Max Beckmann (Leipzig 1884 – New York 1950) ist eine der zentralen Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Die Ausstellung Max Beckmann. Von Angesicht zu Angesicht widmet sich erstmals seit den 1960er Jahren wieder ausschließlich der Porträtkunst Beckmanns. Es werden 58 Gemälde, die als Leihgaben aus dem In- und Ausland kommen, zusammen mit über 160 vorbereitenden Skizzen und Studien sowie verwandter Druckgraphik gezeigt. In einer klassischen Bildnisgalerie – einem Who is who in Beckmanns Leben – werden die Personen aus dem Verwandten- und Freundeskreis zusammengeführt, die den Lebensweg des Künstlers entscheidend mitgeprägt haben. Durch die gattungsübergreifende Präsentation bietet die Ausstellung die faszinierende Möglichkeit, Beckmanns Schaffensprozess in nahezu allen Werkphasen von der ersten flüchtig skizzierten Bildidee bis zum vollendeten Gemälde nachvollziehen.
Möglich wurde die Ausstellung durch die Unterstützung von langjährigen Partnern des Museums – allen voran der Ostdeutschen Sparkassenstiftung im Verbund mit der Sparkasse Leipzig, der Kulturstiftung der Länder und der Ernst von Siemens Kunststiftung. „Das Museum der bildenden Künste Leipzig ist längjähriger Partner der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Sparkasse Leipzig. Es ist uns daher ein große Freude diese Ausstellung zu Max Beckmann von so internationaler Ausstrahlungskraft zu ermöglichen. Hier am Geburtsort des Künstlers werden Porträts von Personen wie Max Reger oder Frederick Delius gezeigt, die in persönlicher Verbindung zu Max Beckmann stehen, und dem Besucher „Von Angesicht zu Angesicht“ die Möglichkeit geben, viel über den Maler Beckmann, seine Zeit und Leipzig zu erfahren“, so Claus Friedrich Holtmann, Geschäftsführender Präsident des Ostdeutsche Sparkassenverbandes und Vorsitzender des Vorstandes der Ostdeutschen Sparkassenstiftung, bei der Eröffnung der Ausstellung.
Max Beckmanns Lebenswerk weist eine Vielzahl von Porträttypen auf: Einzel- und Doppelporträts, Familien- und Gruppenbildnisse aber auch „versteckte“ Bildnisse in den allegorischen Werken, die sich oft durch dichte Menschenversammlungen auszeichnen und den Betrachter anhalten, aus dem Beckmann-Œuvre heraus bekannte Gesichter zu entdecken. Dank der wissenschaftlichen Forschung für das im Katalog enthaltene biographische Lexikon, das rund 240 Personen vorstellt, die Beckmanns Lebensweg auf den einzelnen Etappen begleitet haben, können zahlreiche Personen auf den Gemälden erstmals oder neu identifiziert werden.
Von seinen beiden Ehefrauen, Minna Beckmann-Tube, von der er sich 1925 scheiden lässt, und der wesentlich jüngeren Mathilde (Quappi) von Kaulbach, die er 1923 in Wien kennen lernt, gibt es zahlreiche Porträts in Beckmanns Œuvre. Vor allem Quappis Gesicht und Gestalt fordern ihn immer wieder heraus. Davon legt nicht nur die Zahl ihrer Porträts in Gemälden, Zeichnungen und druckgraphischen Blättern Zeugnis ab, sondern auch die Tatsache, dass viele weibliche Figuren in Beckmanns Werk Quappis Züge tragen. Wiederholt zeichnet und malt Beckmann Freunde wie Ugi und dessen Frau Fridel Battenberg, die zu seinem engsten Kreis in Frankfurt am Main gehören, wo er in den 1920er Jahren an der Städelschule lehrt. Dies sind die Jahre, in denen er seine Position als einer der bedeutendsten bildenden Künstler Deutschlands festigt und international erfolgreich wird. Max Beckmann reflektiert in seiner Porträtmalerei ein sehr persönliches Beziehungsgefüge – zu seiner Familie, seinen Frauen und zu einem großen Freundes- und Bekanntenkreis. Die Porträts von Künstlerfreunden, Galeristen, Verlegern und Kunsthändlern belegen, wie vernetzt Beckmann im Kunstbetrieb war.
