Hans Staudacher geb. 1923 St. Urban „Akt“ Mischtechnik auf Papier signiert und datiert 1957, 63 x 47 cm Hans Staudacher geb. 1923 St. Urban „Akt“ Mischtechnik auf Papier signiert und datiert 1957, 63 x 47 cm - Mit freundlicher Genehmigung von: szaal

Was: Ausstellung

Wann: 02.03.2013 - 10.03.2013

Galerie Szaal präsentiert anlässlich der WIKAM 2013 im Rahmen einer umfangreichen Sonderausstellung Werke zweier bedeutender Vertreter des österreichischen Informel aus sechs Jahrzehnten, vom Paris der 1950er Jahre bis hin zur Gegenwart.

Zwei Jubiläen im heurigen Jahr – der 85. Geburtstag der Künstlerin Soshana und der 90. Geburtstag von Hans Staudacher – waren der Anlass…

Galerie Szaal präsentiert anlässlich der WIKAM 2013 im Rahmen einer umfangreichen Sonderausstellung Werke zweier bedeutender Vertreter des österreichischen Informel aus sechs Jahrzehnten, vom Paris der 1950er Jahre bis hin zur Gegenwart.

Zwei Jubiläen im heurigen Jahr – der 85. Geburtstag der Künstlerin Soshana und der 90. Geburtstag von Hans Staudacher – waren der Anlass zu einem Treffen dieser beiden Meister der informellen Malerei im letzten Jahr. Es entstand ein reger Gedankenaustausch über die Jahre, die beide Künstler in Paris verbracht hatten, über die Anfänge des Informel – als spezielle Ausprägung der gestischen Malerei – und dessen prägende Bedeutung für das jeweilige Œuvre. Soshana lebte ab 1952 in der Seine-Metropole, und auch für Staudachers künstlerischen Werdegang wurde Paris zum entscheidenden Bezugspunkt, wohin er ab 1954 periodisch zurückkehrte.

Bei diesem Gespräch wurde der Plan für eine gemeinsame Ausstellung entwickelt, die sie nun von unserer Galerie verwirklicht sehen. In einer einmaligen Retrospektive stellen wir repräsentative Arbeiten von Soshana und Staudacher einander gegenüber, die als ausgewählte Streiflichter zweier außergewöhnlicher Lebenswerke fungieren. Die Auswahl der Gemälde dokumentiert Gemeinsamkeiten ebenso wie Unterschiede. Was beide Künstler eint, ist die viele Schaffensphasen überdauernde Verbundenheit mit der informellen Malerei, die ihren Ursprung im Paris der Nachkriegszeit hat und deren Geburtsstunde Soshana und Staudacher in der französischen Hauptstadt unmittelbar miterlebten. Das umfangreiche Œuvre beider Maler macht deutlich, dass informelle Kunst nicht nur einen Abschnitt im Kapitel „Kunst nach 1945“ bildet, sondern als eine Grundströmung der vergangenen sechs Jahrzehnte zu betrachten ist.

Dabei wird „Informel“ oder „informelle Kunst“ als Sammelbegriff für jene europäischen Kunstausprägungen verwendet, die sich auf die nicht-geometrische Traditionslinie abstrakter Malerei gründen, und stellt so in gewisser Weise das Pendant zum US-amerikanischen „Action Painting“ dar. Der Begriff „Informel“ bezeichnet keinen einheitlichen Stil, sondern charakterisiert vielmehr eine künstlerische Haltung im Spannungsfeld von Formauflösung und Formwerdung, deren Ziel die Befreiung von gedanklichen und visuellen Assoziationen ist. „Informel ist innerhalb des 20. Jahrhunderts die Phase II der malerischen Abstraktion. Informel hat das Testament Kandinskys vollstreckt, ist jedoch nicht sein Epigone geworden. Informel wurde seine Metamorphose.“ (Eugen Thiemann in: Informel, Ausstellungskatalog des Museums am Ostwall, Dortmund, 1980)

Namensgeber war der Kunstkritiker Michel Tapié, der den Begriff „art informel“ für eine Pariser Ausstellung im November 1951 prägte. Zu den österreichischen Künstlern, die sich zu jener Zeit in Paris aufhielten, gehörten neben Soshana und Hans Staudacher auch Maria Lassnig und Arnulf Rainer. Letztere waren nach Paris gekommen, um den Kreis um André Breton kennen zu lernen, kehrten aber, angesteckt vom „Bazillus des Informellen“, nach Österreich zurück. Auch Oswald Oberhuber ist einer der Initiatoren des österreichischen Informel. Für Lassnig, Oberhuber und Rainer bedeutete die Auseinandersetzung mit dem Informel allerdings eine vergleichsweise kurze Spanne ihrer Entwicklung, wenn auch eine besonders wichtige und intensive, während sowohl Soshana als auch Staudacher zu bedeutenden Vertretern der informellen Malerei in Österreich wurden.

