Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) kann Dank einer großzügigen Spende der Cornelsen Kulturstiftung die Restaurierung des prächtigen Spindler-Schreibtischs abschließen.Der offenbar seit dem zweiten Weltkrieg nicht mehr ausgestellte und vermutlich vom Ebenisten Spindler dem Jüngeren (Heinrich Wilhelm) geschaffene Schreibtisch trägt reiche Blumenmarketerien in schwarzem Ebenholzgrund. Er gehört laut des ersten Inventars des Neuen Palais von 1784 und wegen seiner künstlerischen Nähe zu dem noch bedeutenderen, ebenfalls mit Ebenholz belegten Eckschrank im benachbarten Schlafzimmer (Raum 173) wohl ganz sicher zur Originalausstattung des nördlichen Schreibkabinetts des Unteren Fürstenquartiers (Raum 160). Die Notiz in den Monatlichen Schatullrechnungen des Königs im Juni 1767 "Dem Spindler jun. für einen Schreibtisch 800 [Taler]" könnte sich auf dieses Prunkmöbel beziehen.
In der Kaiserzeit ist der Schreibtisch im Ovalen Kabinett (Raum 162) nachweisbar und stand dort wohl bis 1918. Im Jahr 1944 wurde er aus dem Neuen Palais in das Herrenhaus Kospoda in Thüringen verlagert und war seit 1945 verschollen. Es wird davon ausgegangen, dass er im Zuge der Bodenreform in das Geraer Stadtmuseum kam. In den späten 1990er Jahren gelangte der Schreibtisch von dort irrtümlich an eine Privatperson, die einen Rückübertragungsanspruch geltend gemacht hatte. 2007 tauchte der Schreibtisch in einem Auktionskatalog auf. Nach Klärung der Rechtslage gelangte das Prunkmöbel im Anschluss an eine Präsentation in Gera wieder in die Obhut der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten.
Auf einer historischen Aufnahme zwischen 1890 und 1918 im Ovalen Kabinett noch weitestgehend unversehrt wirkend, hat das Möbel auf seiner "Odyssee" einen Teil seiner kostbaren "Bronze"-Dekorationen, seine drei Schubkästen sowie die Samtbespannung der Tischplatte mit vergoldeten Tressen verloren. Tiefgreifende Schäden zeigten sich unter anderem in Form einer dicken schwarzen Korrosionsschicht auf sämtlichen verbliebenen feuervergoldeten Messingbeschlägen, einem den schwarzen Ebenholzgrund hellgrau überziehenden schadhaften Lack und fast komplett vom Eichenholzträger gelösten Ebenholzfurnieren.
Der eigentlichen Restaurierung vorangestellt waren umfängliche Recherchen hinsichtlich des Verbleibs der fehlenden Bestandteile des Möbels sowohl in Thüringen als auch in Potsdam, der Suche nach historischen Abbildungen oder Inventar- und Literaturvermerken, die den intakten Zustand des Tisches dokumentieren könnten, sowie naturwissenschaftliche und technologische Untersuchungen. Sämtliche Erkenntnisse mündeten in ein Restaurierungskonzept, das für die feuervergoldeten Messingbeschläge durch freiberufliche Restauratoren und für die Holzsubstanz und die textile Bespannung durch Fachrestauratoren der Stiftung umgesetzt wurde. Dabei galt es abzuwägen zwischen einer möglichst authentischen Wirkung des mehr als dreihundert Jahre alten Kunstwerkes, dessen Schäden auf seine wechselvolle Geschichte hinweisen, und seiner künstlerischen und kunsthistorischen Bedeutung, die gleichsam nach einer ästhetischen Präsentation und damit der Beseitigung fragmentarischer Zustände verlangt.
In diesem Sinne wurden in einer vornehmlich konservatorischen (Zustand erhaltenden) Behandlung die dafür demontierten Beschläge von der Korrosionsschicht befreit, mit einem schützenden Überzug versehen und als eine der letzten Maßnahmen mit erhaltenen Befestigungsmitteln und unter Nutzung der vorgefundenen Nagellöcher wieder angebracht. Die lose Furniere wurden wieder verleimt und Furnierfehlstellen im analogen Farbton geschlossen. Der schadhafte graue Lack konnte durch Einwirkung von Druck und Wärme wieder in einen transparenten, glänzenden Überzug zurückgeführt werden. Die verlorenen Schübe erschienen als störende Fehlstellen und wurden durch nachgebildete Schübe mit in Ebenholz furnierten Fronten ergänzt. Die textile Bespannung der Schreibtischplatte wird mittels eines modernen Seidensamtes nachempfunden, der sich im Farbton an historischen Samten bzw. Untersuchungsergebnissen vorgefundener Reste orientiert.
Der Schreibtisch wird nach der Restaurierung wieder seinen originalen Standort im nördlichen Schreibkabinett des Unteren Fürstenquartiers einnehmen.