Wie sich der Malerei malend ein Schnippchen schlagen lässt, ist eine der kniffligeren Fragen der Kunst. Das Rheinland der 1980er und 1990er Jahre – dort studierte Michaela Eichwald und begann ihre künstlerische Laufbahn – ist bekannt für eine Generation von Künstler*innen, die diese Frage frontal verhandelte. Damit einher ging eine Formulierung des künstlerischen Subjekts als Witzfigur, die ihr pathetisches Scheitern angesichts der Kunstgeschichte und der Warenförmigkeit zeitgenössischer Kunstproduktion selbstironisch, und im Werk sichtbar, ins Spiel brachte. Die Arbeit dieser Vorgängergeneration ist für Eichwald keineswegs belanglos. Doch tritt in ihren Werken kein selbstbezügliches Künstlerinnen-Ich auf den Plan, noch wird die kompromittierte Rolle der Malerei in hochtourig kommerzialisierten Zeiten erkennbar auf der Motivebene verhandelt.Vielmehr tragen sich die "grundsätzlichen und unerschöpflichen Probleme der Kunst" (Eichwald) in ihren Werken zwischen Material und Form aus. Für ihre Malereien verwendet die Künstlerin bevorzugt synthetische Trägermaterialien wie Kunstleder und PVC. Statt wie die klassische Leinwand als neutraler Hintergrund zu dienen, auf dem sich das malerische Ereignis ungestört Bahn brechen kann, stehen das Straußenlederimitat in Bürobeige oder der Autohimmelstoff mit Glitzereinschlüssen diesem Ereignis gewissermaßen von vornherein im Weg. Zu dieser erkennbar zeitgenössischen Warenästhetik der Stoffe verhält sich Eichwalds meist ungegenständliche Formensprache mal anschmiegsam, mal abstoßend, so wie es ihre verschiedenen Malmedien tun (Acryl, Lack, Wachs, Aquarell, etc).
Die Künstlerin feilt an Methoden, die auch das fertige Werk, sei es ein Gemälde, ein Text, eine Skulptur oder Fotografie, nicht als unerschütterliche Behauptung erscheinen lassen: "Mehr Unabgesichertes versuchsweise äußern. Mehr Leben, mehr Ausdruck, mehr Unverständlichkeit", beschreibt sie ihren Ansatz in einem Interview. Ein produktives Streunern zwischen den Disziplinen – Schreiben, Malen, Fotografieren – zeichnet ihre Arbeit aus. Augenfällig wird dies unter anderem in ihren ungewöhnlichen und beredten Werktiteln, die aus einer Vielzahl an Quellen stammen – von mittelalterlicher Mystik über zeitgenössische Lyrik und bürokratische Stilblüte bis hin zur dadaistischen Wortkette. Im Lenbachhaus sind Gemälde und Skulpturen der vergangenen drei Jahre zu sehen. Das Gros der Werke ist eigens für die Ausstellung entstanden.
Michaela Eichwald ist 1967 in Gummersbach geboren. Ab 1987 studierte sie in Köln Philosophie, Geschichte, Kunstgeschichte und deutsche Philologie. Ihre ersten Texte veröffentlichte sie in den 1990er Jahren, noch bevor sie zu malen begann. Monografische Ausstellungen fanden statt, u.a. am Palais de Tokyo in Paris, dem Kunstverein Schwerin und dem Kunstverein Aachen. Das Walker Art Center in Minneapolis zeigt bis Mitte Mai 2021 eine Einzelpräsentation der Künstlerin.
Kuratiert von Matthias Mühling und Stephanie Weber
Die Ausstellung ist entstanden in Kooperation mit der Kunsthalle Basel
Ausstellungsdaten in der Kunsthalle Basel: 8. Oktober 2021 bis 9. Januar 2022
Veranstaltungen zur Ausstellung sind bis auf Weiteres verschoben.