Die Studioausstellung löst ein spannendes Rätsel im Werk desberühmten Augsburger Barockbildhauers Georg Petel. Sie präsen-tiert die spektakuläre Rekonstruktion seiner vergoldeten Kreuzi-gungsgruppe aus einem –bislang verschollen geglaubten –Kruzifi-xus des Bayerischen Nationalmuseums in München und seinenvir-tuos gestalteten Schächernaus dem Berliner Bode-Museum.Von Georg Petel (1601/02–1634), dem genialen süddeutschen Barock-bildhauer, erwarb die Berliner Skulpturensammlung im Jahr 1927 zwei virtuos modellierte und in Bronze gegossene Schächer-Figuren. Es sind die beiden DiebeDismas und Gestas, diegemeinsam mit Christus ge-kreuzigt wurden. Derwichtigste Teildes Ensembles –derans Kreuz ge-nagelte Corpus Christi–fehlte jedoch beim Ankauf. Ergalt damals als verschollen. Erst vor kurzem wurde im Depot des Bayerischen National-museums in München überraschend ein Bronzekruzifixus entdeckt, der zahlreiche Analogien zu den beiden Berliner Schächern aufweist: Materi-al, Größe, Erhaltungszustand der Feuervergoldung und nicht zuletzt die atemberaubende Darstellung der Anatomie stimmen so auffällig überein, dass dieMünchener Statuette schließlich als das fehlendeZentrum von Petels Kreuzigungsgruppe identifiziert werden konnte. Dieaufkunsthisto-rischerStilkritik basierende Zuschreibung konntedurch aufwendige tech-nische Analyseverfahren (Computertomografie und Legierungsuntersu-chungen) untermauert und somit die Entstehung aller drei Figuren in ei-nem gemeinsamen Werkstattzusammenhang nachgewiesenwerden.
Rasch entstandder Entschluss, diese neuen Erkenntnisse in einer Aus-stellung einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren –eine Kooperation zwischen der Skulpturensammlung und dem Museum für Byzantinische Kunst mitdem Bayerischen Nationalmuseum in München.Die kleine,exquisite Schau stellt das wieder vereinte Skulpturenensemble des inter-national tätigen und gut vernetzten Barockbildhauers mit über einem Dut-zend Leihgaben aus Berlin, Brüssel, Weilheim, Wien und französischemPrivatbesitz in seinem künstlerischen Kontextvor.
Georg Petel wurde noch im 18. Jahrhundert als „deutscher Michelangelo“ gepriesen und gilt heute noch als erster Barockbildhauer Deutschlands. Tatsächlich war er zu Beginn des 17. Jahrhunderts eine Ausnahmeer- scheinung unter den deutschen Künstlern. Während seiner Wanderjahre machte der in Weilheim geborene, dort und in München ausgebildete Künstler zunächst Station in Antwerpen, von wo er über Paris nach Rom und Genua weiterreiste. Dort stand er mit den bedeutendsten Künstlern der Epoche wie Peter Paul Rubens, Anthonis van Dyck, François Du-quesnoy sowie vermutlich auch Gian Lorenzo Bernini im engsten künstle-rischen Kontakt. Dieser künstlerischeAustausch wirkte sich unmittelbar auf sein Œuvreaus, seine barockeFormensprache erreichte nun eine neue Intensität des Ausdrucks. In seiner Wahlheimat Augsburg avancierte er zum erfolgreichsten Bildhauer seiner Zeit, der mit seinen in Elfenbein, Holz und Bronze ausgeführten Bildwerken neue Maßstäbe setzte.
Der konzentrierte Blick auf die wieder vereinte Kreuzigungsgruppe bietet –neben den spannenden Erkenntnissen über dieHerstellung –Gelegen-heit, sich den komplexen künstlerischen Voraussetzungen zu widmen: Welche vorbildhaften Werke –von der Antike über Michelangelo bis zu den Zeitgenossen Rubens und Bernini –beschäftigten und beeinflussten Petel in seinen Ausbildungs-und Wanderjahren im Zeitalter kriegerischer konfessioneller Konflikte und künstlerischer Innovationen? Alle diese As-pekte können exemplarisch an der heute noch tief beeindruckenden Kreuzigungsgruppe Georg Petels aufgezeigt und nachvollzogen werden.
ie Ausstellung ist nochbis 30. Juni 2024 im Bayerischen National-museum in München zu sehenund wird im Anschluss im Bode-Museum auf der Museumsinsel Berlin gezeigt.
„Goldene Passion. Georg Petel und das Rätsel seiner Kreuzigungs-gruppe“ wird kuratiertvon Hans-Ulrich Kessler, Kuratorder Skulpturen-sammlung und Museum für Byzantinsche Kunst, und Jens Ludwig Burk,stellvertretender Direktordes BayerischemNationalmuseums, München.
Die Ausstellung wirdgefördert durch die Reiner Winkler Stiftung und dem Kaiser Friedrich Museumsverein.