Erweitert wird die Ausstellung im „Beckmann-Dialog“ mit Werken von Marlene Dumas (geb. 1953 in Kapstadt) und Alex Katz (geb. 1927 in New York). Beide Künstler haben der zeitgenössischen Porträtmalerei wichtige Impulse verliehen und nennen Max Beckmann als eines ihrer zentralen Vorbilder.
Durch zwei weitere Beckmann-Ausstellungen im deutschsprachigen Raum – „Beckmann und Amerika“ im Frankfurter Städel Museum (7. Oktober bis 8. Januar 2012) sowie „Max Beckmann. Die Landschaften“ im Kunstmuseum Basel (4. September 2011 bis 22. Januar 2012) – bietet der Herbst 2011 die einmalige Gelegenheit zur umfassenden Begegnung und Auseinandersetzung mit dem Schaffen Max Beckmanns.
UNTERSÜTZUNG Die Ausstellung ist nur möglich durch die großzügige Unterstützung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Sparkasse Leipzig, der Kulturstiftung der Länder, der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Förderer des Museums der bildenden Künste Leipzig e. V., der Bürgerstiftung Leipzig und des Freundeskreises Max Klinger e. V. Die Enkelin des Künstlers, Mayen Beckmann, hat die Kuratoren der Ausstellung und die Autoren des biographischen Lexikons von Anfang an unterstützt. Das Königreich der Niederlande unterstützt die Präsentation von Marlene Dumas.
KATALOG Der Katalog zur Ausstellung in Leipzig erscheint im Hatje Cantz Verlag, herausgegeben von Susanne Petri und Hans-Werner Schmidt. Er enthält u. a. Beiträge von Barbara C. Buenger, Christian Fuhrmeister, Olaf Peters und Uwe M. Schneede sowie ein biographisches Lexikon, erstellt von Felix Billeter und Christiane Zeiler. Der Katalog mit 400 Seiten und zahlreichen Abbildungen ist für 39 Euro an der Museumskasse erhältlich.
ERÖFFNUNG Freitag, 16. September, 19 Uhr Es sprechen: Hans-Werner Schmidt/Direktor, Burkhard Jung/Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, Isabel Pfeiffer-Poensgen/Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, Claus Friedrich Holtmann/Geschäftsführender Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes und Vorsitzender des Vorstandes der Ostdeutschen Sparkassenstiftung, Mayen Beckmann. Zugleich eröffnen wir „Barbara Klemm. Künstlerporträts“ (17. September bis 23. November 2011) und „Rosenkranz Kubus X: Imi Knoebel“ (17. September 2011 bis 26. Februar 2012).
BEGLEITPROGRAMM Unter der Überschrift „Beckmann Spezial“ gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm mit Ausstellungsgesprächen, Lesungen, Vorträgen, einer Podiumsdiskussion, zahlreichen Führungen und einem umfangreichen museumspädagogischen Angebot (s. Anlage). Ein Audioguide, realisiert von den Förderern des Museums der bildenden Künste Leipzig e. V., steht dem Individualbesucher als Begleiter zur Verfügung. Für Kinder gibt es den Kinderführer „Quappi, Ugi, Butshy“ und das Beckmann-Atelier. In Korrespondenz zur Beckmann-Präsentation findet in den Kabinetträumen des Museums eine Ausstellung der Frankfurter Fotografin Barbara Klemm mit einer Auswahl von Künstlerporträts statt (17. September bis 23. November 2011).
EINTRITT/ÖFFNUNGSZEITEN 8 €, ermäßigt 5,50 € Am zweiten Mittwoch im Monat freier Eintritt. Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre frei. Dienstag und Donnerstag bis Sonntag 10-18 Uhr | Mittwoch 12-20 Uhr Feiertage 10-18 Uhr (auch 3. Oktober, 16. November und 25./26. Dezember 2011) 24. und 31. Dezember 2011 geschlossen
MAX BECKMANN 1884 Max Carl Friedrich Beckmann kommt am 12. Februar als jüngstes von drei Kindern des Ehepaares Carl Christian Heinrich Beckmann, Getreidegroßhändler und Grundstücks- makler, und Antoinette Henriette Bertha Beckmann, geborene Dübner, in Leipzig zur Welt.
