Resultat von Gerhard Fresachers ästhetischer Herangehensweise sind verbildlichte Protokolle, die wie abstrakte Landkarten von Momenten hinter involvierten Figuren – Freund:innen, Weggefährt:innen, Liebesmenschen – ihren und seinen eigenen Emotionen wirken. Eigentlich unsichtbare Territorien, oft nur diffuse Atmosphären, die erschlossen worden sind; Geprägt von seiner langjährigen Tätigkeit und Erfahrung als Bühnenbildner und Regisseur, ist Fresacher auch mit und in seiner Malerei immer sehr nahe am Menschen. Der Blick hinter die Fassade steht dabei im Mittelpunkt. Wie ein Archäologe gräbt er tiefer, legt Unsichtbares frei, katapultiert Unausgesprochenes an die Oberfläche.
Mit Hilfe dieser verbildlichten Protokolle aus einer sich verfestigenden Sinneswelt stellt er sich und den Betrachter:innen Fragen, die metakognitive Prozesse zum Thema „Neuanfang“ und Allegorien des eigenen Seins darstellen. Zwischen Momentaufnahme und Ausblick tastet er sich anthropologisch-ästhetisch heran, bestärkt durch das Wissen um die Existenz des Möglichkeitssinns wie ihn Robert Musil in seinem Roman „Der Mann ohne Eigenschaften“ darlegt.
„Immer das ‚Territorium‘ im Augenwinkel arbeite ich mich Schritt für Schritt auf der Leinwand vor. Impulsgeber sind für mich Worte, Texte, Gespräche, die ich gehört, gelesen und geführt habe. Auch literarische und audiovisuelle Quellen wie u.a Theaterstücke von Anton Tschechow und William Shakespeare, Literatur von Novalis über Ingeborg Bachmann zu Georg Timber Trattnig bis Virginie Despentes, die künstlerische Arbeit von Marcel Duchamp, Joseph Beuys und Christoph Schlingensief, zuletzt die Begegnung mit der Künstlerin Barbara Ungepflegt, Podcasts über Philosophie und Kunstgeschichte sind eine weitere Triebfeder, um den Menschen in seiner Gesamtheit mit seiner Sinneswelt am Ende ‚zweidimensional‘ erfassen zu können oder wenigstens den Versuch gewagt zu haben. Der deutsche Schriftsteller und Philosoph Novalis hat mich entscheidend durch diese Werksphase getragen. Sein Denken hat bis heute nichts an Aktualität eingebüßt: ein glühender Europäer, ein eifriger Denker und Romantiker mit Herz und Verstand. Trust the process!“ Gerhard Fresacher
Oft wirken die Arbeiten wie Kartografien, unbekannter, noch unentdeckter Gebiete. Hier eine Insel, dort Leere, vereinzelt Verbindungswege zwischen bereits erkundeten Regionen. Auf der Suche nach Klarblick, tastet er sich Schicht für Schicht vor, komplettiert seine Bilder teilweise mit Worten oder kryptischen Buchstabenkombinationen, übermalt und überschüttet sie, immer geleitet und angetrieben von neuen Entdeckungen oder Erkenntnissen und den dazugehörigen Emotionen. Malerei definiert Gerhard Fresacher als Forschungsinstrument. Sie dient dazu sich in der Vielschichtigkeit und Komplexität unserer Welt und seiner Bewohner:innen zurecht zu finden.
