Künstlerische Positionen von 111 Galerien aus 24 Ländern werden in diesem Jahr in die Hangars 6-7 des Flughafens Tempelhof einziehen, davon sechs Galerien aus Südkorea, die gemeinsam mit unserem Sonderstand und kulinarischen Akzenten den diesjährigen Länderschwerpunkt setzen. Und da die Neugierde schon groß ist, teilen wir heute die ersten Highlights der diesjährigen elften Ausgabe der POSITIONS Berlin Art Fair 2024!
Messehighlights 2024
Anlässlich des diesjährigen Länderschwerpunktes präsentieren wir in der kuratierten Sonderausstellung “Spotlight on South Korea” vier junge Künstlerinnen aus Südkorea, die in Deutschland studiert haben und seither hier leben und arbeiten. Die vier Positionen, Jaeyun Moon, Jeiryung Lee, Sol Namgung und Suah Im bilden mit ihren Werken eine künstlerische Brücke zwischen den Orten. So ist beispielsweise die Nase als das Sinnesorgan, das wohl am stärksten an Erinnerungen geknüpft ist, in Werken Suah Ims ein wiederkehrendes Motiv. Den Geruch von Knoblauch bindet die Künstlerin in ihren Performances ein und stellt damit eine olfaktorische Verbindungslinie zur koreanischen Küche her. Aber nicht immer spielt die südkoreanische Heimat in die künstlerische Praxis ein, oder doch? Kann Kunst ganz unabhängig der geografischen Einflüsse, der Herkunft entstehen? Ob und inwiefern fließen die beiden Welten in die Arbeiten der vier Künstler:innen ein? Finden Sie es heraus.
Erster Eindruck: Tropical! Die Kakteen, Raubkatzen, Languren, Schlangen und Pelikane versammeln sich in tropischer Umgebung. Rosa und Blau schillert die Dämmerung auf dem nahe gelegenen Gewässer. Dazu Farne, Palmen, Aloe Vera und Kakteen. Das klingt artifiziell, ist es auch. Jina Park malt eine Szenerie, die zu perfekt ist, um wahr zu sein. Scharfkantig, beinahe wie collagiert sitzen die Tiere in der überstilisierten, mit Tempera gemalten Natur. Im Hintergrund fließen die Farben weich und süß wie Zuckerwatte ineinander. Wie auf einer Bühne inszeniert die Künstlerin ihre Figuren und Objekte. Immer wieder stehen Skulpturen im Zentrum, die an antike Vorbilder erinnern, mal kopflos, mal im Kontrapost, mal dramatisch nach hinten gebeugt, die strammen Waden gestreckt. Menschliche Figuren werden ausgeklammert. Jina Park schafft mit ihren Arbeiten visuell und technisch ein Spannungsfeld zwischen klassischer Ikonenmalerei und einer Gegenwart, die von Überzeichnung geplagt ist und alles Menschliche und Natürliche zu verdrängen droht. Zu sehen am Stand von ThisWeekendRoom aus Seoul.
In weißem Gewand und mit roter, das Gesicht gänzlich verdeckender Sturmhaube steht Carolina Bazo auf einem schmalen Grünstreifen, der die vier Spuren einer Schnellstraße trennt. Wobei Grünsteifen eine Übertreibung ist, zu ihren Füßen wachsen nur noch wenige trockene Büschel. Links und rechts rauschen Autos und LKW vorbei, die Künstlerin bewegt sich nicht aktiv, sie wankt nur von den Druckwellen der Fahrzeuge leicht hin und her. Ein anderes Szenario: Carolina Bazo steht in einer bergigen trockenen Landschaft. Sie trägt eine rote gezackte Form um den Kopf, einen imposanten weißen Reifrock und rote lange Handschuhe. Die verformte Silhouette erscheint anorganisch in der weiten Wüste. Ihre roten Handschuhe umklammern einen Baum, durch einen Schlauch läuft rote Flüssigkeit in ihren Mund. Sie spuckt. Bazos Performances zeigen, wie der Mensch mit seiner Umgebung harmoniert und wie sie sich gegenseitig abstoßen. Als würde das Triadische Ballett im Regenwald oder in der Steppe aufgeführt. Mensch und Natur? Das passt nicht so ganz. Eine eindringliche Arbeit, Performances wie Rituale. Auf Video und fotografisch festgehalten sind die Performances bei O Art Project aus Lima zu sehen.
Schamhaar und Schamgefühl teilen sich die Wortherkunft der Schande und der Beschämung. Das Gefühl der Scham gegenüber den Geschlechtern hat sich etabliert, doch die Scham gegenüber der Scham muss weg. Diese feministische Message wird in den Arbeiten von Judith Miriam Escherlor demonstrativ zum Ausdruck gebracht. In zarten Farben, vulvaresken uns phallischen Formen und Haaren jeglicher Körperregionen steuern die Installationen und Textilobjekte der Künstlerin motiviert gegen das vorherrschende Tabu an. Geblümte Schlüppis, Vulvalippen oder phallische Hufeisen - hier glänzt alles fein und seidig. Mit Judith Miriam Escherlors Arbeiten haben Besucher*innen am Stand der Galerie Intershop aus Leipzig die Enttabuisierung der Geschlechter buchstäblich vor Augen.
Ein digitaler Schweif rauscht an einer Gruppe Enten und Gänse vorbei, verwischt dabei teilweise ihre Körper. Eine Tüte des japanischen Mais-Snacks Kyabetsu Tarō ist auseinandergezogen wie ein Akkordeon. Die Bilder von Yuka Numata werden gestört, sind stark verpixelt und wirken, als wäre der Bildschirm hängen geblieben. Sie werfen zurück in die Bildwelten der 90er- und 00er-Jahre, damals, als wir noch Sims 1, Pokémon, Snake und Super Mario gespielt haben. Nur dass wir mit Yuka Numatas Arbeiten keinen Bildschirm betrachten, sondern ein Bild, das sie aus unzähligen Plastikperlen, sogenannten Bügelperlen, zu einer Fläche geschmolzen hat. Jede Perle ein Pixel. Das Analoge verschmilzt wortwörtlich mit dem Digitalen. Numatas Themen sind Natur, Erschwinglichkeit, Kapitalismus, Armut, Reichtum, Kindheit, Spiel, Plastik und Digitalisierung – dass diese Aspekte verschmolzen etwas Schönes hervorbringen, wird erst mit Yuka Numatas Arbeiten glaubwürdig. Sie wecken eine kindliche Freude, erinnern an Zeiten vor dem Konsumrausch und den digitalen Überflutungen im Alltag. Zu sehen bei Shukado+Scena aus Tokio.