Adolf Hölzel und Willi Baumeister sind die wohl bedeutendsten Professoren der Stuttgarter Akademie im 20. Jahrhundert. Von beiden Künstlern besitzt das Kunstmuseum Stuttgart die weltweit größte Sammlung. Zum 250-jährigen Bestehen der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart stellt das Kunstmuseum in der Sonderschau »Kunst ist eine Wissenschaft« von 25. Juni bis 23. Oktober Adolf Hölzel und seinen großen Schüler Willi Baumeister einander gegenüber: Die Ausstellung zeigt anhand von 70 selten gezeigten Werken und Unterrichtsmaterialien, dass Baumeister – wenngleich er den Einfluss seines Lehrers auf sein eigenes Werk zeitlebens für gering hielt – wohl der beste und konsequenteste Schüler Hölzels war. Was Adolf Hölzel von 1910 bis 1919 für Willi Baumeisters künstlerische Entwicklung ge- leistet hat, ist beispielhaft für ein neues Lehrer-Schüler-Verhältnis. Es ging jenem Pi- onier der Moderne nicht mehr darum, seinen Schülern akademisch korrektes Malen beizubringen, sondern sie auf dem Weg zu einem eigenen, unverwechselbaren Künstlertum zu begleiten und zu fördern. Wie erfolgreich Hölzel mit diesem damals revolutionären und durchaus angefeindeten Konzept war, lässt sich an den Namen seiner wichtigsten Schüler ablesen, zu denen neben Willi Baumeister auch Oskar Schlemmer, Johannes Itten und Max Ackermann gehören.
»Kunst ist eine Wissenschaft« – dieser Überzeugung folgte Hölzel im eigenen Werk wie beim Unterrichten. Er entwickelte die für Künstler besonders wichtige Theorie der Farbharmonien entscheidend weiter. Auf ihn geht das später von Johannes Itten am Bauhaus vermittelte System der sieben grundlegenden Farbkontraste zurück. Handgefertigte Farbkreise, die Hölzel im Unterricht an der Stuttgarter Akademie verwendet hatte, wurden jüngst im Nachlass des Künstlers gefunden und sind nun restauriert erstmals in der Ausstellung zu sehen. Mit diesen Kreisdiagrammen sollte das Phänomen Farbe in der künstlerischen Anwendung auf wissenschaftlicher Grundlage besser handhabbar gemacht werden.
Willi Baumeister wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg zum Professor an der Stuttgarter Akademie berufen. Auch er vermittelte seinen Schülern keinen spezifi- schen Stil, sondern die grundlegenden Mittel der Kunst, die Handhabung von Farbe, Form und Linie. Die so genannten »didaktischen Lehrtafeln« aus dem Nachlass Baumeisters veranschaulichen diese Prinzipen. »Wir malen keine Bilder, wir studie- ren« stand als Motto in Baumeisters Klasse an der Wand. In seinem einflussreichen Buch »Das Unbekannte in der Kunst« vergleicht Baumeister den Künstler mit einem Forschenden, der das Unbekannte tastend entdeckt.
Weitere Ausstellungen zum Jubiläum der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart:
Staatsgalerie Stuttgart: »Die Akademie im Museum. Künstler als Professoren in Stuttgart 1761–1920«, 21.5.–21.8.2011
Württembergische Landesbibliothek: »Buch – Kunst – Schrift: F. H. Ernst Schneidler (1882–1956)«, 1.6.–4.9.2011
Landesmuseum Württemberg: »Mit Pinsel, Feder und Gießkanne. Die Vorgeschichte der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart«, 10.6.–11.9.2011
Staatsgalerie Stuttgart: »Voilà – AKA-Gastspiel in der Staatsgalerie«, 25.6.–21.8.2011 Pressekontakt Dr. Eva Klingenstein