Zu den Merkmalen ihres Schaffens zählen Spontaneität des Malgestus, Autonomie der Farbe und anderer bildnerischer Materialien sowie eine keinen starren Regeln unterliegende Arbeitsweise, die vor allem Prozessen des Unbewussten folgt. Darüber hinaus geht es diesen Malern darum, sich vom Material ergreifen und mitreißen zu lassen, um verborgene Energien freizusetzen.

Jedoch wird der interessierte Betrachter bei aller Gemeinsamkeit auch zahlreiche Unterschiede in den Arbeiten beider Künstler entdecken, die auf deren individuelles Temperament und in vieler Hinsicht verschiedenen Weltanschauungen und Interessen zurückzuführen sind.

Soshanas Gemälde werden oft mit Arbeiten von Jackson Pollock, Georges Mathieu und Hans Hartung verglichen. Sie sind stets emotional bestimmt, wobei die Dynamik des Pinselstrichs einer starken, aber dennoch kontrollierten Gestik entspringt. Reduktion und Konzentration ihrer Arbeiten zeigen eine spürbare Nähe zur Philosophie des Existentialismus von Jean-Paul Sartre, mit dem Soshana eine tiefe Freundschaft verband. Durch den italienischen Maler Pinot Gallizio stand die Künstlerin in regem Austausch mit der 1948 in Paris gegründeten CoBrA-Gruppe, die eine Wiederbelebung des Expressionismus mit den Stilmitteln des Informel anstrebte.

Ab der zweiten Hälfte der 1950er Jahre weist Soshanas Malerei einen zunehmend kalligraphischen Duktus auf. Wie viele andere Künstler des Informel war Soshana fasziniert von der Ästhetik asiatischer Kalligraphie. Den ausschlaggebenden Impuls, sich intensiv mit traditioneller fernöstlicher Kunst zu beschäftigen, erhielt sie während ihrer Asienreise 1957. Sie experimentierte mit Papier und Tusche und wandte die Technik bald auch auf ihre Ölbilder an.

Trotz aller Hinwendung zur abstrakten Kunst, löste sich Soshana im Laufe ihres Lebens aber nie gänzlich vom Gegenstand, sodass ihre Gemälde von einer Symbiose aus Abstraktion und Figuration gekennzeichnet sind.

Hans Staudachers improvisationsfreudiger Stil ist spontan, gestisch geprägt und von vehementer Pinselführung bestimmt. Seine Arbeiten beweisen nicht nur Einfallsreichtum und Reaktionsschnelle im bildnerischen Vollzug, sondern vor allem das stets anzutreffende, präzise graphische Kalkül des Malers, dem man Rhythmus und Musikalität ebenso wie Sinnlichkeit und Humor anmerkt.

Darüber hinaus enthalten seine Bilder oftmals handschriftliche Formelemente und Symbole, und durch den Einsatz von Buchstaben und Worten bilden sich Lesbarkeiten heraus. Mit Gedankenreigen und Wortspielen kann Staudacher stilunabhängig Begrifflichkeiten in die Köpfe der Sehenden transportieren, die ohne ihn nicht so verstanden würden. Allerdings brauchen die Gemälde des Künstlers den schnellen, gewitzten, ironisch denkenden, also dialektisch geschulten Betrachter.

Während das Informel in Paris als bildkünstlerische Entsprechung zur Existenzphilosophie von Jean-Paul Sartre und Albert Camus erlebt wurde, stieß in Österreich die informelle Malerei lange Zeit auf Unverständnis. Von anfänglicher Skepsis seitens des Kunstmarktes können auch Soshana und Hans Staudacher berichten, doch ist diese heute freilich längst weitreichender Akzeptanz gewichen. Der Preisentwicklung der Werke beider Künstler wird großes Potential vorhergesagt, sodass diese von Kuratoren, Privatsammlern und Kunstliebhabern gleichermaßen gesucht sind.

Mag. Gerlinde Szaal

Hans Staudacher geb. 1923 St. Urban „Gedankenspiel“ Öl auf Leinwand signiert und datiert (19)92/93, 200 x 170 cm Hans Staudacher geb. 1923 St. Urban „Gedankenspiel“ Öl auf Leinwand signiert und datiert (19)92/93, 200 x 170 cm - Mit freundlicher Genehmigung von: szaal / Galerie Szaal
Tags: Hans Staudacher, Paris, Soshana, Wien