München, 4. Dezember 2019 (KK) – Rekordpreise und hohe Steigerungen sind das eigentliche Ziel einer jeden Auktion, doch bei einer ganz besonderen Arbeit von Christian Rohlfs wurde bewusst darauf verzichtet. Nun ist das Werk, das 1937 von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurde, wieder heimgekehrt ins Kunstmuseum Moritzburg nach Halle.Es begann ganz unspektakulär bei einer ersten routinemäßigen Überprüfung einer Einlieferung aus einer traditionsreichen Privatsammlung aus dem Westen Deutschlands: ein großformatiges Aquarell des Expressionisten Christian Rohlfs, noch im alten Rahmen. Die Rückseite eben dieses Rahmens brachte die Überraschung, denn auf der Abdeckpappe entdeckten die Experten von Ketterer Kunst einen Stempel des heutigen Kunstmuseums Moritzburg in Halle an der Saale sowie ein altes, maschinengeschriebenes Etikett mit den Werkangaben.
Der Verdacht, dass es sich hier um eines der 147 Kunstwerke handeln muss, die 1937 im Zuge der Aktion „Entartete Kunst“ von den Nationalsozialisten aus dem Städtischen Museum für Kunst und Kunstgewerbe in Halle beschlagnahmt wurden, bestätigte sich durch einen Standardabgleich mit der Datenbank der Forschungsstelle „Entartete Kunst“. Hier war das Blatt, von dem bislang nicht einmal eine Fotografie existierte, als verschollen vermerkt. Die Spur hatte sich bei Hildebrand Gurlitt verloren, der das Werk Ende 1940 gegen Devisen von den NS-Behörden erworben hatte. Fast 80 Jahre sollte es bis zur Wiederentdeckung dauern.
Ketterer Kunst informierte das Museum über den Fund, dem sehr daran gelegen war, das Blatt wieder in seinen Besitz zu bringen. Daher entschied man im Hause Ketterer, als Vermittler tätig zu werden und dem Eigentümer, in dessen Familie sich das Aquarell seit vielen Jahrzehnten befand, die Situation dar- zulegen. Gemeinsam fand man eine Lösung, die alle zufriedenstellte: Auf die Auktion wurde verzichtet, Ketterer Kunst übernahm zudem die Kosten für Transport und Versicherung, und schließlich konnte man dem Museum den Direktankauf zu einem fairen Preis ermöglichen, der dessen begrenztes Budget nicht erschöpfte.
Durch diese konzertiere Aktion aller Beteiligten konnte sichergestellt werden, dass Christian Rohlfs‘ um 1911 entstandene „Studie nach einem Baumstamm” nun wieder ihren angestammten Platz einnehmen und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann.
„Die Rückkehr des Bildes von Christian Rohlfs ist nicht nur eine gute Nachricht für Halle. Es ist auch eine gute Nachricht für Erben, Sammler und Kaufinteressenten, denn mit etwas gutem Willen ist es heute durchaus möglich, für Werke mit NS-Vergangenheit, die im Handel auftauchen, faire Lösungen zu finden“, so Robert Ketterer, Inhaber von Ketterer Kunst. Und weiter: „Das betrifft natürlich nicht nur die „Entartete Kunst”, sondern auch und insbesondere die NS-Raubkunst aus jüdischem Besitz. Hier gelingt es uns, durch Einigungen mit den Restitutionsberechtigten belastete Werke wieder verkehrsfähig zu machen. Das ist mir ein Anliegen, denn es geht nicht nur um die Kunst selbst, sondern auch um ein wichtiges Kapitel deutscher Geschichte, das nicht vergessen werden darf. Dazu sollte auch der Kunsthandel seinen Beitrag leisten.”