Franz Xaver Messerschmidt, Zweiter Schnabelkopf, 1770/1783 "Charakterkopf" Nr. 6 Braun gefleckter Alabaster 43 x 25 x 23 cm Franz Xaver Messerschmidt, Zweiter Schnabelkopf, 1770/1783 "Charakterkopf" Nr. 6 Braun gefleckter Alabaster 43 x 25 x 23 cm - Mit freundlicher Genehmigung von: belvedere

Was: Presse

Wann: 23.09.2015

Der aus Schwaben stammende Franz Xaver Messerschmidt ist einer der faszinierendsten Künstler aus der Zeit der Aufklärung und zählt zu den bedeutendsten Bildhauern des 18. Jahrhunderts in Mitteleuropa. Er arbeitete in Wien mit großem Erfolg für das Kaiserhaus unter Maria Theresia. Als einer der ersten Künstler seiner Zeit brach Messerschmidt mit dem überlieferten Schema des…
Der aus Schwaben stammende Franz Xaver Messerschmidt ist einer der faszinierendsten Künstler aus der Zeit der Aufklärung und zählt zu den bedeutendsten Bildhauern des 18. Jahrhunderts in Mitteleuropa. Er arbeitete in Wien mit großem Erfolg für das Kaiserhaus unter Maria Theresia. Als einer der ersten Künstler seiner Zeit brach Messerschmidt mit dem überlieferten Schema des repräsentativen barocken Porträts zugunsten des Klassizismus. Um 1770 kam es durch eine persönliche Krise zur Radikalisierung seiner Arbeit und seiner Lebensumstände, wodurch seine bekannteste Werkgruppe entstand, die heute als Charakterköpfe bekannten Studienköpfe. Kein anderer Bildhauer seiner Epoche vermochte menschliche Gefühle und Leidenschaften in derart gnadenlos realistischen Momentaufnahmen und mit so beißendem Spott darzustellen. Mit diesen außerordentlichen Werken, denen der österreichische Künstler seinen bis heute anhaltenden Ruhm verdankt, brach er mit den Konventionen seiner Zeit und den fundamentalen Regeln des Akademismus. Das Belvedere präsentiert nun die neue umfangreiche Publikation Franz Xaver Messerschmidt. Monografie und Werkverzeichnis.

Die Autorin, Maria Pötzl-Malikova, gilt als Spezialistin für Plastik und Skulptur des Barock. Seit ihrer Diplomarbeit stehen die Person und das Schaffen Franz Xaver Messerschmidts im Mittelpunkt ihres wissenschaftlichen Interesses. Nachdem sie auch ihre Dissertation diesem herausragenden Künstler gewidmet hatte, publizierte sie 1982 eine Messerschmidt- Werkmonografie. Im Laufe der Zeit kamen  , und zahlreiche Ausstellungen beleuchteten Messerschmidts Schaffen aus neuen Blickwinkeln. Dies veranlasste Maria Pötzl-Malikova, eine aktualisierte Fassung der Werkmonografie zu publizieren. Auf einen Abschnitt, der sich mit der Biografie des Künstlers sowie mit verschiedenen Schaffensgruppen beschäftigt, folgt das Werkverzeichnis, in dem alle bekannten Arbeiten mit einem entsprechenden Kommentar sowie mit einem Verzeichnis der zugehörigen Literatur und der Ausstellungen versehen sind. Darüber hinaus enthält der Band einen entscheidenden Beitrag über die Genese der Charakterköpfe und das dahinter stehende Krankheitsbild.

Seit der Gründung des Instituts für die Erstellung von Werkverzeichnissen am Belvedere ist es uns gelungen, ein langfristiges Konzept zur Dokumentation des Schaffens bedeutender österreichischer Künstlerinnen und Künstler zu realisieren. Dies ermöglicht nicht nur eine wissenschaftliche Aufarbeitung bzw. eine kunsthistorische Analyse, sondern dient auch der Aufwertung und Neupositionierung im internationalen Kontext , so Agnes Husslein-Arco, Direktorin des Belvedere und 21er Haus.

Mit großer Intensität arbeitete Messerschmidt an den insgesamt 69 meist stark grimassierenden Köpfen, die er in Gesprächen als seine Portreen bezeichnete. Die Bandbreite reicht von natürlich wirkenden antikisierenden Köpfen bis zu übersteigerten, ausdrucksstarken Mimikern, die in extremer Anstrengung nicht nachvollziehbare Gemütsbewegungen äußern.

Das Belvedere besitzt mit 16 Originalköpfen nicht nur die weltweit größte geschlossene Sammlung aus dieser Werkgruppe, sondern auch zahlreiche Gipsabgüsse von den insgesamt 54 der Nachwelt erhaltenen Arbeiten.

