Das größte Exponat dieser Ausstellung ist die Bundeskunsthalle selbst. Zwar wollte ihr Architekt Gustav Peichl kein Postmoderner sein. Doch verbindet ihn schon diese Distan-zierung mit den meisten Designer*innen und Architekt*innen, die unter dem Begriff derPostmoderne verbucht werden – gleich, ob damit ein Stil gemeint ist oder ein gesell-schaftlich-kulturelles Phänomen. Abstandnahme ist ein Grundprinzip postmodernerGestaltung – die Skepsis gegenüber den Universalismen und Reinlichkeitsideologien derModerne; und die Absage ans Diktat der Funktionalität.Die Ausstellung unterhält, indem sie all die Exzentrik in Design, Architektur, Mode und Pop präsentiert, von der bahnbrechenden StudieLearning from Las Vegas (1974) bis zuMichael Graves gigantischen Ressorthotels für die Disney World in Orlando (1990); von David Bowies Spiel mit Geschlechterrollen bis zu Michael Jacksons MusikvideoThriller.Und sie vermittelt, indem sie daraus Kontexte baut und pointierte Fragen an die Gegen-wart formuliert. Die Ausstellung führt in ein frenetisches Vierteljahrhundert, das wie einZerrspiegel der Gegenwart erscheint, weil sich in ihm bis heute bestimmende Brücheauftun: die Abwendung von politischen Bewegungen und die Hinwendung zum Selbst;die Digitalisierung; die Kulturalisierung der Ökonomie und die Ökonomisierung derKultur; die Verschiebung der Realität in die Medialität, etc.
Diese strukturelle Verwandtschaft trotz historischem Abstand ist vielleicht mit einGrund, warum über die Postmoderne in den letzten Jahren wieder gestritten wurde:Während nach 1980 geborene Intellektuelle, zumal Künstler*innen und Designer*innen,sich begeistert den eklektischen Provokationen in Kunst, Theorie, Architektur und De-sign zuwenden, werfen konservative Autor*innen der Postmoderne einen Nihilismusvor, der dem Rechtspopulismus und letztlich Präsident Trump und dem Brexit den Bo-den bereitet habe. Die Ausstellung versammelt das Material, das es erlaubt, alle Annah-men und Vorurteile über die Postmoderne zu überprüfen. Und im Abstand einer Genera-tion zu fragen: Wenn seit der Jahrtausendwende die Postmoderne immer weniger zurGegenwartsbeschreibung dient – ist sie dann vorbei oder stecken wir erst recht mittendrin?
Ein chronologischer Überblick der Jahre 1967 bis 1992 stellt Entwicklungen in Kunst,Design, Architektur, Mode, Medien, Darstellenden Künsten, Musik, Literatur, Theorie,Politik, Film, Technologie und Wissenschaft gleichwertig nebeneinander und zueinanderin Bezug. Die Ausstellung eröffnet mit Musikvideos, die Geschmack, Atmosphäre undThemen der Zeit aufrufen. Von da ab entfaltet sich ein chronologischer Parcours, in dem Möbel, Bücher, Modeentwürfe, Architekturmodelle, Manuskripte und das erste Mobilte-lefon oder der erste PC Konstellationen eingehen. Die bis heute einflussreiche Kunst ins-besondere der Pictures Generation, darunter Sturtevant, Barbara Kruger, Louise Lawler,John Baldessari und Sherrie Levine, bildet präzise gesetzte konzeptuelle Fluchtpunkte.
Kurator*innen: Eva Kraus, Kolja ReichertAusstellungsleiterin: Susanne Annen