„Es ist mir persönlich eine besonders große Freude, dass die erste monografische Schau zu Martin van Meytens in Wien stattfindet; in jener Stadt, in der der Künstler nach langen Jahren in verschiedenen anderen Ländern mehr als sein halbes Leben verbracht und deutliche, bis heute beeindruckende Spuren hinterlassen hat“, so die Direktorin des Belvedere Agnes Husslein- Arco. Martin van Meytens d. J. ist es wie keinem anderen gelungen, die Protagonisten des viel beschworenen mariatheresianischen Zeitalters durch die von ihm geschaffenen Bildnisse zu dokumentieren. „Die präzise wiedergegebenen Gesichtszüge, die detaillierte Darstellung der aufwendig gearbeiteten Kleidungsstücke sowie die unmissverständlichen Hinweise auf Stand und Profession der dargestellten Personen vermitteln uns noch heute einen lebendigen Einblick in die damalige Zeit, in der wohl nicht alles so glanzvoll war, wie es in den Gemälden den Anschein hat“, so Agnes Husslein-Arco weiter.
Im Gegensatz zu anderen Genres macht die Porträtmalerei die Auseinandersetzung des Künstlers mit dem „Original“, also dem Menschen bzw. dem Auftraggeber, unumgänglich. „Wer sich von Meytens porträtieren lassen wollte, musste sich ihm und seiner Kunstfertigkeit stellen“, erläutert Kurator Georg Lechner. Martin van Meytens d. J. wurde 1695 in Stockholm als Sohn des ebenfalls als Porträtmaler tätigen Martin Mijtens d. Ä. (1648–1736) geboren. Die Eltern stammten ursprünglich aus Südholland, waren jedoch nach Schweden ausgewandert. Nach der ersten Ausbildung bei seinem Vater begab sich der junge Meytens bereits 1714 auf eine mehrjährige Studienreise, die ihn in die Heimat seiner Eltern sowie nach England, Frankreich, Italien und schließlich Wien führte. „Diesem sehr sympathisch anmutenden, weit gereisten Künstler ermöglichte Kaiser Karl VI. in jungen Jahren einen langen Studienaufenthalt in Italien, sodass den Habsburgern und vor allem auch der in ihrem Reich ansässigen Aristokratie ab 1731 ein hervorragend ausgebildeter und vielseitig versierter Porträtmaler zur Verfügung stand“, so Georg Lechner weiter.
Von der Miniaturmalerei zur PorträtkunstDie Anfänge des heute vor allem für seine lebensgroßen Porträts bekannten Meytens liegen in der seinerzeit hoch geschätzten Miniaturmalerei, in der er es – als Schüler seines Landsmannes Charles Boit (1662–1727) – rasch zu großem Ruhm und besonderer Brillanz in der Emailtechnik brachte. Auch der russische Zar und der schwedische König versuchten Meytens an ihre Höfe zu locken, doch er entschied sich für Wien. Hier trat er in die Dienste der Habsburger und konnte als Porträtmaler des Hofes und der Aristokratie reüssieren. Ab dem Jahr 1732 war er offiziell als kaiserlicher Kammermaler tätig. Die Namen jener Menschen, deren Porträt, Gestalt und soziale Stellung er in seinen Gemälden festhielt, ergeben fast so etwas wie ein Who is who des Zeitalters Maria Theresias. Staatsmänner wie Johann Christoph von Bartenstein oder Wenzel Anton von Kaunitz-Rietberg finden sich hier ebenso wie Mitglieder der Familien Batthyány, Liechtenstein, Pálffy oder Schwarzenberg. Doch diese allein würden ein einseitiges Bild zeichnen. Zu mehr als einem Dutzend Selbstbildnissen malte er Künstlerkollegen wie Johann Gottfried Auerbach, den Kostümbildner und Zeichenlehrer Maria Theresias, Daniele Antonio Bertoli, oder den Librettisten Pietro Metastasio. Insbesondere von Maria Theresia sehr geschätzt, wurde Meytens 1759 schließlich zum Rektor der Wiener Akademie ernannt, er übte dieses Amt bis zu seinem Tod im Jahr 1770 aus.
