Weit über die Taxe von 150/200.000 wurde mit 372.000 auch Wilhelm Nays Vega aus dem Jahr 1957 gehoben. Spiegelt sich in Nays frühen Scheibenbildern, die sich ab 1954 entwickeln, noch der Kontrast zwischen eckigen und kreisartigen Formen wider, zeigt „Vega“ (1957) die Scheibe als dominierendes Bildmotiv. Das Gemälde gilt als charakteristisches Exempel der Werkreihe, in der sich Form und Farbigkeit zu einem harmonischen Zusammenspiel entfalten. Stärker als die Gegensätze einzelner Strukturen gerät hier die Farbigkeit in den Fokus der Betrachtung. Orange, Zitronengelb, Blau und Rosa bilden die leuchtende Farbchoreographie, die dem Werk eine strahlende Aura verleiht (Lot 604).
Erfolg auch für Karin Kneffel: Die Früchte des großformatigen (2 x 2m) Pfirsichstilllebens aus dem Jahr 1995 in hyperrealistischer, einer Photographie ähnlichen Perfektion wurden für 211.000 von deutschem Handel übernommen. Die dreidimensionale Darstellung wirkt so überzeugend, dass die Pfirsiche aus dem Bildraum herauszutreten scheinen; Sonnenlicht und Schatten spielen auf der samtigen, in gelben, orangefarbenen und roten Nuancen leuchtenden Haut. Der Betrachter fühlt sich an ein riesiges, computerbearbeitetes Werbemotiv erinnert. Jedoch wird die Vollkommenheit durch die Wiedergabe minimaler Dellen in der Oberfläche der Früchte leicht gebrochen, wodurch sich ein scheinbarer Realismus und eine Wertigkeit der Darstellung vermitteln (Lot 654, 150/200.000).
Jonas Burgert war mit seinen beiden offerierten Gemälden erfolgreich. Das Triptychon aus dem Zyklus Potsdam (Teil II) aus dem Jahr 2006 wurde bei 124.000 von einem deutschen Sammler übernommen. In Burgerts archaischen Visionen begegnen sich Mythologie, Kunst- und Zeitgeschichte und formen sich zu einer grotesken, surrealen Bildwelt. Hauptthemen bilden dabei die psychische Verfassung des Menschen sowie seine zwischenmenschlichen Beziehungen (Lot 656, 80/120.000). Kleinmann II, eine auf 40/60.000 geschätzte Leinwand von 2011, wurde von einem rheinischen Sammler bis auf 80.600 gesteigert (Lot 657).
Otto Pienes unbetiteltes Rasterbild von 1958/1972 wechselte für 190.000 in Schweizer Handel. Pienes Rasterbilder zählen zu den bedeutendsten Werkreihen des Künstlers, die sein Œuvre entscheidend geprägt haben. Ihre Entstehung fällt zusammen mit der Gründung der ZERO-Gruppe, einer Künstlerformation, die Piene gemeinsam mit Heinz Mack 1958 ins Leben rief. In den Rasterbildern zeigt sich eine charakteristische Distanz, die der Künstler gegenüber seinem Werk einnimmt, indem er nicht mehr mit einem Pinsel die Farbe auf dem Malgrund aufträgt, sondern sie durch ein Lochraster tropfen lässt. Einige Werke bearbeitete Piene anschließend mit Feuer, dessen physikalische Kraft sich unwillkürlich auf die Struktur der Rasterbildung auswirkt. Die strahlende Ausdruckskraft, die Piene mit der erhabenen Struktur der leuchtenden Farbe schafft, legt einen Grundstein zu seiner „Malerei des Lichtes“. Die Ausführung in feurigerem Rot auf glänzendem Gold, erinnert hier ganz bewusst an die leuchtende und natürliche Wirkung des Lichts (Lot 614, 200.000).
