Die 630 Handschriften der Ambraser Sammlung sind heute in die österreichische Liste des UNESCO-Weltdokumentenerbes aufgenommen worden. Die wertvollen Objekte, die großteils in der Österreichischen Nationalbibliothek verwahrt werden, zählen zum historischen Kernbestand der ehemaligen Hofbibliothek. Unter ihnen befinden sich Meisterwerke wie die "Wenzelsbibel" oder das berühmte "Ambraser Heldenbuch". Die Sammlung ist bereits die 16. erfolgreiche Nominierung der Österreichischen Nationalbibliothek für die "Memory of Austria"-Liste der UNESCO.Die Ambraser HandschriftenZusammen mit Gemälden, Skulpturen, Waffen und Kuriositäten gehörten die nun ausgezeichneten Handschriften zur Kunst- und Wunderkammer auf Schloss Ambras bei Innsbruck. Diese Wunderkammer wurde von Erzherzog Ferdinand II. von Tirol (1529–1595) gegründet und später ausgebaut; besonders bemerkenswert ist dabei die Büchersammlung Kaiser Maximilians I.
Nachdem die Tiroler Linie der Habsburger ausgestorben war, ließ Kaiser Leopold I. einen Großteil der Sammlung 1665 nach Wien überführen. Der damalige Präfekt der Hofbibliothek Peter Lambeck verzeichnete knapp 600 Handschriften und über 1.400 Druckwerke. 1806 wurden die restlichen Bestände vor den Truppen Napoleons in Sicherheit nach Wien gebracht, wo sie später in das Kunsthistorische Museum eingegliedert wurden. 1936 schließlich wurden diese Teile mit wenigen Ausnahmen an die Österreichische Nationalbibliothek übergegeben.
Heute umfasst die Sammlung der Ambraser Handschriften rund 630 Bände aus den verschiedensten Wissenschaftsgebieten – eine genaue Zahl ist angesichts der komplizierten Sammlungsgeschichte nicht möglich. Das älteste Werk stammt aus dem 5. Jahrhundert und überliefert als einzige Handschrift einen wichtigen Abschnitt aus dem sonst nur fragmentarisch erhaltenen Geschichtswerk "Ab urbe condita" des antiken Historikers Titus Livius. Auch das "Ambraser Heldenbuch" mit seinen mittelalterlichen Heldenepen und die Prachthandschriften für König Wenzel IV. sind Teil der Sammlung. Zu letzterer gehören etwa die mehrbändige "Wenzelsbibel" und die berühmte "Goldene Bulle": Diese Prachtabschrift eines der wichtigsten Rechtsdokumente des Heiligen Römischen Reiches wurde gemeinsam mit den sieben Originaldokumenten bereits 2013 in die "Memory of the World"-Liste der UNESCO aufgenommen. Optisch beeindruckend sind auch die von Erzherzog Ferdinand II. in Auftrag gegebenen Naturstudien; zu den Hauptwerken zählt hier das von Giorgio Liberale vor 1580 angefertigte Bilderalbum zur Tierwelt der Adria.
Ein Großteil der nun ausgezeichneten Sammlung wird heute in der Österreichischen Nationalbibliothek verwahrt, ein weiterer Teil im Kunsthistorischen Museum Wien. Besondere Werke daraus können ab 15. März 2019 im Prunksaal besichtigt werden, wenn anlässlich des 500. Todestages von Maximilian I. die Sonderausstellung "Kaiser Maximilian I. Ein großer Habsburger" gezeigt wird.
UNESCO-WeltdokumentenerbeKulturgeschichtlich einzigartige Dokumente, die exemplarisch das kollektive Gedächtnis der Menschheit repräsentieren, werden seit 1992 von der UNESCO im "Memory of the World"-Programm mit dem Titel "Weltdokumentenerbe" ausgezeichnet. Unter den derzeit 427 Eintragungen im Weltregister finden sich 15 österreichische Nominierungen, acht davon stammen aus den Beständen der Österreichischen Nationalbibliothek.
2014 wurde von der Österreichischen UNESCO-Kommission ergänzend zum Weltregister auch eine nationale Liste zum österreichischen Dokumentenerbe der Öffentlichkeit vorgestellt: "Memory of Austria". Das österreichische Register listet mit der heutigen Nominierungsrunde 59 für die Geschichte und Kultur Österreichs besonders bedeutsame Dokumente und Sammlungen auf. Darunter befinden sich 16 Einreichungen der Österreichischen Nationalbibliothek.