Monira Al Qadiri, Divine Memory, 2019, Still, © Monira Al Qadiri Monira Al Qadiri, Divine Memory, 2019, Still, © Monira Al Qadiri - Mit freundlicher Genehmigung von: berlinischegalerie

Was: Ausstellung

Wann: 03.11.2021 - 29.11.2021

Monira Al Qadiri arbeitet in den Medien Video, Skulp- tur und Performance. Ein Hauptfokus ihrer Arbeiten liegt auf den sozio-kulturellen Auswirkungen der Ölin- dustrie sowie deren Geschichte und Zukunft. Darüber hinaus beschäftigt sie sich häufig mit Fragen nach (Gender-)Identität. Oftmals entwickelt sie ihre Werke aus autobiografischen Erfahrungen, die sie u.a. im Kuwait…
Monira Al Qadiri arbeitet in den Medien Video, Skulp- tur und Performance. Ein Hauptfokus ihrer Arbeiten liegt auf den sozio-kulturellen Auswirkungen der Ölin- dustrie sowie deren Geschichte und Zukunft. Darüber hinaus beschäftigt sie sich häufig mit Fragen nach (Gender-)Identität. Oftmals entwickelt sie ihre Werke aus autobiografischen Erfahrungen, die sie u.a. im Kuwait der 1980er und 1990er Jahre gemacht hat.

Im IBB-Videoraum der Berlinischen Galerie sind die beiden Arbeiten „Behind the Sun“ und „Divine Memory“ zu sehen, die eng miteinander verbunden sind. Eine weitere Arbeit, „Diver“, ergänzt das Pro- gramm im Virtuellen Videoraum.

Behind the Sun (2013)„Behind the Sun“ besteht aus Aufnahmen brennen- der Ölfelder: Als sich die irakischen Truppen nach dem Ende des Zweiten Golfkriegs 1991 aus dem besetzten Kuwait zurückzogen, legten sie an rund 700 Ölquellen Feuer, um den Vormarsch der Alliier- ten aufzuhalten. Der Anblick der riesigen Brände, die ein komplett zerstörtes Ökosystem zurückließen, ver- störte und beeindruckte Al Qadiri als Kind nachhaltig. Viele Jahre später stößt sie auf die Auf nahmen des Fotografen Adel Al Yousifi, der etwa 25.000 Fotos und Filme der brennenden Ölfelder machte.

Al Qadiri verknüpft eine Auswahl dieser VHS-Aufnah- men mit religiösen Monologen aus dem Kuwait Tele- vision Archive und referenziert so Werner Herzogs berühmten Film „Lektionen in Finsternis“ (1992). Im Unterschied zu Herzog gibt es bei Al Qadiri jedoch weder eine Vogelperspektive noch eine ausländische Erzähler*innenstimme. Vielmehr geht es der Künstle- rin dezidiert um eine Wiederaneignung der Erzählung dieser Ereignisse aus einer kuwaitischen Perspektive. Dabei zeichnet sich „Behind the Sun“ auch durch ein ambivalentes Zusammenspiel von Bild und Ton aus: Die Lobpreisungen der Schöpfung stehen einerseits in krassem Widerspruch zu der Zerstörungskraft des Feuers, andererseits besticht die Arbeit auch durch dessen ungeheure Schönheit.

Divine Memory (2019)Auch in „Divine Memory“ arbeitet Al Qadiri mit Ton- aufzeichnungen aus einem Fernseharchiv der 1990er Jahre. Religiöse Poesie sowie der Soundtrack eines Videospiels werden mit Unterwasser-Aufnahmen von Oktopussen kontrastiert. Es entsteht eine Art Musikvideo, das Naturphänomene zelebriert: Dabei versucht das Werk, in unser angeborenes Gedächt- nis als Geschöpfe dieser Welt einzudringen, ein viel- leicht vormenschliches genetisches Gedächtnis, um Gefühle der Ehrfurcht und des Staunens über das Sein zu wecken. Diver (2018) „Diver“ verhandelt sowohl eine persönliche Geschichte als auch die Geschichte einer ganzen Region: Im Zentrum der Arbeit steht das Perlentau- chen, das vor der Entdeckung von Erdöl ein Haupt- wirtschaftszweig der Golfregion war. Der Großvater der Künstlerin war selbst als Sänger auf Perltau- cherbooten tätig, die sich oft monatelang auf See befanden. Die Arbeit kann als Hommage an eine Zeit verstanden werden, die uns in ihrer Fremdheit fast schon unwirklich erscheint.

Für „Diver“ verwendet Al Qadiri die Auf- nahme eines Perltaucherliedes aus den 1960er Jah- ren und kontrastiert dessen Rauheit mit Aufnahmen von Synchronschwimmerinnen in irisierenden Anzü- gen. Der Glanz der schimmernden Outfits verweist sowohl auf Perlen als auch auf Öl und wird so zu einer Art Bindeglied zwischen zwei sehr unterschiedlichen Zeitaltern: vor und nach der Ausrichtung einer gan- zen Region auf eine Ressource, deren Endlichkeit absehbar ist. „Diver“ (2018) im Virtuellen Videoraum: berlinischegalerie.de/ausstellung/virtueller- videoraum

BiografieMonira Al Qadiri ist eine kuwaitische Künstlerin, die 1983 im Senegal geboren wurde. 2010 promovierte sie an der Tokyo University of the Arts zur Ästhetik der Traurigkeit im Nahen Osten in Literatur, Musik, Kunst und religiösen Praktiken. Ihre Arbeiten untersuchen unkonventionelle Gender-Identitäten, Petro-Kulturen und ihre möglichen Zukünfte sowie das Vermächtnis von Korruption. Ihre Arbeiten waren u.a. im Haus der Kunst, München, Kunstverein Göttingen, Gasworks, London, Palais de Tokyo, Paris und MoMA PS1, New York, zu sehen. Sie lebt in Berlin.

Der IBB-VideoraumIm IBB-Videoraum werden seit 2011 im monatlichen Wechsel Künstler*innen präsentiert, die mit zeitba- sierten Medien arbeiten. Das Programm umfasst nicht nur etablierte Namen der zeitgenössischen Videokunst, sondern auch junge Positionen, die bis- her kaum in Museen zu sehen waren. Ihnen soll in der Berlinischen Galerie ein erster institutioneller Auftritt ermöglicht werden. Jeder Monat erlaubt eine neue Ausein- andersetzung mit Werken, die mediale oder auch politische und soziale Fragestellungen anstoßen. Besonderes Augenmerk liegt dabei darauf, marginali- sierten Perspektiven Raum zu geben und Auswirkun- gen von Machtstrukturen sichtbar zu machen. Weitere Videoarbeiten online: bg.berlin/virtueller-videoraum

Tags: Film, Monira Al Qadiri, Video, Video Kunst

ÖFFNUNGSZEITENMittwoch–Montag 10:00–18:00 UhrEINTRITTSPREISETageskarte 8 EuroErmäßigt 5 Euro (gilt auch für Gruppen ab 10 Personen)

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