Sehr begehrt war Zdenek Sýkoras 1990 entstandene Leinwand Linie Nr. 74; zahlreiche Bieter trieben das Gemälde bis auf 211.000. Sýkora erkannte früh die Möglichkeit, die eine neue Technologie für sein kreatives Schaffen haben kann. Bereits in den 1960er Jahren begann er Computerprogramme zu nutzen, um Linien und Strukturen berechnen zu lassen, die er anschließend eigenhändig auf die Leinwand übertrug. Ausgehend von seinem System, verwendete er Zahlenkombinationen, die sowohl Krümmung, Dicke als auch die Farbe der Linien bestimmten (Lot 630, 120/150.000).
In seiner Myths-Serie vereinte Andy Warhols unterschiedliche Figuren der Popkultur, die durch ihre mediale Inszenierung zu Ikonen der amerikanischen Kulturgeschichte geworden sind. Neben dem vorliegenden Superman, eine signierte Serigraphie mit Diamantstaub von 1981, umfasst die Werkreihe, die ab den 1970er Jahren als Auftragsarbeit für Ronald Feldman entstand, neun weitere Motive. Den uramerikanischen Helden Superman zeigt Warhol in seiner ikonischen Pose: Im Flug, die Faust heroisch gen Himmel gestreckt. Der Künstler bearbeitet diese Darstellung, indem er die Figur neben ihren Umrissen ein zweites Mal darstellt und somit eine Art Doppelportrait kreiert. Die Popfigur ging nun für 186.000 in eine norddeutsche Sammlung (Lot 650, 150/160.000).
Sehr umworben war Hans Hartungs zu den letzten Arbeiten des Meisters des Abstrakten Expressionismus zählende Leinwand T1989-U27, die er erst kurz vor seinem Tod im Dezember 1989 fertiggestellt hat. Wie für sein Spätwerk charakteristisch, wird eine Sprühtechnik verwendet, die es dem Künstler ermöglicht, Farbe ohne größere Anstrengung, aber dennoch kraftvoll, auf die Leinwand aufzutragen. Hierbei werden einzelne Farbkanister befüllt und an einen Schlauch mit Sprühvorrichtung angeschlossen. Der Farbauftrag wird bestimmt durch den jeweiligen Druck im Kanister, die Auswahl der Düse und den gewählten Abstand zur Leinwand. Erst bei 161.000, bei mehr als dem Doppelten der Taxe, konnte ein deutscher Sammler die Leinwand übernehmen (Lot 634, 60/80.000).
Unter dem offerierten Arbeiten Gerhard Richters fuhr das nur 12 x 12 cm große mit Öl übermalte Farbphotographie 18.12.1999 von 1999 mit 79.400 den größten Erfolg ein (Lot 661, 35/40.000). Eine unbetitelte Gouache Sol Lewitts von 1988 kam auf 74.000 (Lot 637, 50/70.000). Wojciech Fangors Leinwand B68 von 1965 wurde bis 93.000 gesteigert (Lot 606, 60/70.000). César spielte mit einer seiner charakteristischen Skulpturen 80.600 ein (Lot 612, 70/90.000). Marwan war mit einem seiner typischen Gesichter, die eindrucksvoll die tiefliegenden Gefühle des Dargestellten nach außen kehren, vertreten, Die unbetitelte Gesichtslandschaft aus dem Jahr 1975 kam auf 84.000 (Lot 645, 60/70.000). Agustin Cardénas’ Composition aux trois formes aus dem Jahr 1956 erzielte 59.500 (Lot 61, 20/30.000). Joseph Marioni war sowohl mit einer roten Leinwand für 49.600 (Lot 635, 30/40.000) als auch mit einem blauen Gemälde, das mit 37.200 weit über seine Taxe stieg, erfolgreich (Lot 636, 12/15.000). Parviz Tanavoli erreichte mit seiner Fiberglas-Skulptur, Heech Lovers von 2007 54.600 (Lot 652, 28.000). Je 47.000 lautete das Resultat für die Mischtechnik 61 – 64 von Henk Peeters aus dem Jahr 1961 (Lot 626, 20/30.000) und für eine 1988 entstandene Gravitación-Papierarbeit von Eduardo Chillida (Lot 633, 35/45.000).
Lempertz Auktion 1071 4. Juni: Zeitgenössische Kunst
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