Die Ausstellung will die Geschichte Brandenburg-Preußens und Deutschlands unter den Hohenzollern neu betrachten. Sie wird die Perspektive um den wesentlichen Anteil jener Akteure erweitern, ohne die der Aufstieg des Hohenzollernstaates nicht möglich gewesen wäre: die Ehefrauen und Töchter der fürstlichen Herrscher.
Die SPSG hat in den vergangenen Jahren immer wieder die Bedeutung einzelner Königinnen in großen Ausstellungen thematisiert: Von „Sophie Charlotte und ihr Schloss“ im Jahr 1999 über die erste Würdigung für Elisabeth Christine 2009 im Schloss Schönhausen bis zum Jubiläumsjahr für Königin Luise 2010 konnte der Blick auf die preußische Geschichte bereits schlaglichtartig erweitert werden. Für das Gedenkjahr 2015 wird nun erstmals die wichtige, aber nur Wenigen bewusste Gesamtleistung der Hohenzollern-Frauen für die Geschichte Brandenburg-Preußens in den Mittelpunkt gerückt.
„FRAUENSACHE. Wie Brandenburg Preußen wurde“ ist eine kulturhistorische Ausstellung. Durch den innovativen Ansatz, die Geschichte der Hohenzollern mit dem Fokus auf die weiblichen Mitglieder der Dynastie zu erzählen, will sie tradierte Bilder aufbrechen und jene Persönlichkeiten vorstellen, deren große Bedeutung für das kulturelle und politische Werden des Staates in der Geschichtsschreibung lange vernachlässigt worden ist. Vor dem weiten Horizont von 500 Jahren Herrschaftsgeschichte ist dazu ein thematisch gegliederter Rundgang mit folgenden Themengruppen geplant:
MeilensteineIm Jahr 1415 kamen die Hohenzollern nach Brandenburg und Berlin. Für 500 Jahre bestimmte diese Familie die Geschicke der Region, Deutschlands und Europas. Anhand der wichtigsten Meilensteine wird die Entwicklung des Kurfürstentums Brandenburg zum Königreich Preußen bis hin zum Kaiserreich prägnant zusammengefasst. Die Frauen der Dynastie spielten dabei eine wesentliche, bisher aber kaum beachtete Rolle.
NetzwerkeFRAUENSACHE zeigt, dass die gezielte Heiratspolitik der Hohenzollern und die Entwicklung Berlin-Brandenburgs untrennbar miteinander verbunden sind. Ehen besiegelten politische Bündnisse. Durch Ehen wurden nicht nur Territorien erweitert, sondern auch soziale, kulturelle und politische Verbindungen hergestellt. Ehen verankerten die Hohenzollern in Europa: Von Italien bis Dänemark, von England bis nach Russland reichte das von den Frauen geknüpfte Netzwerk.
SpielräumeIn der von Männern dominierten Welt des Hofes konnten sich Frauen nur durchsetzen, wenn sie ihre Spielräume geschickt ausnutzten. Mit der richtigen Strategie konnten sie als Ehefrau, Königin oder Mode-Ikone die Geschichte beeinflussen. Die Rollen der Frauen verkörpern sich eindrucksvoll in ihren Gewändern: FRAUENSACHE präsentiert das älteste nachweisbare Frauenkleid Brandenburgs (um 1460) ebenso wie den Krönungsmantel der Königin Augusta (1811–1890) oder die Uniform von Prinzessin Viktoria Luise (1892–1980).
Weichenstellungen 1527Kurfürstin Elisabeth (1485–1555) setzt sich an Luthers Seite vehement für die Reformation in Brandenburg ein.
1614Kurfürstin Anna (1576–1625) erstreitet das Erbe ihrer Mutter am Rhein und das ihres Vaters in Ostpreußen; sie vergrößert das Territorium der Kurfürsten beträchtlich.
1700Königin Sophie Charlotte (1668–1705) holt die italienische Oper und die französische Gartenkunst nach Preußen; sie fördert Künste und Wissenschaften.
1807Königin Luise (1776–1810) macht das arme Preußen zum ersten Mal sexy.
1914Kronprinzessin Cecilie (1886–1955) fördert in Uniform und Pickelhaube Preußens Bild als Militärstaat.
Die Exponate der Ausstellung sollen verdeutlichen, wie sehr der höfische Aktionsrahmen, in dem sich die Protagonistinnen bewegten, von symbolisch aufgeladenen Objekten geprägt wurde. Durch die Präsentation in der Ausstellung werden ihre ursprüngliche Bedeutung und ihre kommunikative Funktion am Hof für den heutigen Besucher wieder erfahrbar gemacht. So gelangten viele der Ausstellungsexponate als Geschenke oder Mitgift in die Sammlungen in ganz Europa. Die internationale Liste der Leihgeber spiegelt das dynastische Netzwerk der Hohenzollern-Frauen augenscheinlich wider.
