Im Jahr 1770 kehrte Anton Raphael Mengs (1728–1779), der gefeierte Hofmaler König Karls III. von Spanien, nach Italien zurück, um sich zu erholen und zugleich Bildnisse im Auftrag seines Dienstherrn zu schaffen: In Neapel sollte er unter anderen die Familie von König Ferdinand IV. und dessen Gemahlin Maria Carolina von Österreich portraitieren. Als ein Höhepunkt dieser Arbeiten kann das jetzt frisch restaurierte Bildnis der Marie-Therese von Bourbon-Sizilien gelten, das die erstgeborene Tochter des Königspaares zeigt.
Das Portrait der etwa neun Monate alten Prinzessin beeindruckt durch seine künstlerische Raffinesse. Mit ihm schuf Mengs ein Werk, das traditionelle Repräsentation mit einer neuen Natürlichkeit und Lebendigkeit verbindet. Damit spiegelt das Bild eine veränderte Auffassung von Kindheit wider, die sich im 18. Jahrhundert verbreitete – geprägt von den pädagogischen Ideen Jean-Jacques Rousseaus, die Maria Carolina besonders schätzte.
Mengs‘ Werk zeigt zudem deutliche Anleihen an den Stil von Diego Velázquez (1599–1660), seinem bedeutendsten Vorgänger als spanischer Hofmaler. Insbesondere fallen Ähnlichkeiten mit dessen Portrait der Infantin Margarita in Rosa auf. Diese betreffen nicht nur Pose und Kleidung, sondern auch die malerische Technik: In keinem anderen Gemälde von Mengs kommt sein virtuoser Pinselstrich so prägnant zum Ausdruck wie hier, wo Farbtupfer die Stickereien und Spitzen des Kleides formen und vibrieren lassen.
Das Portrait demonstriert nicht nur Mengs' außergewöhnliche Fähigkeit, Repräsentation und Persönlichkeit zu vereinen, sondern spiegelt möglicherweise auch die dynastischen Interessen der Mutter der Dargestellten wider: Maria Carolina ließ das Gemälde an die Großmutter der Kleinen, Kaiserin Maria Theresia, nach Wien senden. Wohl nicht zufällig knüpfte Mengs an die Tradition der Infantinnenportraits von Velázquez an, die am Habsburger Hof hohe Wertschätzung genossen. Ähnlich wie die Infantin zuvor wurde Marie-Therese durch ihre Heirat mit ihrem Cousin Franz II./I. (1790) später Kaiserin des Heiligen Römischen Reiches.
"Mehr Mengs" ist im Saal VII der Gemäldegalerie zu sehen: vier weitere brillante Gemälde des international tätigen Meisters, darunter ein Altarbild, das seit fast einem Jahrhundert nicht ausgestellt war und erst kürzlich durch Spendenmittel aufwendig restauriert werden konnte.
Täglich geöffnet, 10-18 Uhr,Do und Sa bis 21 Uhr
Öffnungszeiten
Eintritt ab € 23 / € 20
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