Zum 100. Geburtstag der Tiroler Genbank würdigt das Volkskunstmuseum deren Arbeit und feiert die genetische Vielfalt heimischer Nutzpflanzen.Tiroler Volkskunstmuseum // 29.4. - 30.10.20221922 schuf der Agrarwissenschaftler Erwin Mayr die Basis für die Tiroler Genbank. Sie sammelt, dokumentiert und erhält bis heute alte Sorten landwirtschaftlicher Nutzpflanzen wie Getreide, Kartoffeln und Obst in Tirol. Zum hundertjährigen Jubiläum rückt das Tiroler Volkskunstmuseum die Institution in den Mittelpunkt. Die Ausstellung „Land – Sorten – Vielfalt. 100 Jahre Tiroler Genbank“ würdigt ihre Arbeit auf dem Acker und in der Forschung, dank derer sowohl Nahrungsquellen und Artenvielfalt als auch kulturelles Erbe bewahrt werden. Eine Auswahl der mehr als 1.000 erhaltenen Sorten sprießt dabei sogar im historischen Innenhof des Museums.
100 Jahre Tiroler GenbankMit „Land – Sorten – Vielfalt“ zeigt das Volkskunstmuseum die hundertjährige Geschichte der Tiroler Genbank zwischen Nahrungssicherung, der Förderung von Biodiversität und der Bewahrung kulturellen Erbes. Den Anfang machte Saatgutforscher Erwin Mayr 1922, als er begann, landwirtschaftliche Nutzpflanzen aus dem Alpenraum zu sammeln und zu dokumentieren. Aus seiner Mission ging schließlich die Tiroler Genbank hervor. Bis heute sammelt, erhält und vermehrt sie heimische Pflanzensorten. Die Ausstellung im Volkskunstmuseum wurde in enger Kooperation mit der Tiroler Genbank geplant und verfolgt deren Schaffen bis in die Gegenwart. Auf den Grünflächen im historischen Innenhof wurden ausgewählte Sorten gesät, denen die Besucher*innen in den nächsten Monaten beim Gedeihen bis zur Ernte zuschauen können.Üblicherweise findet die Arbeit der Genbank einerseits auf dem Feld statt, wo angebaut, gepflegt und geerntet wird, und andererseits im Forschungslabor, wo das Saatgut kontrolliert, gereinigt oder auf seine Keimfähigkeit geprüft wird. Mehr als 1.000 verschiedene Sorten konnten so bisher bewahrt werden – darunter allein 70 verschiedene Kartoffelsorten – weitere kommen nach wie vor hinzu. So hat die Institution auch nach 100 Jahren nicht an Relevanz verloren – im Gegenteil: Das Bedürfnis nach gesunder, ökologischer und vielfältiger Ernährung sowie die Nachfrage nach regionalen Nahrungsmitteln machen ihre Arbeit aktueller denn je.
Alte SortenObernberger Schwarzhafer, Roter Tiroler Dinkel oder Chrysanth-Hanser-Roggen aus Osttirol: Die Nutzpflanzen, die von der Tiroler Genbank gesammelt werden, bezeichnet man auch als „Landsorten“ oder „Herkünfte“. Ihre Gemeinsamkeit liegt darin, dass sie an die speziellen Witterungsverhältnisse und klimatischen Veränderungen in der Alpenregion angepasst sind. Diese Eigenschaft beschert ihnen heute wieder mehr wirtschaftliches und ökologisches Interesse. Darüber hinaus sind die Pflanzen sehr vielfältig. Sie zeichnen sich durch unterschiedlichste Farben und Formen sowie vielseitigen Geschmack aus und können als Lebensmittel, Heil- oder Zierpflanze genutzt werden. Heute verkaufen sich viele der „alten Sorten“ als regionale Spezialität, ob unverarbeitet oder in Form von Bier, Müsli, Flocken, Nudeln oder Gebäck, andere lassen sich außerdem als Futtergetreide oder Stroh nutzen. Dabei tragen regionale Produktion und der Konsum vielfältiger Sorten aktiv zu mehr Biodiversität und letztlich Klima- und Umweltschutz bei.
Ertrag vs. VielfaltUrsprünglich bildeten die Landsorten eine wesentliche Nahrungsgrundlage für die Bevölkerung in Tirol. Doch während die Einwohner*innenzahlen wuchsen, gingen die Anbauflächen zurück. Alte Getreidesorten wurden von Importen und ertragreicheren Neuzüchtungen verdrängt. Der erhöhte Bedarf ging mehr und mehr auf Kosten der biologischen und genetischen Vielfalt. Dass bis heute viele der Sorten erhalten sind, die vor Jahrzehnten in Tirol angebaut wurden, ist der Arbeit der Tiroler Genbank zu verdanken. Damit bleibt auch genetisches Potenzial für zukünftige Züchtungen erhalten.