Caroline Bardua, Arthur Schopenhauer, 1806/1807, Aquarell, Museum Georg Schäfer, Schweinfurt, © Museum Georg Schäfer, Schweinfurt Caroline Bardua, Arthur Schopenhauer, 1806/1807, Aquarell, Museum Georg Schäfer, Schweinfurt, © Museum Georg Schäfer, Schweinfurt - Mit freundlicher Genehmigung von: mgs

Was: Ausstellung

Wann: 30.03.2025 - 06.07.2025

Im Jahr 2025 feiert das Museum Georg Schäfer in Schweinfurt sein 25-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass wird erstmals eine repräsentative Auswahl an Meisterwerken aus dem umfangreichen und bislang selbst in der Fachwelt weitgehend unbekannten Bestand von über 5.000 Arbeiten auf Papier präsentiert. Die Ausstellung gliedert sich in zwei große Überblicksschauen, die thematisch…
Im Jahr 2025 feiert das Museum Georg Schäfer in Schweinfurt sein 25-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass wird erstmals eine repräsentative Auswahl an Meisterwerken aus dem umfangreichen und bislang selbst in der Fachwelt weitgehend unbekannten Bestand von über 5.000 Arbeiten auf Papier präsentiert. Die Ausstellung gliedert sich in zwei große Überblicksschauen, die thematisch moderne Schwerpunkte setzen. Gezeigt werden Zeichnungen zu Themen wie Arbeit und Beruf sowie Landschaft, Umwelt und Naturmonument.

In beiden Ausstellungen werden insgesamt rund 300 Werke präsentiert, darunter zahlreiche farbige Aquarelle, Zeichnungen und Skizzenbücher sowie wenige Druckgrafiken. Besonders hervorzuheben sind viele Neuzuschreibungen, die neue Perspektiven auf die Künstlerinnen und Künstler eröffnen. Die thematische Präsentation schöpft dabei aus dem breit gefächerten Bestand der Sammlung Dr. Georg Schäfer und ermöglicht einen frischen Blick auf das 19. Jahrhundert und dessen Bedeutung als Wegweiser sowohl für die Kunst als auch für zentrale gesellschaftliche Themen der Gegenwart.

Die Auswahl folgt dabei auch klassischen Ordnungssystemen wie der Vedute und beleuchtet spannende Aspekte der Zeichenkunst. Besonders faszinierend ist die mitunter genialisch anmutende Arbeit der Illustratoren, ein heute oft unterschätztes Feld. "Ging es doch nicht nur um Bücher, sondern auch um Satire-Zeitschriften wie etwa den Simplicissimus."

Die beiden Ausstellungen schlagen den Bogen vom Klassizismus des 18. Jahrhunderts über die Romantik bis hin zum Spätimpressionismus um 1930. Innerhalb der thematischen Schwerpunkte treten die stilistischen Entwicklungen deutlich hervor und verdeutlichen den Wandel der Epochen. Präsentiert wird eine abwechslungsreiche Auswahl aus der Graphischen Sammlung sowie der Kunstbibliothek des Museums.

Ein besonderer Akzent wird durch die Einbindung einiger Hauptwerke der Künstlergruppe ZERO aus den 1960er bis 1980er Jahren gesetzt. Diese Werke erinnern an den im Jahr 2019 verstorbenen Großneffen des Sammlers, Dr. Hans Burchard von Harling. "Was wie ein Kontrast klingt – hier Papier, dort Ölmalerei auf Leinwand – hat eine gemeinsame Grundlage: den weißen oder hellen Bildträger." Damit wird auch der technische Aspekt von Arbeiten auf einem besonderen Material thematisiert.

Begleitend zu den beiden Ausstellungen erscheint ein umfangreicher gedruckter Bestandskatalog, der über 200 Zeichnungen umfasst. Er orientiert sich am Bestandskatalog der Gemälde (2. Auflage 2002), bietet jedoch größere Abbildungen und berücksichtigt die Ergebnisse der mehrjährigen Provenienzforschung.

Zahlreiche kostenlose Vorträge im Museum ergänzen das Ausstellungsprogramm. Sie widmen sich sowohl der Geschichte der Sammlung als auch einzelnen Künstlerinnen und Künstlern der Zeichenkunst. Gefördert werden diese Veranstaltungen von der Sammlung-Dr.-Georg-Schäfer-Stiftung. Weitere Informationen dazu finden Interessierte im Begleitprogramm der Kunstvermittlung.

