Lisa Rave beschäftigt sich in ihren Videoarbeiten häufig mit Kolonialgeschichte und ihren heutigen Ausprägungen. „Europium“ (2014, 20 Min.) ist ein Essayfilm, der vom gleichnamigen Schwermetall erzählt.Ausgangspunkt ist die Muschelwährung Tabu, die auf Neuguinea als Zahlungsmittel verwen- det wird, und die der Legende nach im 19. Jahrhun- dert von deutschen Kolonialherren gefälscht wurde. Rave berichtet von heutigen Plänen westlicher Kon- zerne, Europium aus dem Boden der Bismarcksee – nördlich von Neuguinea – zu gewinnen. Denn: Europium kommt trotz seines Namens nicht auf dem europäischen Kontinent vor. Es wird aber bei- spielsweise für die Sicherheitsmarkierungen auf Euro-Scheinen eingesetzt, um durch seine fluoriszie- rende Wirkung Fälschungen zu verhindern.
Ein weiteres Verwendungsgebiet ist die Herstellung von Smartphone Displays und anderen Flat Screens, bei denen Europium für die Leuchtkraft der Bilder sorgt. Und so sehen wir gleich zu Beginn Testbilder mit makellosen (Südsee-)Landschaften, die die Brillianz ihrer Abspielgeräte demonstrieren sollen – und dabei den westlichen Blick auf diese „exotischen“ Ziele entlarven.
Der Aufbau des Films erinnert an die Spiralstruktur der Nautilus-Muschel, die den Film leitmotivisch durchzieht: Jedes Thema generiert eine weitere Narration, ohne dass eine Hierarchie der Erzählungen auszumachen wäre. Rave zeigt so die Komplexität der verhandelten Fragen, die alle einer Kontextualisierung bedürfen und von Verflechtungen zwischen kulturellen, ökonomischen und macht- bzw. geostrategischen Interessen geprägt sind.
Lisa Rave wurde 1979 in Guildford (England) geboren und wuchs in Kiel auf. Sie studierte Experimentalfilm und Visuelle Kommunikation an der Universität der Künste, Berlin, Fotografie am Bard College, New York und war Fellow an der Kunsthochschule für Medien Köln (KHM). Ihre Arbeiten wurden u.a. bei der trans- mediale, Berlin, im Museum for Modern Art Dubrovnik (MOMAD), der LIAF Biennale in Norwegen, im Centre for Contemporary Art Singapore und im Württember- gischen Kunstverein Stuttgart gezeigt. Rave wurde mit verschiedenen Auszeichnungen bedacht, so dem Elsa-Naumann-Stipendium des Landes Berlin, dem 21. Videokunstpreis Bremen und dem Stipendium für Film/Video der Akademie Schloss Solitude, Stuttgart. Sie lebt in Berlin.