Artist Talk: Donnerstag, 15. Juni 2023, 19.00 Uhr, mit Patricia Grzonka, Kunst- und ArchitekturhistorikerinDie Galerie Reinthaler freut sich, Arbeiten von Matthias Klos aus vier Werkzyklen vorzustellen. Ausgehend von oft unscheinbaren Orten, Zwischenräumen und Rückseiten entfaltet sich in den Fotografien und der Prosa die Vielschichtigkeit öffentlichen Raums und seine Einbettung in soziale, ökonomische sowie historische Strukturen.
"Dieses Museum ist frei erfunden." (2020) thematisiert die enge Verflechtung von Kunst, ihren Institutionen und gesellschaftlichen Verwertungsformen. Zwei Fotografien treffen auf einen Text, in dem die Generali Foundation, der Künstler Marcel Broodthaers, der Unternehmer Dieter Schwarz und der Kunstmaler Ludwig Lidl einander begegnen. In dem Bericht werden die zufälligen zeitlichen und räumlichen Gemeinsamkeiten der Akteure nachgezeichnet und ein geteiltes Bezugssystem, das zwischen Kunst, Ware und Konsum oszilliert, wird offenbar. Bodenvermessung (2023), ebenfalls aus zwei Fotografien und einem Text bestehend, folgt einer Außenraumplastik aus dem Jahr 1977 durch die sich wandelnden Ansprüche und Nutzungsintentionen eines städtischen Raumes. Die Plastik Hommage á Anton Bruckner von Eduardo Paolozzi ist Bezugspunkt der vielfältigen Verschränkungen aus Kunst, Stadtraum, Nutzungsideen und daran anschließenden Verwertungsinteressen.
Mit rest und reservoir (2022) befragt Matthias Klos unsere kulturtechnologischen Formatierungen von Boden und Zeit sowie die sich daran anschließenden Verwertungen. In den Fotografien urbaner Brachflächen zeigt sich Boden als begrenzte Ressource. Ungenutzt bildet sie ein räumliches, zeitliches und ökologisches Reservoir. Über die Flurstückkennzeichnungen, die die Fotografien übertiteln, knüpft sich die Verbindung zu städtebaulichen Widmungsplänen und der Option einer zukünftigen Nutzung. In der Serie Ohne Titel (...) (2019) ist es der Status des urbanen Raums als Handlungs- und Verhandlungsraum, der sich in den Aufnahmen architektonischer B-Seiten ausdrückt. Die eingefangenen Orte – Verladezonen, Unterführungen, Gehsteige, Zufahrten – dienen alle der effizienten und friktionsfreien Benützung des Stadtraums durch verschiedene Interessensgruppen. Die Spuren – Anzeichen und Versprechungen menschlicher Aktivitäten – die bei genauerem Hinsehen zu entdecken sind, stellen dem Mangel an offensichtlich Bildwürdigem einen empathischen, nahezu zärtlichen Blick entgegen und zeigen, dass die gebaute Stadt nicht ein Spiegel sozialer Bezüge und Prozesse ist, sondern sich die Gesellschaft durch und in ihm erst konstituiert.