Zu sehen von 8. März bis 15. Oktober 2023 in der Reihe CARLONE CONTEMPORARY im Oberen Belvedere.Die österreichische Künstlerin und Fotografin Marina Faust zeigt in der Reihe CARLONE CONTEMPORARY im Oberen Belvedere einen bewusst unkorrekt rekonstruierten Kronleuchter, der in ein fahrbares Metallgestell eingespannt ist. Die jüngste Neuerwerbung der Belvedere-Sammlung besticht durch Eleganz, Beweglichkeit und Witz.
Generaldirektorin und Kuratorin Stella Rollig: „Marina Fausts Objekt kokettiert ästhetisch mit den bürgerlichen Normen des Klassizismus, versetzt diese aber in einen neuen Bezugsrahmen, der auf die industrielle Massenproduktion verweist. Das barocke allegorische Deckenfresko von Carlo Innocenzo Carlone verleiht der Skulptur die zusätzliche Bedeutung des Lichts als Verweis auf Wissen und Aufklärung.“
Marina Faust beschäftigt sich in ihrem skulpturalen Schaffen mit gefundenen und rekonstruierten Alltagsgegenständen wie Sesseln, Hockern und Lüstern. Mit spielerisch forschender Neugier untersucht sie deren Funktion, Materialität, Historie und hinterfragt mittransportierte soziale Codes – es ist nichts weniger als das Wesen der Dinge, das sie aufzuspüren und zu ergründen sucht. In ihrer collagenhaften Arbeitsweise verbindet sie diese Gegenstände des Alltags zu Kunstobjekten und definiert deren Bedeutung und Verwendungsmöglichkeiten neu. Ausrangierte Stühle und Hocker werden mit Rollen ausgestattet, vermeintlich historische Leuchtmittel mit einem fahrbaren Rahmen – es sind Fragen zu Autonomie, Souveränität und Mobilität, die die Künstlerin anhand ihrer Skulpturen verhandelt.
Marina Faust: „In meiner jüngsten Serie „ambulants“ prallen verschiedene historische Epochen aufeinander. Die „ambulants“ sind aus Teilen von alten Lüstern und Vintage-Leuchten zusammengebaut. Konservative Regeln werden ignoriert, die üblicherweise statische Position der Kronleuchter unterminiert und auf die Höhe des menschlichen Körpers gebracht. Industrielle, fahrbare, prothetische Rahmen machen sie mobil und autonom. Von der Fotografie kommend beschäftige ich mich in meinen Arbeiten vor allem mit Bewegung und Licht. Wie bei meinen Collagen mit Papier arbeite ich vorwiegend mit vorhandenen Materialien, in einem ständigen Prozess von Dekonstruktion und Rekonstruktion.“
Zur KünstlerinSeit mehr als vierzig Jahren entwickelt Marina Faust ein facettenreiches und multimediales Oeuvre, in dem Fotografie, Video, Collage, Performance und Skulptur fließend ineinandergreifen. Ursprünglich aus der Reportage- und Dokumentarfotografie kommend, arbeitete sie über zwanzig Jahre mit der Designikone Martin Margiela zusammen. Ihre jüngsten Einzelausstellungen waren bei Gianni Manhattan, Wien, im Museum der Moderne Salzburg, in der Galerie Xippas, Genf, und im Le Consortium, Dijon, zu sehen. In Gruppenausstellungen war sie zuletzt im mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, im Belvedere 21, Wien, in der Kunsthalle Wien und im Museo Reina Sofía, Madrid, vertreten. 2019 erhielt sie den renommierten Otto-Breicha-Preis für Fotokunst. Marina Faust wurde 1950 in Wien geboren. Sie lebt und arbeitet in Wien und Paris.
Die Reihe CARLONE CONTEMPORARY präsentiert im Carlone-Saal des Oberen Belvedere zeitgenössische Werke. Künstler*innen schlagen mit ihren Positionen zum barocken Bildprogramm der Fresken im Saal eine Brücke von der antiken Götterwelt Apolls und Dianas in die Gegenwart.