Etwas zu Unrecht wird Messerschmidts Schaffen oftmals auf die Charakterköpfe reduziert, Als sein großartiger künstlerischer Auftakt sind die beiden heute im Belvedere befindlichen vergoldeten Bronzebüsten des Kaiserpaares Maria Theresia und Franz I. Stephan von Lothringen zu nennen. Messerschmidts frühe Werke, die eben genannten Statuen des Kaiserpaares, die Reliefs Josephs II. und seiner Gemahlin sowie die vergoldete Bronzebüste Gerard van Swietens, erfüllen alle Anforderungen eines barocken Repräsentationsporträts und zeigen sich in die künstlerische Tradition Wiens eingebunden. Die Darstellungen von verschiedenen Mitgliedern der kaiserlichen Familie nehmen wichtige Positionen in der heimischen Kunstgeschichte ein. Wesentlich für Messerschmidt war auch die Förderung durch die fürstliche Familie Liechtenstein, wobei der späteren Herzogin Maria Theresia von Savoyen bedeutende Aufträge wie etwa die monumentale Maria Immaculata sowie der Elisäusbrunnen von bedeutenden Persönlichkeiten der damaligen Zeit, unter denen sich der Historiker Martin Georg Kovachich, der Schriftsteller und Kunsttheoretiker Franz Christoph von Scheyb sowie der Arzt Gerard van Swieten finden.

Ab Anfang der 1770er-Jahre weichen Schwung und Pathos des Barock kühler Strenge und schonungsloser Präzision in der Wiedergabe der Erscheinung. Mit seiner aggressiven Charakterisierungskunst bereitete Messerschmidt den Weg für die Wahrheit in der Menschendarstellung. Zu diesem vollständigen Bruch mit der künstlerischen Tradition kam es in jenen Jahren wohl aufgrund der entscheidenden Veränderung seiner Lebensumstände. Seine Krankheit, sein Scheitern an der Akademie und der Verlust der Auftraggeber trieben Messerschmidt in die Isolation.

Belvedere Werkverzeichnisseist im Belvedere seit Jahren ein wichtiger Forschungsschwerpunkt innerhalb der zentralen Aufgabengebiete des Museums. Erst die Aufarbeitung des Gesamtwerks einer Künstlerin, eines Künstlers ermöglicht die umfassende Analyse seiner oder ihrer kunsthistorischen Bedeutung im zeitlichen Zusammenhang. Um diese Aufgabe bestmöglich zu erfüllen, wurde unter der Direktion von Agnes Husslein-Arco im Research Center des Belvedere das Institut für die Erstellung von Werkverzeichnissen eingerichtet, das unter Einbeziehung hausinterner Experten sowie unabhängiger Fachleute gezielt an der Erfassung des gesamten Schaffens zentraler Vertreterinnen und Vertreter der österreichischen Kunst vom Barock bis zur Gegenwart arbeitet. Aktuell werden parallel zwölf Werkverzeichnisse erstellt, die in den kommenden Jahren erscheinen sollen. Die wissenschaftliche Aufarbeitung und Dokumentation des Schaffens wichtiger Vertreterinnen und Vertreter der österreichischen Kunst setzt so neue Standards in der Erforschung der österreichischen Kunstgeschichte.

In der Reihe Belvedere Werkverzeichnisse bereits erschienen sind Josef Danhauser. Biedermeierzeit im Bild (Sabine Grabner, Band 1), Carry Hauser. Monografie und Werkverzeichnis (Cornelia Cabuk, Band 2) und Hans Makart. Werkverzeichnis der Gemälde (Gerbert Frodl, Band 3). Die Reihe Werkverzeichnisse wird vom Dorotheum unterstützt.

BIBLIOGRAFISCHE DATENFranz Xaver Messerschmidt. Monografie und WerkverzeichnisBelvedere Werkverzeichnisse, Band 4Herausgeberin: Agnes Husslein-ArcoAutorin: Maria Pötzl-MalikovaUnter Mitarbeit von Georg LechnerVorarbeiten unter Mithilfe von Christina Bachl-Hofmann, Beate Drescher und Stefan Üner Grafikdesign: Matias S. PilsVerlag Bibliothek der Provinz Deutsch und Englisch in einem Band ISBN: 978-3-902805-73-7

Franz Xaver Messerschmidt. Monografie und Werkverzeichnis Cover © Belvedere, Wien Franz Xaver Messerschmidt. Monografie und Werkverzeichnis Cover © Belvedere, Wien - Mit freundlicher Genehmigung von: belvedere / Österreichische Galerie Belvedere
Tags: Barock, Bildhauerkunst, Klassizismus, Werkverzeichnis

Dienstag bis Sonntag: 10 - 18 UhrMontag Ruhetag!
Achtung, an den Montagen, 7. Dezember und 28. Dezember 2015 ist das Museum außertourlich von 10 - 18 Uhr geöffnet.
Erwachsene € 9,50