Cindy Sherman wurde am 19. Januar 1954 in Glen Ridge, New Jersey, geboren. Als eine der bedeutendsten und einflussreichsten Fotokünstlerinnen der Gegenwart ist sie bekannt für ihre fotografischen Selbstinszenierungen, mit denen sie Rollenbilder, Identität und gesellschaftliche Erwartungen hinterfragt. Sherman lebt und arbeitet in New York und hat ihr Leben der Kunst gewidmet. Sie ist nach wie vor aktiv, und auch wenn sie weit über 70 Jahre alt ist, hat sie sich nicht zur Ruhe gesetzt.
Biografie und Familie
Cindy Sherman wuchs als jüngstes von fünf Kindern auf. Ihre Eltern hatten keine künstlerischen Berufe: Ihr Vater arbeitete als Ingenieur, und ihre Mutter war Lehrerin. Trotzdem erhielt Sherman früh Förderung, ihre Eltern unterstützten sie in ihrem künstlerischen Interesse. Schon in jungen Jahren zeigte sie Faszination für Verkleidungen und Rollenwechsel, was sich später zu einem zentralen Aspekt ihrer Arbeit entwickelte.
Ausbildung und Einfluss
Sherman studierte ab 1972 am Buffalo State College in New York, wo sie zunächst Malerei als Hauptfach wählte. Schon bald merkte sie jedoch, dass sie sich durch Fotografie besser ausdrücken konnte und wechselte den Schwerpunkt. Dort kam sie mit anderen aufstrebenden Künstlern in Kontakt, darunter Robert Longo, der einer ihrer engsten Kollegen wurde und sie in ihrer künstlerischen Entwicklung inspirierte. Ihre Entscheidung, Fotografie als Hauptmedium zu nutzen, war wegweisend: Sherman machte das fotografische Selbstporträt zu ihrem Hauptausdrucksmittel.
Werke und Themen
Bekannt wurde Cindy Sherman in den späten 1970er Jahren mit ihrer Serie Untitled Film Stills (1977–1980), die aus 69 Schwarz-Weiß-Fotografien besteht, in denen sie sich selbst in verschiedenen Rollen zeigt. Diese Serie reflektiert stereotype weibliche Figuren aus Hollywood, Film Noir und Popkultur und hat bis heute eine enorme Bedeutung in der Kunstwelt. Weitere bekannte Serien sind „Centerfolds“ (1981) und „History Portraits“ (1989–1990), in denen sie Rollen und Identitäten in unterschiedlichen Kontexten erforscht.
Shermans Werke beschäftigen sich oft mit der Darstellung von Frauen und dem Einfluss der Medien auf das Selbstbild. Sie greift auf ikonische Frauenbilder und Rollenbilder zurück und dehnt diese zu teils grotesken, aber tiefgründigen Interpretationen aus. Dabei nimmt sie sowohl die Rolle der Künstlerin als auch die der Schauspielerin ein und verwischt die Grenze zwischen Künstler und Objekt.
Museen und Galerien
Shermans Werke sind in den bedeutendsten Museen weltweit vertreten, darunter das Museum of Modern Art (MoMA) in New York, das Whitney Museum und die Tate Modern in London. Sie hat Ausstellungen in renommierten Galerien wie der Metro Pictures Gallery in New York und der Sprüth Magers Gallery in Berlin gehabt. Auch das Centre Pompidou in Paris widmete ihr eine umfangreiche Retrospektive.
Auktionen und höchste Preise
Cindy Sherman ist eine der teuersten Fotokünstlerinnen der Welt. Ihr Werk Untitled #96 wurde 2011 für 3,89 Millionen Dollar bei einer Auktion versteigert, ein Rekordpreis für eine Fotografie. Auch ihre anderen Werke erzielen regelmäßig hohe Preise und sind bei Sammlern sehr begehrt.
Einfluss und Kritik
Sherman gilt als eine Pionierin der konzeptuellen Fotografie und als kritische Beobachterin der Rolle von Frauen in der Gesellschaft und den Medien. Ihre Arbeiten haben die feministische Kunst nachhaltig geprägt, auch wenn sie selbst oft betont hat, nicht ausschließlich als feministische Künstlerin wahrgenommen werden zu wollen. Kritik an Sherman kommt gelegentlich von Stimmen, die ihre Serie als zu repetitiv oder ihre Thematiken als überstrapaziert betrachten. Dennoch wird ihr Einfluss auf die zeitgenössische Fotografie und die Diskussion um Identität und Selbstdarstellung allgemein hochgeschätzt.
Bücher und Kataloge
Shermans Werk ist in zahlreichen Büchern und Ausstellungskatalogen dokumentiert. Einige bedeutende Publikationen sind Cindy Sherman: The Complete Untitled Film Stills (2003), das eine vollständige Übersicht über ihre berühmteste Serie bietet, sowie Cindy Sherman (2012), ein umfassender Katalog des MoMA, der auch tiefgehende Essays und Interviews enthält.
Zitat
„Ich sehe mich nicht als Schauspielerin oder Model. Ich bin ein Beobachter, der sich selbst zum Objekt macht, um die Realität zu hinterfragen.“ – Cindy Sherman
Dieses Zitat verdeutlicht, dass Sherman die Rollen, in die sie schlüpft, nicht als Teil ihrer eigenen Persönlichkeit versteht, sondern als Mittel, um soziale und kulturelle Normen zu reflektieren und zu dekonstruieren.
Bedeutung und Vermächtnis
Cindy Sherman hat das Selbstporträt als künstlerisches Medium revolutioniert und die Rolle des „Ich“ in der Kunst neu definiert. Ihre Fotografien bieten einen Spiegel für die Gesellschaft, die eigene Vorstellungen und Erwartungen hinterfragt. Ihr Werk bleibt nicht nur aufgrund seines kulturellen Einflusses relevant, sondern auch wegen der anhaltenden Aktualität der Themen, die sie aufgreift – Identität, Rollenbilder und die komplexen Schichten des menschlichen Selbstverständnisses.