Der Künstler Cem A. nimmt die derzeitige sanie-rungsbedingte Schließung der Berlinischen Galerie zum Anlass für eine Intervention: online auf dem Instagram-Kanal des Museums und on-site mit einer Installation auf dem Vorplatz.Seit Ende April platziert Cem A. dort Hinweisschilder mit fiktiven Gründen für die Schlie-ßung des Museums. Die Schilder wechseln alle zwei bis drei Tage und haben die Ästhetik offizieller Infor-mationsschilder im öffentlichen Raum. Zu lesen ist beispielsweise: „The Museum is closed to take a Moment to reflect. Thank you for your understan-ding“, „The Museum is closed to give the Artist some space. Thank you for your understanding“ oder „The Museum is closed due to lack of affordable Housing in Berlin. Thank you for your understanding“. Gleich-zeitig werden über Instagram Fotos veröffentlicht, die Vertreter*innen der Berliner Kunstszene in und außerhalb der Museumsräume mit den Schildern zei-gen. Bisher wurden sieben Statements bewusst ohne Absender oder weitere Erläuterungen veröffentlicht. Sie erhielten überdurchschnittlich viele Likes und lös-ten rege Debatten in den Kommentaren aus. Nach der Bekanntmachung des Absenders werden bis zum Ende der Intervention am 18. Mai noch neun weitere Postings auf dem Kanal folgen.
Cem A. betreibt seit 2019 die Meme-Seite @freeze_magazine und postet dort Inhalte, die sich humoristisch mit den Absurditäten der Kunstwelt und des Künstler*innen-Alltags beschäftigen oder über Memes Kunstkritik äußern. In seiner künstlerischen Praxis und in der Zusammenarbeit mit Kunst- und Kulturorganisationen (zuletzt u.a. Documenta fifteen, 2022) erforscht Cem A., wie das Kulturphänomen Memes in physischen Umgebungen verortet werden kann. Das Projekt stellt Bezüge zur Meme-Kultur her. Es versucht, einen viralen Moment zu konstruieren, indem Schilder zum Einsatz kommen, die in den Sozialen Medien beliebte Vorlagen für Memes sind.
„Thank you for your understanding“ hin-terfragt die Stimme von Museen im digitalen Raum, die oft als neutral und distanziert wahrgenommen wird und untersucht wie die Kritikfähigkeit des Pub-likums aktiviert werden kann, wenn ein Museum ein-mal nicht gemäß der ihm zugeschriebenen Rolle agiert. Cem A. nutzt dafür die Verbreitungsmechanis-men sozialer Medien und macht dabei die Berlinische Galerie zur Plattform für den Diskurs über Kunstpro-duktion und Kunstkritik. Die Intervention erforscht auf künstlerische Weise, inwieweit Kunstinstitutionen einen Beitrag zur Meme-Kultur leisten können und sich zugleich analoge Ereignisse im digitalen Raum verselbständigen.
Über den Künstler Cem A.Cem A. ist Künstler und beschäftigt sich schon lange mit anthropologischen Themen. Er ist als Betreiber der Meme-Seite @freeze_magazine und für seine ortsspezifischen Installationen bekannt. Seit seiner Gründung im Jahr 2019 hat sich @freeze_magazine zu einem Instrument für die kreative Zusammenarbeit zwischen Cem A. und anderen Künstler*innen, Forscher*innen und Organisationen entwickelt. Seine Arbeit erforscht Themen wie Überleben und Entfremdung in der Kunstwelt.
Ausgewählten Ausstellungen und InstallationenTheory is My Friend, Louisiana Museum, Humlebæk (2023); documenta fifteen, Kassel (2022); Hope You See Me as a Friend, Barbican Centre, London (2022); 14. Biennale junger Künstler, Museum für zeitgenös-sische Kunst, Skopje (2023); Pleased to Announce..., Versus Art Project, Istanbul (2022) und The Party, Weserhalle, Berlin (2021). Vorträge u.a. Royal College of Art, London; Central Saint Martins, London; HeK Haus der Elektronischen Künste, Basel, HDK Valand Göteborg, Universität der Künste, Berlin und Istanbul Modern, Istanbul. Cem A. ist Mitglied von Hœr NY, einem feministischen, quee-ren, bisexuellen und lesbischen Kunstkollektiv, das er 2022 zusammen mit Harley Aussoleil und Frances Breden gründete.
ProjektbeteiligteFotografin: Victoria TomaschkoProtagonist*innen: Bo Melanie Liu, Thomas Köhler, Hans Krestel, Zoë Claire Miller, Ahmet Öğüt, Mine Serizawa, Christine Sun Kim