Mit der Doppelausstellung „2 x 68“ zeigt das Bröhan-Museum Gestaltung aus Ost und West, die aus den politischen Ereignissen von 1968 resultiert. Das wilde Pariser Grafikdesign des französischen Grafikerkollektivs Grapus trifft dabei auf die Experimente des Autorenschmucks aus dem tschechischen Jablonec.Grapus ist ein Kind des Pariser Mai ‘68.Die Studenten- und Arbeiterrevolte erfasste weite Teile der Gesellschaft, auch Kunst und Gestaltung wurden von ihrer Dynamik ergriffen. Sichtbarster Ausdruck hierfür ist die massenhafte Produktion politischer Plakate. Drei im Atelier Populaire, der Druckwerkstatt der besetzten Pariser École des Arts Décoratifs, involvierte Studenten gründen 1970 das Grafikerkollektiv Grapus. Zu den Gründern Pierre Bernard, François Miehe und Gérard Paris-Clavel gesellen sich 1974 Jean-Paul Bachollet und 1976 der aus Deutschland stammende Beuys-Schüler Alex Jordan. Solidarität mit den streikenden Arbeitern, Kapitalismuskritik, die Ziele der internationalen Friedensbewegung und der Glaube, mit guter Gestaltung zum sozialen Wandel beitragen zu können, bestimmen die Arbeit von Grapus. Das Kollektiv lehnt kommerzielle Werbung ab und arbeitet für die Kommunistische Partei, die Gewerkschaft CGT, für soziale Organisationen, Kommunen, Kulturinstitutionen und – nach 1981 – auch Ministerien. Dabei bricht die Gruppe mit tradierten Sehgewohnheiten und schafft durch den Einsatz von Handschriften, unscharfen Fotos, Flecken und verschiedensten Collageelementen ein höchst innovatives, sinnliches Grafikdesign. Zu Beginn der 1990er Jahre löste sich das Kollektiv auf, doch die von Grapus entwickelte unkonventionelle Bildsprache wirkt bis heute nach. Das Plakat für die Ausstellung im Bröhan-Museum wurde exklusiv von ehemaligen Grapus-Mitgliedern gestaltet.
Auch das 1. Internationale Silberschmuck-Symposiums Jablonec ’68 wäre ohne die Ereignisse des Jahres 1968 nicht denkbar gewesen. Die kurze Phase der Liberalität und des gesellschaftlichen Aufbruchs im „Prager Frühling“ ermöglichte das Treffen von Schmuckkünstlern aus Ost und West und damit die Überwindung der Ketten des Eisernen Vorhangs. Das Bröhan-Museum widmet diesem einzigartigen historischen Moment in der Geschichte des Autorenschmucks eine Ausstellung, in der die damals entstandenen Schmuckarbeiten wieder zu sehen sind. Dank des „Prager Frühlings“ kamen 1968 zum ersten Mal europäische Schmuckkünstler aus Ost und West auf Einladung des Tschechoslowakischen Künstlerverbandes im nordböhmischen Jablonec nad Nisou zu einem europäischen Gipfeltreffen der Schmuckkünstler zusammen; Künstler, die heute als Begründer des Autorenschmucks bekannt sind. Während des vierwöchigen Schmuck-Symposiums entstanden außergewöhnliche und zukunftsweisende Arbeiten aus Silber, Glas, Schiefer und Halbedelsteinen. Jablonec ’68 war die Geburtsstunde einer europäischen Autorenschmuckbewegung. Ein halbes Jahrhundert nach Jablonec ’68 werden jetzt zum ersten Mal diese 70 Schmuckobjekte gezeigt, die sich im Muzeum skla a bižuterie (Museum für Glas und Schmuck) in Jablonec nad Nisou bis heute erhalten haben. Die Jablonec 68-Ausstellung wurde von Dr. Petra Hölscher von der Neuen Sammlung – The Design Museum, München, kuratiert und steht unter der Schirmherrschaft des Botschafters der Tschechischen Republik in Berlin.
Mit der Doppelausstellung „2 x 68“ thematisiert das Bröhan-Museum den großen gesellschaftlichen Wandel, den die 68er-Bewegung angestoßen hat und verfolgt dabei die gestalterischen Konsequenzen dieser Veränderungen. In Berlin, in einer der Hauptstädte der 68er-Bewegung, werden damit die ästhetischen Ergebnisse aus den beiden wahrscheinlich wichtigsten anderen europäischen Zentren der 68er-Bewegung - aus Paris und der Tschechoslowakischen Republik – gezeigt. Die beiden Ausstellungen werden von einer kleinen Dokumentation zum politischen Geschehen 1968 flankiert.
Medienpartner: Wall GmbH, Kulturradio vom RBB, Dinamix.
BEGLEITPROGRAMM „DAS FRANZÖSISCHE GRAFIKERKOLLEKTIV GRAPUS“