Kurator: Wolf Eiermann Eintrittspreise: 9,- €, ermäßigt 7,- €

Historische Bedeutung der Zeichnung, das Museums-Projekt und die Ausstellungsintention des Kurators:

Sich ein „Bild von der Sache machen“ - diese Redewendung beschreibt eine Erfassung der Wirklichkeit, also einer real vorgefundenen Situation. Dabei geht es zugleich um die Erledigung eines die Erfassung begleitenden Auftrags, anhand der Visualisierung zugleich eine Aussage treffen zu können, etwa, wenn das Bild vom „wahren“ Zustand eines Gebäudes künden soll. Was einst im 20. Jahrhundert die Polaroid-Kamera leistete und was heute eine digitale Aufnahme in kurzer Zeit liefert, war zuvor eine der Aufgaben, welche Zeichnungen zu erfüllen hatten.

Sich ein „Bild von der Sache machen“ - diese Redewendung beschreibt eine Erfassung der Wirklichkeit, also einer real vorgefundenen Situation. Dabei geht es zugleich um die Erledigung eines die Erfassung begleitenden Auftrags, anhand der Visualisierung zugleich eine Aussage treffen zu können, etwa, wenn das Bild vom „wahren“ Zustand eines Gebäudes künden soll. Was einst im 20. Jahrhundert die Polaroid-Kamera leistete und was heute eine digitale Aufnahme in kurzer Zeit liefert, war zuvor eine der Aufgaben, welche Zeichnungen zu erfüllen hatten.

Doch diese zielorientierte Ausbildung bedeutete nicht, dass die Erfassung der Wirklichkeit alleiniges oder gar oberstes Ziel der Ausbildung war. Denn das von Hand gezeichnete „Bild“ in seinen Phasen von der Detailstudie über die Vorskizze bis zum Gesamtentwurf, wie sie die Sammlung Georg Schäfer bestens dokumentiert, diente nicht nur der Veranschaulichung eines Objekts „nach der Natur gezeichnet“ oder einer lebenden Person, lateinisch „ad vivum delineavit“ - so notwendig die Skizzen etwa einer Festung, eines Ochsenkummets oder die Bildniszeichnung als Resultat einer ersten Porträtsitzung auch sein mochten. Vielmehr lehrten die Kunstakademien, die von den meisten in den beiden Jubiläumsausstellungen mit Werken vorgestellten Künstlern besucht wurden (Künstlerinnen wurde nach einer Öffnungsphase zu Beginn des 19. Jahrhunderts der Besuch lange verwehrt), dass der Zeichnung als Kunstwerk eine weitaus wichtigere Aufgabe als die einer bloßen Naturnachahmung zukommt.

Zeichnungen sollten nämlich, so Giorgio Vasari im 16. Jahrhundert über das „Disegno“, primär der Gestaltwerdung einer Idee ihres Schöpfers dienen und dabei dessen höchste künstlerische Schaffenskraft manifestieren. Das Individuelle der Handschrift sowie der geistige Gehalt der Aussage hatten Vorrang vor jeder Form bloßer Realitätserfassung. Viele akademische Diskussionen schlossen sich diesem Schöpfungsgedanken an, der zudem eine starke Aufwertung der Zeichnung enthielt. Er half, den „Paragone“ genannten Vorrangs-Streit zwischen Architektur, Bildhauerei und Malerei (das Kunsthandwerk hatte als dem Gebrauch dienend bis zum Ende des 19. Jahrhunderts nicht denselben Stellenwert) mit zu entscheiden: Für die Schiedsrichter stand dabei erneut die Zeichnung im Fokus, denn sie illustrierte ja die eigentliche Idee, war folglich die Grundlage aller Künste. Diese Einschätzung galt auch im 17. Jahrhundert an der französischen Staatsakademie, als dort von den Klassizisten der Vorzug der (monochrom ausgeführten) Vor- und Unterzeichnung eines Bildes gerühmt wurde, weil in ihren Augen die Farbe im Sinne einer Kolorierung nur als späteres Beiwerk galt, Michelangelo folglich Tizian und Poussin den Rubens als Künstler weit übertroffen hätten. Ohne diese akademischen Vorstellungen in Relation zur Entstehung vieler historischen Zeichnungssammlungen in Europa bringen zu können, seien sie zumindest der Betrachtung der Sammlung Georg Schäfer vorangestellt, bei der die große Anzahl farbiger Aquarelle sofort ins Auge fällt.

