Das Bündner Kunstmuseum macht in der Ausstellung «Sockelgeschichten» die Skulptur zum Thema. Die Schau mit Werken aus der Sammlung dokumentiert, wie dehnbar und breit der Skulpturenbegriff heute ist. Der Typus der Skulptur auf dem hohen Sockel ist Geschichte. Mit dem programmatischen Abbau des Sockels und dem Einbezug des Betrachtenden hat sich die Skulptur demokratisiert und sozialisiert. Die Ausstellung «Sockelgeschichten» im Erweiterungsbau des Bündner Kunstmuseums zeigt Werke, die in den letzten rund 80 Jahren geschaffen wurden und diese Entwicklung deutlich machen. Jeder Raum ist einem Thema gewidmet: Vielfalt, Behausung, Zeitalter und Malereiskulptur.Die Ausstellung mit 33 Werken von 28 Kunstschaffenden und einem Künstlerpaar erstreckt sich über vier Räume im 1. Untergeschoss des Neubaus. Den Auftakt im Hauptraum zum Thema «Vielfalt» bilden die Souffleurkästen von Mirko Baselgia, welche gleichzeitig auch als Sinnbild für den Titel der Ausstellung stehen. Bei Baselgia werden den Besuchenden die Geschichten aus den sockelartigen Kästen scheinbar zugeflüstert. Weiter zeigen sich hier Werke von Evelina Cajacob, Martin Disler, Bethan Huws, Vaclav Pozarek, Jürg Stäuble oder Not Vital, deren Setzung im Raum und Materialität vielfältiger nicht sein könnten: Holz, Bronze, Fell, Terrakotta, Neon oder Wasser. Sogar der Faktor Zeit spielt bei Roman Signers Skulptur eine wichtige Rolle. Und das vogelähnliche Objekt von Erica Pedretti schwebt über den Boden hinweg. Der zweite Raum widmet sich der «Behausung». Das Haus steht für das Bedürfnis nach Schutz und Geborgenheit, ob als schlichte Unterkunft wie beim Stall von Gabriela Gerber & Lukas Bardill oder zur stillen Einkehr und als Glaubensort wie beim Tempelchen von Franz Eggenschwiler.
Dominik Zehnders Findling lässt uns im dritten Saal zum Thema «Zeitalter» aus der fernen Zukunft auf das Anthropozän, das Erdzeitalter des Menschen, zurückblicken. Was bleibt übrig von der Gegenwart? Bei Corsin Fontana, Daniel Spoerri und Dieter Roth sind Umwandlungs- und Zersetzungsprozesse Teil ihrer Werke aus organischen Materialien. Wie das Leben, so Roths Überzeugung, soll auch die Kunst sein und sich, dem Rhythmus der Zeit ausgesetzt, fortwährend wandeln. Im vierten Raum zum Thema "Malereiskulptur" stehen zwei Gemälde von Augusto Giacometti im Dialog mit einer raumgreifenden, bemalten flachen Arbeit von Adrian Schiess. Bei Stefan Grätsch wird die Farbe zur Plastik, die Grenzen zwischen Malerei und Skulptur verwischen, und bei Hugo Suter wird die Material-Assemblage im vitrinenartigen Kasten zur Malerei eines Blumenstrausses. Schliesslich stellt Pascale Wiedemann ihre in Polyesterharz eingegossenen Kleidungsstücke in den Dialog der Jahrhunderte alten Tradition des Selbstporträts. Die Ausstellung wird kuratiert von Dr. Nicole Seeberger.
Mit: Mirko Baselgia, Flurin Bisig, Evelina Cajacob, Markus Casanova, Martin Disler, Franz Eggenschwiler, Corsin Fontana, Gabriela Gerber & Lukas Bardill, Stefan Gritsch, Hermann Hubacher, Bethan Huws, Leiko Ikemura, Sara Masüger, Erica Pedretti, Vaclav Pozarek, Dieter Roth, Christian Rothacher, Adrian Schiess, Roman Signer, Kurt Sigrist, Matias Spescha, Daniel Spoerri, Jürg Stäuble, Hugo Suter, Not Vital, Pascale Wiedemann und Dominik Zehnder.