„Gerhard Fresacher begleitet mich nun seit mehr als zwei Jahren bei den meisten Projekten und Aktionen und ich freue mich sehr mit der Einzelausstellung ‚sense territory‘ diese wunderbare Zusammenarbeit intensivieren zu dürfen. Mit seinem interdisziplinären Ansatz ist er ein wichtiger Impulsgeber für unsere Aktionen und seine facettenreichen Arbeiten bereichern unser Portfolio. Anlässlich der aktuellen Ausstellung hat Gerhard Fresacher ein ‚Angebot zur Zeitverschwendung‘ konzipiert. Diese Idee jeden Freitag einen Gast, der bereits mit Gerhard gearbeitet hat, in die Galerie zu bitten und dieser Gast dann mit dem Interessierten Publikum spricht und diskutiert finde ich besonders spannend. Weiters haben wird eine digitale Erweiterung der Ausstellung via Instagram angedacht.“ Gisela Weissenbach
Gemeinsame Projekte DISTRICT4art und Gerhard Fresacher: LEERSTAND. Gerhard Fresacher. Wolfgang Walkensteiner. Initiiert von Architekt Michael Hein. Hosted By DISTRICT4art (15. März – 30. April 2022) und Playstation Festival – 3 Aktionstage LEER STATT TRAUMA im Haus der Wiener Kaufmann (21. – 23. April 2022) im Rahmen von on the road; playStation. kontaktperson1., Performance von Gerhard Fresacher mit den Protogonist:innen Andreas Patton und Kristina Sprenger (05. Mai 2022), DISTRICT4art.
Gerhard Fresacher Geb. 1972 in Horn, Niederösterreich. 1994 bis 1999 Studium der Szenografie bei Erich Wonder an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Gerhard Fresacher arbeitet medienübergreifend und interdisziplinär. Seine Arbeiten überschreiten die Grenzen der Malerei um in Videoarbeiten und Performances wieder aufgegriffen und transformiert zu werden. In ihrer Dichte und Vielschichtigkeit erzeugen sie ein Narrativ, welches in seinen Inszenierungen um den Faktor Zeit erweitert wird. So erwidert er seine gezeichneten und gemalten Welten durch abstrakte Bilder und führt sie weiter in performative Werke, die methodisch mit seiner Malerei in Verbindung stehen. Seit 2000 Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland: no disco behind, Zhytomyr/Ukraine (2018, kuratiert von Roman Grabner), wall of fame, Installation anlässlich der Handball-WM, Doha/Katar (2015), boing! boing!, Galerie Bäckerstraße, Wien (2008), superheroes saving russia, XL gallery, Moskau (2000, kuratiert Joseph Backstein). Seit 2009 Regiearbeiten und Theaterexperimente, u.a. traum, alptraum – ein nightmare – nach Kafkas Ein Landarzt, Radiokulturhaus Wien und Werk X Petersplatz, Wien (2017) und hotel disappearance, Diorama K17 Krumpendorf (2017), Wetterleuchten auf der Zungenspitze – den Surrealismus neu erfinden!, Josef Winkler, Garage X, Wien (2013); Kirschgarden nach Anton Cechov, Garage X Wien (2011); Bühnenbilder u.a. für Wiener Festwochen, Volkstheater, Wien, Düsseldorfer Schauspielhaus, Münchner Volkstheater, Thalia Theater, Hamburg, Das Neumarkt, Zürich und WERK X, Wien. 2021 gemeinsam mit Armin Guerino Gewinnerprojekt des 1. Calls der Kärntner Kulturstiftung 2021: Ingeborg-Bachmann-Kuppel. Zusammenarbeit u.a. mit Bernhard Hammer, Alexander Kubelka, Hans Neuenfels, Karl Pridun, Georg Staudacher, Georg Timber Trattnig, TOMAK, Oliver Welter, Karl Welunschek, Josef Winkler. Lebt und arbeitet in Klagenfurt und Wien. www.gerhardfresacher.com, www.dark-city.at
Gerhard Fresacher | sense territory
Eröffnung Donnerstag, 03. November 2022, 19 Uhr
Ort DISTRICT4art, Wiedner Gürtel 12, 1040 Wien
Dauer 04. – 24. November 2022
Öffnungszeiten Di, Do, Fr jeweils, 15 – 19 Uhr und nach Terminvereinbarung M +43 660 55 888 05, info@district4art.eu
Eintritt frei
Presse Christina Werner PR
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