«BigBrother» war die erste Reality-Show die gleichzeitig im Fernsehen und im Internet zu sehen war. Es war das letzte Mal, dass Menschen die Realität unschuldig betreten haben. Eine Handvoll unbekannter Menschen ohne besondere Fähigkeiten zogen darin für hundert Tage zusammen, um sich rund um die Uhr von der Bevölkerung bei ihren alltäglichen Verrichtungen beobachten zu lassen: Zähneputzen, Kartenspielen, Schlafen, Duschen, Smalltalk, Essen, Sex. Alle Tätigkeiten wurden rund um die Uhr von Kameras gefilmt und ins Internet übertragen. Ihr einziger Kanal zur Welt war eine Videokamera, über die sie einmal täglich ihre intimsten Gedanken und Gefühle mit der Öffentlichkeit teilten.Der Container war demokratische Utopie, Dystopie und populäre Konzeptkunst in einem: ein Selbst-Überwachungsapparat, ein sich permanent selbst aktualisierendes Ready-made, eine paradoxe Authenizitätsmaschine. Die vierte Wand zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit war damit endgültig durchbrochen. Von nun an würden wir alle Performer:innen sein.
Der Basler Künstler und Theaterregisseur Boris Nikitin hat für das zwanzigste Jubiläum der ersten Staffel eine Replika dieses Ur-Containers nachbauen lassen. Die Dimensionen sind leicht verschoben, ein Raum fehlt, der Container ist nicht aus echtem Metall, sondern aus weiss lackiertem Holz: Die Imitation eines Gebäudes, das selbst bereits ein Simulakrum war und mit dem das Zeitalter der digitalen Sichtbarkeit eingeläutet wurde. Teile des Containers waren ursprünglich Bestandteil der Inszenierung «Erste Staffel. 20 Jahre Grosser Bruder» von Boris Nikitin am Staatstheater Nürnberg.