Die VorbotenUm bereits im Vorfeld von FRAUENSACHE auf die meist vergessenen Leistungen der Hohenzollern-Frauen aufmerksam zu machen und ein deutliches Signal zu setzen, wurde gemeinsam mit Studentinnen der Hochschule Wismar (Entwurf) und den Werkstätten der SPSG (Fertigung) eine provokante Intervention entwickelt. Rund um Schloss Charlottenburg, vor der Villa Liegnitz in Potsdam und in der Zitadelle Spandau hat die SPSG leere Denkmalsockel aufgestellt. Diese verweisen auf die Leerstellen, die die Fürstinnen und ihr Handeln bis heute in unserem historischen Bewusstsein bilden. Die Vorboten laden so zum Nachdenken über das eigene Wissen ein und sollen Lust machen, sich in der Ausstellung FRAUENSACHE näher mit den Hohenzollern-Frauen und ihren Leistungen für die Region Berlin-Brandenburg zu beschäftigen.
FRAUENSACHE in FRAUENSCHLÖSSERNAls Dependancen der Ausstellung FRAUENSACHE gibt es vier Präsentationen in Schlössern der SPSG in und um Berlin, die bereits ab dem 3. April zu sehen sein werden. So soll der Perspektivwechsel auf die Bedeutung der Frauen der Hohenzollern für die Entwicklung Berlin-Brandenburgs über den zentralen Ausstellungsort im Theaterbau des Schlosses Charlottenburg hinaus „ins Land getragen“ werden. Hintergrund ist, dass die heute von der SPSG betreuten Schlösser häufig ausgesprochene FRAUENSCHLÖSSER sind, da sie in besonderem Maße von Frauen geprägt wurden. Deshalb sollen in die dort bestehenden Dauerpräsentationen kleine Interventionen integriert werden, die die Rollen der Bewohnerinnen in den Fokus nehmen und so einen bisher weniger beachteten Aspekt beleuchten.
Schloss Sanssouci:Elisabeth von Bayern (1801–1873), Königin von Preußen, ist die einzige Hohenzollern-Fürstin, die im Schloss Friedrichs des Großen lebt. Das hätte sich der König wohl nicht träumen lassen: Es ist eine Frau, die Sanssouci am längsten bewohnt.
Schloss Glienicke:Marie von Sachsen-Weimar (1808–1877), Prinzessin von Preußen, versammelt in Schloss Glienicke – wie in ihrer Heimat, dem Weimarer Hof, üblich – die geistige Elite Berlins um sich und schuf dort eine besondere Atmosphäre, die einen Austausch mit Intellektuellen und Künstlern jenseits der höfischen Etikette ermöglichte.
Schloss Schönhausen:Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel (1715–1797), Königin von Preußen, und die gefährlichen Liebschaften am Hof in Schönhausen. Am Hof der Königin leben Generationen von Hofdamen – gebrochene Herzen gehören zum Alltag. Elisabeth Christine schaut dem Treiben eher gelassen zu. Sie glaubt nicht, dass warnende Worte einer alten Frau etwas nützen.
Der TheaterbauMit dem Theaterbau des Schlosses Charlottenburg in Berlin verfügt die SPSG über einen idealen Ort für diesen neuen Blick auf die brandenburgisch-preußische Geschichte. Wie keine andere der erhaltenen Hohenzollern-Residenzen ist der Schlosskomplex über Generationen immer weiter ausgebaut und modernisiert worden. So verkörpern Schloss und Garten Charlottenburg mit ihrem städtebaulichen Umfeld das Werden Brandenburg-Preußens und den Aufstieg Berlins zur europäischen Metropole. Der Kernbau wurde in den 1690er Jahren von Königin Sophie Charlotte errichtet; ihr zu Ehren heißt der heutige Stadtbezirk Charlottenburg. Der Theaterbau selbst entstand 1788 nach einem Entwurf von Carl Gotthard Langhans (1731–1808) als westlicher Abschluss der eindrucksvollen Gesamtanlage. Dem Auftraggeber, Friedrich Wilhelm II. (1744–1797), lag Charlottenburg als Wohnort seiner Vertrauten Wilhelmine von Lichtenau (1753–1820) besonders am Herzen.
Nachdem das Theater schon um 1900 zu Gunsten eines Depots aufgegeben worden war, handelt es sich bei dem kürzlich modernisierten Theaterbau heute um ein zeitgemäßes, barrierefreies Ausstellungsgebäude, das zuletzt von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) als Museum für Vor- und Frühgeschichte genutzt wurde. Das Haus bietet im Erd- und ersten Obergeschoss fünf großzügige Räume, die mit insgesamt ca. 1.100 Quadratmetern Ausstellungsfläche einen übersichtlichen, konzentrierten Rundgang erlauben. Die gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und eine etablierte Infrastruktur für Gruppenbesucher machen den Standort leicht erreichbar.
22. August bis 22. November 2015, täglich außer Montag, 10–18 Uhr
Letzter Einlass: 17 Uhr Die Ausstellung ist für Rollstuhlfahrer zugänglich.
Eintritt:14 / 10 Euro Familienticket 30 Euro (2 Erwachsene und max. 4 Kinder)
Inkl. Audioguide (dt./engl.), Audioguide für Kinder ab 6 Jahren sowie Begleitheft (dt./engl.)
Besucherinformation:info(at)spsg.de, 0331.96 94-200
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