsitz von Vanessa Joan Müller (Leitung Dramaturgie, Kunsthalle Wien) mit den TeilnehmerInnen Paul Feigelfeld (Medientheoretiker), Peter Mörtenböck (Professor für Visuelle Kultur an der Technischen Universität Wien), Helge Mooshammer (Kulturtheoretiker und Architekt) und Katja Schechtner (Beraterin Innovation und Technologie, OECD/ITF & Research Fellow MIT). Das Panel konzentriert sich auf Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem Umgang von Daten stellen, insbesondere im Hinblick auf die Würde der menschlichen Daten angesichts des zunehmenden Leistungspotenzials von Big Data. Weiters geht es um alternative Nutzungsmöglichkeiten von Daten.
Das Panel zu INNOVATIVEN MATERIALIEN unter der Moderation von Vlasta Kubušová (crafting plastics! studio, Slovak Design Center Bratislava) befasst sich mit der Beziehung zwischen Mensch und Ressourcen sowie der Frage, welche Materialinnovationen für eine sozial und ökologisch nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft erforderlich sind. Von der Forschung und dem akademischen Umfeld bis hin zu Beratungsleistungen und eigener Praxis werden fünf DiskussionsteilnehmerInnen über die Rolle von Kreativen bei der innovativen Materialentwicklung diskutieren. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Frage, wie innovative (Forschungs-)Unternehmen zu diesem Zweck effektiv interdisziplinär mit DesignerInnen und ArchitektInnen zusammenarbeiten können. Es diskutieren Ena Lloret-Fritschi (Architektin), Thomas Traxler (Designer, mischer'traxler studio), Seetal Solanki (Materialdesignerin und Forscherin) und Lilo Viehweg (Designerin, Forscherin).
Das dritte Panel unter dem Vorsitz von Christoph Thun-Hohenstein (Generaldirektor, MAK, Leiter der VIENNA BIENNALE FOR CHANGE 2019) diskutiert das Thema TRANSFORMATION DESIGN. Positive Veränderung erfordert sowohl die Festlegung wünschenswerter Ziele als auch die Gestaltung der Transformation, die zur Erreichung der definierten Ziele erforderlich ist. Im Mittelpunkt dieser Podiumsdiskussion steht die Frage, wie wir uns vom aktuellen Zustand unserer Zivilisation effektiv zu einer nachhaltigen Qualitätsgesellschaft entwickeln können. Welche konkreten Schritte sind notwendig, um unsere Volkswirtschaften und Gesellschaften zu dekarbonisieren und unseren ökologischen Fußabdruck erheblich zu verringern, von digitalen Technologien wie KI zu profitieren und gleichzeitig Fallstricke zu vermeiden sowie die soziale Nachhaltigkeit zu fördern? Und warum erfordert Transformationsdesign einen ganzheitlichen Ansatz? Es diskutieren Harald Gruendl (Co-Partner, EOOS, und Institutsvorstand IDRV – Institute of Design Research Vienna), Nikolaus Hirsch (Architekt und Kunsttheoretiker), Anab Jain (Designerin, Filmemacherin und Mitbegründerin von Superflux) und Johannes Strohmayer (Unternehmer und Investmentbanker).
Biografien der TeilnehmerInnen und das Konferenzprogamm auf Englisch sowie Informationen zur Anmeldung unterhttp://www.viennabiennale.org/konferenz
Konferenzprogramm CHANGING VALUES
Freitag, 6. September 2019
18:00 Uhr: Einleitende Worte Angelika Fitz, Architekturzentrum Wien (Az W)Christoph Thun-Hohenstein, Museum für angewandte Kunst (MAK)Mária Rišková, Slovak Design Center (SDC)
Im Anschluss Keynote Lectures Yasmeen LariSarah Spiekermann-HoffVorsitz: Angelika Fitz, Az W, und Christoph Thun-Hohenstein, MAK
Samstag, 7. September 2019
11:00–13:00 UhrPanel I / Valuable DataPaul Feigelfeld, MedientheoretikerPeter Mörtenböck, Professor für Visuelle Kultur an der Technischen Universität Wien und Helge Mooshammer, Kulturtheoretiker und Architekt Katja Schechtner, Beraterin Innovation und Technologie, OECD/ITF & Research Fellow MITVorsitz: Vanessa Joan Müller, Kunsthalle Wien
13:00–14:30 Uhr Mittagspause
14:30–16:30 UhrPanel II / Innovative Materials
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