Henrike Naumanns Rauminstallation im Belvedere 21 versetzt die Besucher_innen ins Jahr 1990 und skizziert ein fiktives Szenario, in dem sich politische Verschwörungstheorien mit persönlichen Schicksalen und den Brüchen der deutsch-österreichischen Geschichte verbinden.Henrike Naumann wuchs in Zwickau auf, als das politische Ende der DDR nahte und der Staat schließlich in einem wiedervereinten Deutschland aufging. Die Erfahrungen ihrer Jugend zwischen Hedonismus, Konsumkultur und erstarkendem Rechtsradikalismus verarbeitete sie in mehreren Ausstellungen zu Installationen. In einer Archäologie der Zeitgeistigkeiten untersucht sie die Wechselwirkungen zwischen Ästhetik und Ideologie und macht sie in begehbaren Raumsituationen erfahrbar.
Der Ausgangspunkt ihrer Ausstellung im Belvedere 21 ist das Jahr 1990: Die Reichsbürgerbewegung erkennt die Rechtmäßigkeit der Bundesrepublik Deutschland nicht an und übernimmt nach der Wiedervereinigung kurzerhand die Kontrolle. Österreich schließt sich dem wiedererrichteten Deutschen Reich bald an. Dieses fiktive Szenario skizziert Henrike Naumann in einer immersiven Rauminstallation aus Möbeln, Wohnaccessoires und Videos. Die Reichs(-bürger-)kanzlei, inszeniert als germanisches Stonehenge, trifft hier auf Homevideos des Nationalsozialistischen Untergrunds und von Feiernden auf Ibiza, ein 1990er-Jahre-Möbelhaus und allerlei Finca-Chic. Das Reich lässt sich als Psychogramm einer alternativen Weltanschauung lesen, die dem realen Gedankenkosmos heutiger rechtsextremer Strömungen bedrohlich ähnelt.
Henrike Naumann wurde 1984 in Zwickau geboren. Sie lebt und arbeitet in Berlin. Zuletzt waren ihre Arbeiten unter anderem im Kunstverein Hannover, bei KOW, Berlin, im Museum Abteiberg, Mönchengladbach, im MMK, Frankfurt am Main, im Rahmen des Steirischen Herbsts, Graz, bei der Busan Biennale, bei der Ghetto Biennale, Port-au-Prince, und im Musée d’Art Contemporain et Multimédia, Kinshasa, ausgestellt.
www.henrikenaumann.co