Die renommierte englische Künstlerin Jenny Saville (geb. 1970) zählt zu den bedeutendsten Vertreterinnen der Young British Artists. Als einzige figurative Malerin nahm sie 1997 an der legendären Ausstellung Sensation in der Royal Academy of Arts in London teil. Über mehr als drei Jahrzehnte hinweg setzt sich Saville in ihrem Œuvre intensiv mit der jahrhundertealten Tradition der Körperdarstellungen auseinander. Ihre Figuren nehmen dabei eine doppeldeutige Position zwischen Idealisierung und Dekonstruktion ein.Saville lässt sich von der Kunstgeschichte inspirieren – von alten Meistern wie Leonardo und Raffael bis hin zu Egon Schiele, Picasso, Francis Bacon und Lucian Freud – und entwickelt daraus eine Malerei, die von Körperlichkeit, Fleischlichkeit sowie dem Zusammenspiel von neuen und alten Medien geprägt ist.
Saville übersetzt die Techniken der alten Meister in eine originelle und zeitgemäße Herangehensweise, die zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion oszilliert. Ihre figurativen Darstellungen entstehen oft vergleichbar dem Prozess einer Bildhauerin aus abstrakten Farbfeldern und dicken Farbschichten, die nach und nach Form annehmen. Antike und christliche Ikonografien dienen ihr dabei als Vorlage, um sich mit Komposition sowie der Anordnung von Raum, Figur und Fläche auseinanderzusetzen. Letztendlich geht es der Künstlerin um die Entwicklung eines hybriden Formenkanons, der "seine Vorlagen als Ausgangspunkt für eine Aktualisierung des historisch Überlieferten heranzieht".
Ein wesentliches Merkmal ihres Schaffens ist die enge Verbindung von Malerei und Zeichnung. Saville verschränkt diese beiden Medien miteinander und lotet das ästhetische Potenzial des Grafisch-Malerischen aus. "Riesige Papierarbeiten bemalt sie mit Farbe, und Leinwände werden wiederum mit Kreide und Kohle bearbeitet."
Seit den 1990er-Jahren entstehen so figurative Darstellungen von betonter und expliziter Körperlichkeit. Sie zeichnen sich durch Direktheit und Unmittelbarkeit aus und zeigen ungewohnte bis extreme Ansichten von Körpern. Neben großformatigen Figuren- und Aktdarstellungen in klassischen Posen – stehend, liegend, sitzend – und deren zeitgenössischen Variationen widmet sich die Künstlerin vor allem auch Porträts und Selbstbildnissen. Ob sie die Geschichte, die Körper anderer oder sich selbst darstellt – "ihr Werk zeichnet sich immer dadurch aus, dass es sich über die konventionellen Vorstellungen von Schönheit und Hässlichkeit hinwegsetzt."
Die ALBERTINA Wien widmet der bekannten britischen Künstlerin nun die erste Einzelausstellung in Österreich und gewährt einen umfassenden retrospektiven Einblick in die künstlerische Entwicklung der letzten zwei Jahrzehnte. Darüber hinaus präsentiert die Schau in der historischen Pfeilerhalle neue, bislang noch nie gezeigte Werke.
Mit großzügiger Unterstützung von Gagosian.
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