Mit beachtlichen Rekorden und Spitzenpreisen und einem Gesamtergebnis von fast 10 Mio. Euro hat Lempertz ein sehr erfolgreiches Auktionswochenende abgeschlossen. Höhepunkt der Auktion wurde mit 1,054 Mio. Euro Vincent van Goghs in schwarzer Kreide und Aquarell ausgeführte Arbeit „Femme semant“/„Peasant woman sowing with a basket“ aus dem Jahr 1881. Dieses bedeutende Frühwerk ist damit die teuerste und bedeutendste aquarellierte Zeichnung des Künstlers, die in den letzten Jahrzehnten in Deutschland auf einer Auktion angeboten wurde.Van Goghs mit verschiedenfarbigen Aquarell-Akzenten subtil kolorierte und ausnehmend große Papierarbeit (62 x 47 cm) der „Säenden“ entstand im Herbst 1881 in Etten nahe Breda, wo van Goghs Vater das Pfarramt innehatte und der junge Künstler zu dieser Zeit lebte. Als einzig bekannte Darstellung einer Säerin bei der Feldarbeit war dieses rare Frühwerk 1988 als Leihgabe in der Ausstellung „Van Gogh & Millet“ im Amsterdamer Rijksmuseum Vincent van Gogh vertreten. In dem Aquarell, das prominent auf das bereits für den frühen van Gogh so zentrale Thema des bäuerlichen Lebens verweist, stellt der Künstler die Säerin in all ihrer Würde und Ernsthaftigkeit dar. Das Thema der bäuerlichen Arbeits- und Lebenswelt sollte sich als prägend für sein künstlerisches Vermächtnis erweisen: Bis in seine letzten Lebensjahre befasste sich van Gogh immer wieder mit den Topoi vom Säen und Ernten als Sinnbild irdischen Werdens und Vergehens (Lot 304, 800/900.000).
Giovanni Giacometti war mit einem ausdrucksstark-farbkräftigen Selbstbildnis von 1916 vertreten. Porträts gehören zu den häufig vertretenen Sujets im Œuvre Giacomettis. Sein Streben, dem Wesen des Lichts und seiner Darstellbarkeit in der Malerei nachzuspüren, kommt in diesem Gemälde besonders zum Ausdruck. Charakteristisch für das malerische Werk Giacomettis ist eine intensive Farbigkeit, die auch dieses Selbstbildnis auszeichnet. Nun ist die Leinwand für 310.000 übernommen worden (Lot 301, 240/290.000).
Cuno Amiets bereits von seinen Zeitgenossen bewunderter wie kritisierter Stilpluralismus lässt sich bei dem „Blumenstillleben“ am ehesten zwischen den Werken Giovanni Giacomettis und Ferdinand Hodlers einordnen – mit dem einen ist er seit 1887 engstens befreundet, den anderen lernt er 1893 kennen. Den ebenfalls sehr geschätzten Giovanni Segantini trifft er 1896. 1905 werben ihn die Künstler der Dresdner Künstlervereinigung "Brücke" als Mitglied, 1911 lernt er in München die Blauen Reiter kennen. Divisionismus, Cloisonismus, Symbolismus sind die Stilrichtungen der Stunde; in ihnen bewegt sich der Künstler mühelos. Unser „Blumenstillleben“ aus dem Jahr 1908 verblieb bislang mit unbekanntem Standort in Privat-besitz, aus dem es nun nach mehr als 100 Jahren nach der Wiederentdeckung durch Lempertz der Öffentlichkeit wieder zugänglich geworden ist. Die Leinwand lockte zahlreiche Bieter, gegen die sich Schweizer Handel erst mit 173.600 durchsetzen konnte (Lot 302, 80/120.000).
