Das Buch des Monats entstammt jeweils der fürstlich-liechtensteinischen Familienbibliothek, die eine der bedeutendsten Privatbibliotheken der Habsburger Monarchie war, und dokumentiert die bibliophilen Interessen des Fürstenhauses seit dem 16. Jahrhundert. ANONYMUS
Kurze ... Nachricht von der ... Kirche Unitas Fratrum ...
Ohne Ort, 1762
Aufgeschlagen: Taufe von Indianern in Amerika
Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein, Vaduz–Wien, Bibliothek, Signatur: 969
Gezeigt wird eine von einem anonymen „Sympathisanten“ herausgegebene und mit Kupferstichen illustrierte Abhandlung über Geschichte, Lehre und Verfassung der „Unität der Böhmischen Brüder“. Neben den bis 1450 offiziell anerkannten Konfessionen entwickelten sich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Böhmen und Mähren als dritte Konfession die „Böhmischen Brüder“. Sie knüpften an taboritische und waldensische Traditionen an. Kenn- zeichen waren eine am Urchristentum orientierte religiöse Auffassung, strenge Kirchenzucht, die Verweigerung der Leistung von Kriegsdienst und Eid sowie die Ablehnung, öffentliche Ämter zu bekleiden. Nach 1520 traten die Böhmischen Brüder mit Luther in Kontakt und sandten Studenten nach Wittenberg. Nach dem böhmischen Stände- aufstand 1546/47 gegen Kaiser Ferdinand I. (1503–1564) wurde ihr Wirkungskreis im wesentlichen auf Mähren und (durch Flüchtlinge) auf Polen beschränkt, sie blieben aber stets eine kleine Minderheit (etwa drei Prozent der Bevölkerung in Mähren). Nach der in den 1620er-Jahren erfolgten endgültigen Vertreibung aus den böhmischen Ländern bewahrten die „Brüder“ ihre religiöse Unabhängigkeit bis 1656 in Lissa (Leszno) in Polen, bis sie auch von dort fliehen mussten. Danach zerstreuten sie sich vor allem nach Ungarn und Siebenbürgen, wo sie mit der Reformierten Kirche verschmolzen. Aus den Resten der Böhmischen Brüder und deutschen Pietisten ging um 1722 unter Leitung des Grafen Nikolaus Ludwig von Zinzendorf (1700–1760) die Herrnhuter Brüdergemeinde hervor. Zinzendorf liess sie 1722 auf einem seiner Güter in der Oberlausitz die Siedlung Herrnhut erbauen und erlaubte ihnen, ihre Lebens- weise fortzuführen. Aus diesem Anfang wurde allmählich eine sehr lebendige Freikirche. Sehr bald sandten die Herrnhuter Prediger in alle Länder Europas sowie Missionare nach Amerika und nach Afrika. Die meisten „Herrnhuter“ leben heute in Ländern der „Dritten Welt“, größte Einzelgemeinde ist die „Moravian Church in Tanzania“. Insgesamt gibt es heute etwa 762.000 Gläubige.
GEORG ENGELHARDT VON LÖHNEISEN (Witzlasreuth 1552–1622 Remlingen)
Neu eröffnete Hof, Kriegs-, und Reitschul...
Nürnberg, Lochner, 1729
Aufgeschlagen: Tafel 52
Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein, Vaduz–Wien, Bibliothek, Signatur: 110–1–7
Georg Engelhardt von Löhneisen stammte aus einer pfälzischen Adelsfamilie und trat 1583 als Stallmeister in die Dienste des Erbprinzen Heinrich Julius zu Braunschweig-Wolfenbüttel, kurz nach dem Regierungsantritt des Herzogs (1589) wurde er zum Berghauptmann bestellt. Löhneisen war einer der wichtigsten deutschen Autoren des 17. Jahrhunderts auf dem Gebiet der Zucht und der Dressur von Pferden. 1609 erschien sein Hauptwerk Della Cavalleria sive de arte equitandi, exercitiis equestribus et torneamentis.
Seine Schriften erfreuten sich grosser Beliebtheit und wurden noch lange nach seinem Tod neu aufgelegt. Beim hier gezeigten Werk handelt es sich um eine 1729 unter dem Titel Neu eröffnete Hof, Kriegs-, und Reitschul in Nürnberg erschienene Neuauflage seiner Cavalleria. Löhneisen behandelt in dem reich mit Kupferstichen illustrierten Werk alle mit dem Pferd in Zusammenhang stehenden Fragen, stellt in systematischer Weise die einzelnen Pferderassen und ihre Qualitäten vor, befasst sich mit der Aufzucht der Pferde, ihren Krankheiten und ihrer Ausbildung. Aus Löhneisens Buch spricht zwar zum Teil noch der Geist der „strengen“ italienischen Schule, der Verfasser propagiert aber ebenfalls bereits einen sanften Umgang mit dem Pferd.
Pferdezucht und Reitkunst wurden vom 17. bis ins 19. Jahrhundert auch im Fürstenhaus Liechtenstein besonders gepflegt. Ihren Höhepunkt erlebte die Pferdezucht unter Fürst Karl Eusebius (1611–1684), der etwa auch das Kaiserhaus mit Pferden aus seinem Eisgruber Gestüt belieferte. Als Kunstwerk des Monats Juni ist im westlichen Treppenhaus des LIECHTENSTEIN MUSEUM das Gemälde "Weidende Pferde des Eisgruber Gestüts auf der Baumgartenwiese bei Eisgrub" von Johann Baptist Dallinger von Dalling (1782–1868) zu sehen.