Innsbruck, 10. Februar 2020 – Gleich zwei Künstler aus der Sonderausstellung „Vergessen. Fragmente der Erinnerung“ stoßen derzeit auf internationale Resonanz: Timm Ulrichs, Künstler des Sujetbildes „Selbstauslöschung durch Malerei“, wurde mit dem Käthe-Kollwitz-Preis 2020 der Akademie der Künste ausgezeichnet. Rund 50 Werke von Christian Boltanski, dessen Hauptwerk „La Réserve des Suisses Morts“ in der Sonderausstellung zu sehen ist, werden zurzeit im Pariser Centre Pompidou gezeigt. Beide Künstler stellen noch bis 8. März in der Sonderausstellung im Ferdinandeum aus.Der Käthe-Kollwitz Preis wurde am 23. Jänner 2020 an Timm Ulrichs verliehen. Die Jury der Berliner Akademie der Künste begründete die Entscheidung, die sein Lebenswerk würdigt: „Als selbsternannter ‚Total-Künstler' arbeitet er in unterschiedlichsten Genres. Dabei verfolgt er mit seinem Ideenreichtum kein durchgehendes Konzept, sondern sucht Originalität in jeder einzelnen Idee. Die schiere Masse und Vielfältigkeit dieser unterschiedlichsten Einfälle sucht ihresgleichen.“ Sein Lebenswerk sei für nachfolgende Künstlergenerationen bis heute Fundgrube und Inspirationsquelle. Direktor Mag. Dr. Peter Assmann unterstützt die Entscheidung und fügt hinzu: „Timm Ulrichs ist einer der kreativsten Köpfe der Konzeptkunst, witzig und ironisch. Wir sind stolz darauf, sein Werk aktuell in unserer Ausstellung zeigen zu können.“ Der Preis wird seit 1960 jährlich vergeben.
Timm Ulrichs, 1940 in Berlin geboren, studierte nach dem Abitur Architektur an der Technischen Hochschule in Hannover. Danach unterrichtete er als (Gast-) Professor u.a. an der Kunstakademie in Münster und an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig. 1959 gründete Ulrichs die „Werbezentrale für Totalkunst, Banalismus und Extemporismus“ in Hannover, die zur Verbreitung, Entwicklung und Produktion von Totalkunst dienen sollte und erklärte sich 1961 selbst zum „ersten lebenden Kunstwerk“. Es folgten 1966 eine öffentliche „Selbstausstellung“ in Frankfurt am Main, 1969 die Gründung einer „Kunstpraxis (Sprechstunden nach Vereinbarung)“ und 1970 die erste Totalkunst-Retrospektive in Krefeld. 1977 war er mit seiner radikalen Position Teilnehmer der Documenta 6 in Kassel. Sein Œuvre umfasst konzeptuelles Arbeiten, Objektkunst, Environments, Performances, Aktionen, Multimediales und konkrete Poesie.
Großes Ansehen von Berlin bis nach ParisIm Centre Pompidou in Paris werden zeitgleich Werke des französischen Künstlers Christian Boltanksi ausgestellt. Die dortige Ausstellung heißt „Life in the Making“, während in „Vergessen“ im Ferdinandeum sein Hauptwerk „La Réserve des Suisses Morts“ / „Reserve der toten Schweizer“, 1989, zu sehen ist. Das imposante Kunstwerk zeigt Blechschachteln mit Porträtfotos, fein säuberlich übereinandergestapelt, von nüchternen Bürolampen beleuchtet. Boltanski kreierte ein Archiv, das nur der Form nach eines ist, denn die Fotografien hat er aus Schweizer Todesanzeigen ausgeschnitten, Zusammenhänge bleiben ausgespart, die Schachteln sind leer. Boltanskis tote Schweizer sind abgelegt zwischen Erinnerung und Vergessen.
Bis 8. März können die Werke der beiden Künstler noch in der Sonderausstellung „Vergessen. Fragmente der Erinnerung“ im Ferdinandeum besichtigt werden.