Leonard Foujitas 1926 entstandene Leinwand „Nu assoupi, Youki“ wurde von einem chinesischen Bieter bis auf 192.000 emporgehoben. Das lange Zeit unbekannt gebliebene und 2010 in Frankreich ausgestellte Gemälde Foujitas steht in einer Werkreihe von großformatigen weißgrundigen Akt- und Porträtdarstellungen der zweiten Hälfte der 1920er Jahre und ist ein Beispiel für die ausgewogene Alliance von traditioneller japanischer Kunst – handwerklich wie mental-geschichtlich – und der europäischen Avantgarde mit Einflüssen des Art Déco (Lot 322, 100/150.000).
Bei 173.600 übernahm ein deutscher Sammler Wilhelm Morgners kontrastreiches, zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit changierendes Gemälde „Komposition mit Feldarbeiter“ von 1913. Seit den Anfangsjahren durch eine tiefe Begeisterung für van Gogh geprägt, war es vor allem seine Verbindung zu den Protagonisten des Blauen Reiters, die sein Werk ab 1912 beeinflusste. Morgner war zu diesem Zeitpunkt bereits ein geschätzter Künstler. Im Jahr 1913 sollte Morgner mit gerade 22 Jahren seine letzten Ölbilder malen. Nachdem er sich als Freiwilliger im Ersten Weltkrieg verpflichtet hatte, fiel er im Sommer 1917. Wie seine Zeitgenossen Marc und Macke hinterließ Morgner der Nachwelt trotz seines frühen Todes ein bemerkenswert entwickeltes und facettenreiches Œuvre (Lot 315, 120/150.000).
Sehr begehrt war Otto Muellers Sitzendes Mädchen am Wasser. Das Blatt datiert 1920 und trägt die Provenienz des Folkwang Museum, Essen. Die Taxe von 40/50.000 wurde mit 109.000, die deutscher Handel einsetzen musste mehr als verdoppelt. Das Thema des Aktes in der Landschaft findet sich bei Otto Mueller in vielerlei Form. Wie bei den anderen „Brücke“-Künstlern verweisen die Akte in der Natur auf die Nähe zu den zeittypischen Ideen der Lebensreform-Bewegung und deren Ideal eines paradiesischen Urzustands im Einssein von Mensch und Natur (Lot 317). Für 93.000 ging Heinrich Campendonks Gouache „Zwei Radfahrer in Landschaft“ von 1913/1914, aus einer der bedeutendsten Werkperioden des Künstlers, in deutschen Handel. Im Schnittpunkt der schwungvollen abstrakten Komposition verdoppeln sich die Umrisse der beiden gegeneinander versetzten Fahrer, so dass ein futuristisch anmutender Bewegungsakzent entsteht; ein Gefühl von Leichtigkeit und Schwerelosigkeit stellt sich ein (Lot 312, 80/100.000).
Für ebenfalls 93.000 ging Renée Sintenis zahlreich ausgestellte Bronze „Großes grasendes Fohlen“ von 1929 in deutschen Handel. Von den rund 125 von Sintenis geschaffenen Tier-bronzen ist fast die Hälfte der Darstellung von Pferden und Ponys gewidmet. Hatte Sintenis bereits 1919 eine kleine Vorgängerversion geschaffen, überträgt sie das Motiv zehn Jahre später in leicht abgewandelter Form auf das 76,3 cm messende „Große grasende Fohlen“: Mit bemerkenswerter formaler Sicherheit arbeitete Sintenis hier die physiognomischen Besonderheiten heraus (Lot 336, 80/100.000).
Karl Schmidt-Rottluff ging mit dem „Osterstrauß aus dem Jahr 1947 für 99.000 an einen englischen Bieter (Lot 335, 80/90.000). Maurice de Vlaminck kam mit der ca. 1926–1927 entstandenen Leinwand „Rue de Village“ auf 74.400 (Lot 305, 60/80.000). „Loslösung II“ von Edvard Munch aus dem Jahr 1896 sprang von 30/40.000 bis auf 62.000 (Lot 300). Max Slevogt war mit einer sizilianischen Landschaft von 1914 vertreten, die 43.400 einspielte (Lot 308, 30/35.000).