1884–1898 Die Kindheit in Leipzig ist durch zahlreiche Wohnungswechsel in der rasant wachsenden Stadt geprägt. 1895, kurz nach dem Umzug der Familie nach Braunschweig, stirbt der Vater. Der junge Beckmann besucht Schulen und Internate im pommerschen Falkenburg, in Braunschweig, Königslutter und Gandersheim. Bereits während dieser Zeit zeichnet er unentwegt.
1900–1903 Studium an der Großherzoglich Sächsischen Kunstschule zu Weimar. Hier begegnet Beckmann Ugi Battenberg und seiner späteren ersten Ehefrau, Minna Tube. Beiden wird er in lebenslanger Freundschaft verbunden sein.
1906–1908 Nach dem Tod der Mutter malt Beckmann die „Große Sterbeszene“, in der sich sein unendlicher Kummer über den Verlust der geliebten Mutter spiegelt. Erstmalig beteiligt er sich an Ausstellungen der Berliner Secession, in der er im folgenden Jahr Mitglied wird. Am 21. September 1906 Heirat mit Minna Tube in Berlin. Durch Fürsprache Max Klingers Verleihung des Villa Romana-Preises des Deutschen Künstlerbundes, der mit einem einjährigen Studienaufenthalt in Florenz verbunden ist. Am 31. August 1908 wird der Sohn Peter geboren.
1909–1913 Erste Begegnung mit dem Kunstkritiker und frühen Förderer Julius Meier- Graefe. Beckmann lernt den Galeristen I. B. Neumann und den Verleger Reinhard Piper kennen, mit denen er über Jahre zusammen arbeiten wird. Beim Pariser Herbst-Salon ist Beckmann mit sechs Gemälden vertreten. 1913 Mitbegründer und Vorstandsmitglied der freien Secession Berlin. Anlässlich der ersten Einzelausstellung bei Paul Cassirer erscheint im gleichnamigen Verlag eine erste Beckmann-Monografie von Hans Kaiser.
1914–1917 Nach Kriegsausbruch zunächst freiwilliger Krankenpfleger an der Ostfront, ab Februar 1915 Sanitäter in Flandern. Die Gräuel des Krieges hält Beckmann in zahlreichen Arbeiten auf Papier fest. Nach einem psychischen Zusammenbruch Versetzung nach Straßburg und anschließende Beurlaubung. Erst 1917 offizielle Entlassung aus dem Militärdienst.
1919 Gründungsmitglied der Darmstädter Sezession.
1924 Im Frühjahr lernt Beckmann in Wien die 20 Jahre jüngere Musikstudentin Mathilde von Kaulbach (Quappi) kennen. Im Piper Verlag München erscheint eine umfangreiche Beckmann-Monografie mit Beiträgen von Curt Glaser, Julius Meier-Graefe, Wilhelm Fraenger und Wilhelm Hausenstein. Lilly von Schnitzler wird eine Förderin von Max Beckmann.
