Linden-Museum und Württemberg im Kolonialismus Eine Werkstattausstellung, 16. März 2021 bis 8. Mai 2022 Das Linden-Museum Stuttgart zeigt von 16. März 2021 bis 8. Mai 2022 die Werkstattausstellung "Linden-Museum und Württemberg im Kolonialismus".Was hat das Linden-Museum mit dem deutschen Kolonialismus zu tun? Welche württembergischen Akteur*innen waren am Kolonialismus beteiligt? Wie präsent war der Kolonialismus in der württembergischen Alltagswelt? Und wie wirkt er bis heute fort?
Die Ausstellung zeigt die kolonialen Verbindungen des Museums zwischen 1882, dem Jahr der Gründung des Württembergischen Vereins für Handelsgeographie als Träger des Museums, und ca. 1940 auf und bezieht Auswirkungen bis in die Gegenwart mit ein. Eine wichtige Rolle nahm Karl Graf von Linden ein. Er war Vorsitzender des Trägervereins und prägte das Museum während der Kolonialzeit. Entsprechend wurde das Museum 1911 nach ihm benannt. Daneben werden weitere Persönlichkeiten vorgestellt, die Teil von Geschichten sind, die sich zwischen dem Museum, Württemberg und den Kolonien abspielten. Ebenso wird nach denjenigen gefragt, über die wir aufgrund der kolonialen Verhältnisse wenig wissen, die aber dennoch maßgeblich am Aufbau der Sammlungen beteiligt waren.
In einem weiteren Schritt wird das kolonialistische Vereinswesen betrachtet, zu dem auch der Trägerverein zu zählen ist. Vereine prägten das gesellschaftliche Leben und dienten als Multiplikatoren kolonialer Ideologien. Ereignisse wie Kolonialtagungen, -ausstellungen und sog. „Völkerschauen“ oder Objekte der Alltagskultur zeigen, wie tief verwurzelt der Kolonialismus auch in Stuttgart war. Es wird gefragt, welche Kontinuitäten sich bis heute ergeben. Ein weiterer Themenschwerpunkt befasst sich mit Gewalt und rückt exemplarisch den sogenannten „Boxer-Krieg“ in China (1900/01) in den Mittelpunkt. Hunderte Württemberger Soldaten zogen freiwillig in diesen Krieg, aus dem das Linden-Museum geplünderte Objekte besitzt. Württembergern, die an Kolonialexpeditionen und -kriegen teilnahmen, wurde ehrend mit Gedenktafeln und Denkmälern gedacht, die es teilweise noch heute gibt. Wie soll damit umgegangen werden?
In die Ausstellung fließt die Provenienzforschung im Museum ein. Außerdem wurde vom Linden-Museum eigens eine Untersuchung zu Württemberg und dem Kolonialismus in Auftrag gegeben. Die Landesgeschichte im Kontext des Kolonialismus zu betrachten und die vielen Querverbindungen zwischen Institutionen, Personen und Ereignissen herauszuarbeiten, ist ein neuer Ansatz. Auch wenn manche Fragen schon früher bearbeitet wurden, setzt die wissenschaftliche Forschung und Debatte bei vielen Fragen gerade erst ein.
Zentral sind dabei kritische Distanz und Multiperspektivität, um Kolonialgeschichte nicht einseitig oder gar nostalgisch aus der Sicht württembergischer Akteure nachzuerzählen. Dass die Auseinandersetzung stark in Bewegung ist, wird auch in der Ausstellung sichtbar. Angelehnt an die Idee der Werkstatt sind die Besucher*innen aufgefordert, Fragen zu beantworten, eigene Gedanken oder Kritik festzuhalten und ihr Wissen einzubringen oder zu hinterfragen. Die Besucher*innen können verschiedene Standpunkte und Perspektiven einnehmen, Leerstellen und Verbindungslinien werden offengelegt und die Inhalte zur Diskussion gestellt.