Während des COVID-19-Lockdowns zog sich Hockney in sein Bauernhaus in Beuvron-en-Auge, Normandie, zurück. Dort begann er, auf seinem iPad eine Serie von Landschaften zu schaffen – ein Medium, das er bereits seit 2010 für beobachtende Zeichnungen nutzt. Es entstanden 220 Werke, bekannt als „220 for 2020“. Diese digital gedruckten Bilder, gerahmt in Aluminium, sind in zwei nachtblauen Räumen der Fondation ausgestellt.
„Seine wundersamen Gemälde und mühelosen Zeichnungen ergeben nichts Geringeres als eine umhüllende Welt.“
Die Ausstellung zeigt nicht einfach einen Rückblick, sondern ein künstlerisches Universum, das mit Lebensfreude, Neugier und Akzeptanz erfüllt ist. Bevor der Rundgang die jüngeren Werke erreicht, zeigen zwei Galerien frühe Arbeiten von den 1950er bis 1970er Jahren – darunter „We Two Boys Together Clinging“ (1961), das eine intime, damals noch gesellschaftlich verbotene Liebe thematisiert. Weitere Werke wie „Adhesiveness“ (1960) oder „Going To Be a Queen for Tonight“ (1960) vermitteln eine unterdrückte Energie, die sich im Laufe der 1960er zunehmend auflöst.
In der zweiten Galerie beeindrucken vier ikonische Werke: „The Room, Tarzana“ (1967), „A Bigger Splash“ (1967), „Portrait of an Artist (Pool with Two Figures)“ (1972) und „Mr and Mrs Clark and Percy“. Diese Gemälde sind zentrale Zeugnisse seines unverkennbaren Stils.
Ab den 1980er Jahren wandte sich Hockney verstärkt der Landschaftsmalerei zu. In zwei geschwungenen Vitrinen erscheinen Aquarelle aus Ost-Yorkshire – Teil der Serie „Midsummer: East Yorkshire“ (2004). Seine Farben – zarte Rosa- und Grüntöne – tanzen über das Papier. In „May Blossom on the Roman Road“ (2009) richten sich zwei Weißdornsträucher wie verspielte Baiser auf, werfen Schatten auf die Straße und vermitteln das Gefühl eines vitalen Frühlings.
Manche mögen an der digitalen Präsentation Anstoß nehmen. Doch Hockney geht es nicht um das Medium, sondern um Ausdruck und Freiheit: „In 2025, ist konventionelle Malerei sinnlicher als das Wischen auf einem Bildschirm? Hockney doesn’t care. Für ihn ist Technologie – alt oder neu – nur Mittel zum Zweck.“
Ein Highlight ist der immersive Raum „Hockney Paints the Stage (2025)“, in dem seine Bühnenbilder für neun Opern digital inszeniert sind. Die Umsetzung ist lebendig und eindrucksvoll – kein Gimmick, sondern ein visuelles Fest.
Einige Werke wie „Viewers Looking at a Ready-made with Skull and Mirrors“ und „Pictured Gathering with Mirror“ (beide 2018) bleiben rätselhaft. Sie zeigen Gruppen, die sich selbst oder symbolische Objekte betrachten. Hockneys Interesse an Perspektive und historischen Techniken wie der Camera Obscura wird sichtbar – doch hier bleibt die innere Logik diffus.
Abgerundet wird die Ausstellung durch vier Videoporträts, darunter das jüngste: „David Hockney Working in his London Studio“ (2023–25). Zu sehen ist der Künstler, wie er konzentriert durch seine markante Brille schaut und dann mit ruhiger Hand zu zeichnen beginnt.
Hockneys Projekt ist eine lebenslange Erforschung der Mechanismen des Sehens. Er fordert uns auf, innezuhalten und unsere Umgebung mit neuen Augen zu betrachten. „Wenn Sie diese Ausstellung nicht offen und erhoben verlassen, sollten Sie vielleicht noch eine Runde drehen.“
„Hockney 25“ ist noch bis 31. August in der Fondation Louis Vuitton, Paris, zu sehen. Das Begleitbuch erscheint bei Thames and Hudson.
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