Am Freitag, den 2. Oktober 2015 wird um 13.30 Uhr der Historische Festsaal "Verkehrte Welt" im Haus Am Markt 20 in Pirna feierlich eingeweiht. Bei dieser Gelegenheit wird zur Erinnerung an die gelungene Restaurierung der Wandmalereien im Festsaal auch eine Bronzetafel enthüllt mit dem Hinweis "Deutsche Stiftung Denkmalschutz - Gefördert durch die treuhänderische Jutta Schoeller-Meinz-Stiftung". So bleibt auch nach den Maßnahmen das Engagement der privaten Förderung der Stiftung sichtbar und kann zu weiterer Unterstützung motivieren. Die Treuhandstiftung stellte 2012 und 2013 für die Arbeiten insgesamt 40.000 Euro zur Verfügung.In der Pirnaer Innenstadt steht unmittelbar am Markt ein aus mindestens drei älteren Einzelgebäuden entstandenes, durch barocke Umbauten geprägtes Patrizierhaus. In ihm bezog bereits Napoleon Bonaparte mit seinem Offizierscorps Quartier. Neben bemalten Kreuzgratgewölben des 16. Jahrhunderts und illusionistisch gestalteten Holzdecken des 17. Jahrhunderts gab es einst in dem Haus auch eine seltene Hauskapelle aus vorreformatorischer Zeit. Den wertvollsten Fund stellt der Festsaal im ersten Obergeschoss dar. Hier fanden sich Teile einer ehemaligen raumumfassenden Wandmalerei aus dem 16. Jahrhundert. Auf der Nordseite wird eine zeitgenössische Jagddarstellung in Szenen der sogenannten "verkehrten Welt" dargestellt. Tiere übernehmen dabei die Rolle des Menschen. An der Ostwand wurde die Christophorusszene aufgetragen und an der Südwand ist eine Stadtlandschaft zu sehen.
Die außergewöhnliche Darstellung der verkehrten Welt auf der Nordwand, beschreibt detailliert die Gepflogenheiten der Jäger, die in diesem Fall Tiere sind. Die einzelnen Szenen sind gut erkennbar, wie der Einzug der Tiere mit einem an einen Stock gefesselten Menschenleib, danach eine Tierkapelle als Triumphzug, in der Mitte des Bildfeldes den aufgespießten nackten Jäger über der Feuerstelle und die Tafel mit der Mahlzeit. An dieser Wand erfolgte neben der Restaurierung auch eine erste Retusche an den Tieren des Triumphzuges. Auf der Ostwand befindet sich eine Christophorusszene. Christophorus als Schutzpatron der Wanderer und Reisenden soll möglicherweise die Jäger vor solch einer Verwandlung schützen. Sein Bild steht aber auch für Schutz vor dem plötzlichen Tod. Diese Deutung könnte auch mit der Darstellung der Südwand in Zusammenhang gebracht werden. Die Westwand zeigt in der linken Bildhälfte noch Szenen des Waldes und der Jagd. Ein kleiner roter Mann oder Faun, der eine Trommel schlägt, könnte als Vorbote der beginnenden Verzauberung gedeutet werden.
Die außergewöhnliche Wandmalerei wurde als Zeugnis einer einzigartigen bürgerlichen Raumausmalung freigelegt. Dabei war die umfangreiche Freilegung und Restaurierung der Malereien eine Herausforderung an die Restauratoren. Die Malereien waren wegen des teilweise desolaten Zustands des Malschichtträgers gefährdet. Die Putze hatten Risse, es fanden sich zahlreiche Hohllagen, entfestigte Putze und Putzfehlstellen.
Das Haus gehört zu den über 730 Projekten, die die private DSD dank Spenden, der Erträge ihrer treuhänderischen Stiftungen sowie der Mittel der GlücksSpirale, der Rentenlotterie von Lotto, allein in Sachsen fördern konnte.
Die Jutta Schoeller-Meinz-Stiftung ist eine von über 220 Stiftungen, die die Deutsche Stiftung Denkmalschutz treuhänderisch unter ihr Dach aufgenommen hat. Die auf Dauer angelegte Unterstützung der Treuhandstiftungen hat sich in Anbetracht knapper öffentlicher Kassen zu einem wichtigen Förderinstrument entwickelt, das nicht mehr aus der deutschen Denkmallandschaft wegzudenken ist. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz fördert das Stiftungskonzept mit einem eigenen Stiftungszentrum.
Bonn, den 30. September 2015/tkm