Weder die Aufgabe einer gehaltvollen monochromen Vorzeichnung noch die einer Erfassung der Wirklichkeit reichen also als vermeintliche Türöffnerinnen zu einem Bildmedium in jenem Jahrhundert aus, in welchem bekanntlich 1839 die Fotografie auf den Markt kam - und würden der Dichte des Schweinfurter Museumsbestands auch nicht gerecht werden. Bilder von Szenen aus der Mythologie, der Historie oder mit religiöser Thematik arbeiteten nicht mit Naturnachahmung, bei Porträts und Landschaften wurden störende Details kaschiert, anderes idealisiert und selbst eine Vedute als scheinbar präzise Ortsansicht musste durch eine im Atelier frei hinzugefügte Wetterstimmung Einbußen an ihrem Wahrheitsgehalt hinnehmen.

Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts wird heute angesichts der historischen Bedeutung des aus Frankreich herüberschallenden Künstlerrufs nach „l‘art pour l’art“ allzu oft hinterfragt nach sozialkritischen Inhalten und frühdemokratischen Aussagen. Dieses Jahrhundert ist im Museum Georg Schäfer ein aufgrund des Wirkens deutscher Impressionisten ein bis in das Jahr 1930 verlängertes, so genanntes langes Kunstjahrhundert (eigentlich 1789-1914). Der Zeitraum weist viele gleichzeitige, oft widersprüchliche Strömungen und Kunstkonzepte auf wie in kaum einer anderen Kunstepoche zuvor. Darüber hinaus wurde er auch zu einer Art melting point aller Spielarten und Funktionen, welche die Zeichnung vor dem digitalen Zeitalter eingenommen hat.

Das Spektrum der Zeichnungen in seiner ganzen thematischen wie auch stilgeschichtlichen Bandbreite zum Ausdruck zu bringen, war hehres Ziel der für den ersten Bestandskatalog zu den Zeichnungen sowie für die beiden Ausstellungen ab 2017 getroffenen Auswahl aus gut 4600 Zeichnungen der graphischen Sammlung des Museums. Sie umfasst Einzelblätter, zu denen 185 Skizzenbücher und rund 320 Druckgrafiken, sowie illustrierte Bücher und einige Künstlerfotografien hinzutreten. Eine neue Aufmerksamkeit erfahren dabei die Vedutisten, die Buch- und Zeitschriftenillustratoren und die Künstlerinnen und Künstler der naturwissenschaftlichen Malerei.

Eine solch große Aufgabe für das Jubiläumsjahr 2025 konnte nicht von einem kleinen Museumsteam allein gelöst werden. Karin Rhein hatte bereits mehrere Jahre während ihrer Tätigkeit in Schweinfurt daran gearbeitet, Ulf Dingerdissen übernahm 2023 die Redaktion für den Katalog und verfasste wie auch Patrick Melber, Johanna Weymann und der Kurator Wolf Eiermann eine Reihe von Beiträgen. Der in mehreren Netzwerken gestartete Aufruf zur wissenschaftlichen Mitarbeit war von Erfolg gekrönt, zum Museumsteam gesellten sich mehr als 30 externe Expertinnen und Experten als Autoren im Katalog. Dieser bietet neben den Online- Besucherkonsolen im Museum als Printmedium den einzigen Zugang zu einer Kunst, die sonst im Tresor, genannt Museumsdepot, verborgen bleibt. Schätze scheuen das Licht. Doch nun werden sie gezeigt.

Wolf Eiermann

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Tags: 19. Jahrhundert, Aquarelle, Arbeiten auf Papier, Grafik, Klassizismus, Landschaft, Meisterwerke, Skizzenbücher, Spätimpressionismus, Zeichnungen, ZERO-Bewegung

Eintrittspreise:10 €, ermäßigt 8 €(Das Ticket ist an zwei aufeinanderfolgenden Öffnungstagen gültig.)Öffnungszeiten: Di 10 – 20 Uhr, Mi – So 10 – 17 UhrAn jedem ersten Dienstag im Monat freier Eintritt für das gesamte Haus
 
Hinweis: Diese Ausstellung ist für Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren nicht geeignet.Das Kindermuseum im Foyer des Museums zeigt zeitgleich den berühmten Scherenschnitt-Film Die Abenteuer des Prinzen Achmed (1926) von Lotte Reiniger (Dauer 1 h 6 min).