1925 Scheidung von Minna Beckmann-Tube und Hochzeit mit Mathilde in München. Es beginnt eine äußerst erfolgreiche Zeit in Frankfurt am Main. Beckmann leitet ein Meisteratelier an der Frankfurter Städelschule. Zum Frankfurter Freundeskreis zählen Heinrich Simon, das Ehepaar Battenberg, Georg und Hanns Swarzenski, Lilly von Schnitzler, Benno Reifenberg, Käthe von Porada, Theo Garve und Marie-Louise von Motesiczky. 1928 Das bisherige Gesamtwerk wird in der Mannheimer Kunsthalle ausgestellt. Verleihung des Reichsehrenpreises Deutscher Kunst und – für das „Große Stilleben mit Fernrohr“ (1927) – der Goldenen Medaille der Stadt Düsseldorf. 1929 Verleihung des großen Ehrenpreises der Stadt Frankfurt und des Professorentitels der Städelschule. Beckmann bezieht in der Rue d’Artois 24 in Paris eine Wohnung. 1930–1932 Das Musée du Jeu de Paume in Paris erwirbt als erstes französisches Museum ein Gemälde Beckmanns. Ludwig Justi, Direktor der Berliner Nationalgalerie, richtet im ehemaligen Kronprinzenpalais einen mit zehn Gemälden bestückten Beckmann-Raum ein, der nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 geschlossen wird. 1933–1936 Am 15. April Entlassung aus dem Frankfurter Lehramt, erste Werke werden aus deutschen Museen entfernt und eine geplante Einzelausstellung in Erfurt verboten. Im Mai zieht Beckmann, begründet durch die politischen Ereignisse und die Weltwirtschaftskrise, nach Berlin. Sein 50. Geburtstag wird lediglich in den „Leipziger Neuesten Nachrichten“ öffentlich gewürdigt. 1937 Aus den Sammlungen deutscher Museen werden 28 Gemälde und über 500 Papierarbeiten Beckmanns beschlagnahmt. Das Museum der bildenden Künste Leipzig verliert entgültig das „Große Stilleben mit Fernrohr“. Am 19. Juli, einen Tag nach der Radioübertragung von Hitlers Rede anlässlich der Eröffnung der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ in München, Emigration nach Amsterdam. Dort erstes Unterkommen bei Quappis Schwester Hedda Schoonderbeek. In der Münchner Ausstellung „Entartete Kunst“ werden zehn Gemälde und einige grafische Arbeiten Beckmanns gezeigt. 1938/39 Am 21. Juli 1938 hält Beckmann anlässlich der Londoner Ausstellung „Exhibition of the 20th Century German Art“ – einer Gegenschau zur Ausstellung „Entartete Kunst“ – seinen berühmten Vortrag „Über meine Malerei“. Beckmann schließt mit Stephan Lackner einen Vertrag über monatliche Bildkäufe. 1940–1944 Zeitgleich mit dem Einmarsch der deutschen Truppen in die Niederlande verbrennen die Beckmanns ihre ab 1925 geführten Tagebücher. Sohn Peter, der als Arzt bei der Luftwaffe arbeitet, gelingt es in den folgenden Jahren immer wieder, Bilder des Vaters nach Deutschland zu bringen und Gelder zu transferieren. Beckmann erkrankt an einer Lungenentzündung und leidet unter schweren Herzproblemen. Er wird 1944 endgültig für den Militärdienst dienstuntauglich erklärt. 1945 Alliierte Truppen befreien Amsterdam. 1946/47 Beckmann lehnt Berufungen an die Werkkunstschule Darmstadt, die Münchner Akademie der Bildenden Künste und die Berliner Hochschule der Bildenden Künste ab. Er entscheidet sich stattdessen für eine vorübergehend vakante Professur an der Washington University School of Art in Saint Louis, Missouri. Mit Günther Frankes umfangreicher Sammlung, die im Sommer 1946 in der Münchner Villa Stuck gezeigt wird, sind erstmals wieder Arbeiten Beckmanns öffentlich in Deutschland zu sehen. 1948/49 Der Lehrauftrag in Saint Louis wird um ein Jahr verlängert. Beckmann liest seinen Vortrag „Drei Briefe an eine Malerin“ in Columbia, Boston und Saint Louis. Im City Art Museum Saint Louis wird eine umfassende Beckmann-Retrospektive gezeigt, die anschließend in sechs weiteren amerikanischen Städten gastiert. Er lernt den Kaufhaus- besitzer und bedeutendsten Beckmann-Sammler Morton D. May kennen. 1949 wird Beckmann an die Brooklyn Museum Art School in New York berufen. 1948/49 Der Lehrauftrag in Saint Louis wird um ein Jahr verlängert. Beckmann liest seinen Vortrag „Drei Briefe an eine Malerin“ in Columbia, Boston und Saint Louis. Im City Art Museum Saint Louis wird eine umfassende Beckmann-Retrospektive gezeigt, die anschließend in sechs weiteren amerikanischen Städten gastiert. Er lernt den Kaufhaus- besitzer und bedeutendsten Beckmann-Sammler Morton D. May kennen. 1949 wird Beckmann an die Brooklyn Museum Art School in New York berufen.