Stilistische CharakteristikaKennzeichnend für die Werke von Martin van Meytens und seinen Mitarbeitern ist die Präzision in der Wiedergabe von Spitzen, Stoffen und anderen Details. Gemälde wie jenes, das Maria Theresia im rosa Spitzenkleid zeigt, erlangen damit sogar dokumentarischen Charakter. Diese besondere Konzentration auf die Textilien und die Accessoires sticht mitunter auch bei Porträts ins Auge, die außerhalb der Werkstatt oder von Nachfolgern geschaffen wurden. Oftmals mutet in diesem Zusammenhang das eigentliche Konterfei als vernachlässigter Teil an. Hinsichtlich dieser akribischen Darstellungsweise ist etwa auf Lucas Cranach d. Ä. zu verweisen, in dessen Fall der florierende Werkstattbetrieb ebenfalls zu einer außerordentlichen Präzision und Schärfe – bis hin zu einer Härte – in den Details geführt hat. Während Meytens zu Lebzeiten gerade durch Präzision und Repräsentation seiner Werke großen Erfolg hatte, stießen die Charakteristika seines Stils später bei Kritikern mitunter auf Ablehnung.
Eine florierende WerkstattWie viele Gemälde das Atelier von Meytens im Lauf der Jahrzehnte verlassen haben, ist kaum abzuschätzen. Die Nachfrage nach seinen Werken war in jedem Fall so groß, dass der Künstler die Arbeit schon sehr bald nicht mehr allein bewältigen konnte und zahlreiche Schüler und Mitarbeiter beschäftigte. Zu den begabtesten unter ihnen zählten der ebenfalls aus Schweden stammende Sophonias de Derichs (1712–1773) und Joseph Hickel (1736–1807). Sie arbeiteten ganz in der Manier des Meisters, sodass ihr Anteil an den einzelnen Arbeiten den Auftraggebern wie auch den Kunstfreunden verborgen blieb und bleibt. Darüber hinaus signierte Meytens seine Werke nur ausgesprochen selten. In Bezug auf Zuschreibungen ist man daher oft – sofern vorhanden – auch auf Archivmaterial und zeitgenössische Stiche nach Werken von Meytens angewiesen, bei denen in der Regel Maler und Name des Dargestellten genannt werden. Die folgende Künstlergeneration repräsentiert den Übergang von dem bei Meytens erlernten Typus des barocken Repräsentationsporträts hin zu einem wesentlich nüchterneren, dem Zeitalter des Josephinismus und der Aufklärung verpflichteten Stil.
Im Rahmen der Belvedere-Werkverzeichnisse arbeitet Georg Lechner, Kurator der Ausstellung, derzeit an einem neuen, umfangreichen Œuvrekatalog zu Martin van Meytens d.J., der voraussichtlich 2015 veröffentlicht wird.
KÜNSTLERBIOGRAFIEMartin van Meytens der Jüngere
1695 Martin van Meytens wird in Stockholm als Sohn holländischer Zuwanderer geboren. Die erste künstlerische Ausbildung erhält er bei seinem Vater, dem Porträtmaler Martin Mijtens d. Ä.
1712 Meytens reist nach Holland, wo er zwei Jahre bei Verwandten weilt.
1714 – 1721 Aufenthalte in England, Paris und Dresden. Der junge Künstler spezialisiert sich auf die Miniaturmalerei und perfektioniert seine Kenntnisse unter dem Emailmaler Charles Boit.
1723 Kaiser Karl VI. ermöglicht dem Maler eine längere Studienreise durch Italien, die diesen nach Venedig, Rom, Neapel, Florenz und Turin führt.
1730/31 Meytens hält sich für 16 Monate in seiner Heimat auf, um seine Eltern zu besuchen. Versuche König Fredriks I., den Künstler in Schweden zu halten, scheitern.
1740 Mit dem Regierungsantritt Maria Theresias setzt eine besonders produktive Periode im Schaffen Martin van Meytens’ ein. Die große Zahl von Aufträgen macht einen Werkstattbetrieb mit mehreren Mitarbeitern und Spezialisten notwendig.
1759 Ernennung zum Rektor der Wiener Kunstakademie.
1770 Meytens stirbt am 23. März und wird auf dem Friedhof vor dem Schottentor beigesetzt. Da er unverheiratet und kinderlos war, hatte er seinen Neffen Heinrich Wilhelm Peill als Universalerben eingesetzt.
Adresse: Himmelpfortgasse 8, 1010 WienTelefon:01 79557134
ÖffnungszeitenTäglich 10 bis 18 Uhr
Copyright © 2024 findART.cc - All rights reserved