Jakob Gauermann, Gurgler Ferner, um 1801–1805 Feder in Braun und Aquarell auf Papier   © TLM Jakob Gauermann, Gurgler Ferner, um 1801–1805 Feder in Braun und Aquarell auf Papier © TLM - Mit freundlicher Genehmigung von: TirolerLandesmuseen

Was: Ausstellung

Wann: 21.05.2021 - 05.09.2021

Es war keine Urlaubsreise, die Albrecht Dürer 1520 in die Niederlande unternahm. Ein Jahr lang fuhr der Nürnberger durch das Land im Norden, um Kaiser Karl V. in Aachen als neuen Geldgeber zu gewinnen. Seine Druckgrafiken dienten dem Künstler unterwegs als Zahlungsmittel. Mit einer Auswahl dieser Werke feiert die Grafische Sammlung nun das längst vergangene Zeitalter…
Es war keine Urlaubsreise, die Albrecht Dürer 1520 in die Niederlande unternahm. Ein Jahr lang fuhr der Nürnberger durch das Land im Norden, um Kaiser Karl V. in Aachen als neuen Geldgeber zu gewinnen. Seine Druckgrafiken dienten dem Künstler unterwegs als Zahlungsmittel. Mit einer Auswahl dieser Werke feiert die Grafische Sammlung nun das längst vergangene Zeitalter liquider Kunst. Ergänzend folgt die Sammlungspräsentation Tiroler Künstler*innen ins Zeitalter der Romantik. Ab 21. Mai sind die beiden Sammlungspräsentationen „Druckgrafik als Wegzehrung“ und „Komm! ins Offene, Freund!“ im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum zu sehen.

Druckgrafik als Wegzehrung. Dürers Reise in die NiederlandeLiquide Kunst – Kunstwerke als Zahlungsmittel12. Juli 1520: Albrecht Dürer bricht zu einer Reise in die Niederlande auf. Nicht zuletzt ökonomische Gründe führen ihn für ein Jahr in den Norden, denn nach dem Tod seines wichtigsten Gönners Kaiser Maximilian suchte der Künstler die Nähe zu dessen Nachfolger Karl V. Bei ihm will Dürer eine neuerliche Bestätigung seiner Leibrente von 100 Gulden im Jahr erwirken. Die Zeit bis zum Krönungszeremoniell nutzt er, um in der Gefolgschaft des künftigen Kaisers ein Netz an Fürsprechern für sich zu gewinnen. Die Begegnungen sowie die Route, die Einnahmen und Ausgaben der Reise dokumentiert er akribisch in einem Reisetagebuch. Wie sich den Aufzeichnungen entnehmen lässt, zählen auch zahlreiche Abzüge seines druckgrafischen Gesamtwerks zu Dürers Reisegepäck. Diese dienen nicht nur als Geschenke und Tauschware, sondern helfen durch ihren Verkauf auch dabei, die Reisekasse aufzufüllen. Selbst dort, wo bischöfliche Zollbriefe keine Wirkung mehr zeigen, werden die mit Dürers Monogramm beglaubigten Druckgrafiken noch als Zahlungsmittel akzeptiert.

Dürers Druckgrafiken, früher und heuteWährend Dürers Kunstwerke heute in allen Sammlungen der Welt vertreten sind, begegnen sie uns in den Reiseberichten des Künstlers als taufrische Alltagsgegenstände – dazwischen liegt ein halbes Jahrtausend. Von 21. Mai bis 5. September 2021 feiern die Tiroler Landesmuseen das untergegangene Zeitalter liquider Kunst mit einer Auswahl an Abzügen von Dürers Werken, welche die Grafische Sammlung seit vergangenem Jahr als Dauerleihgabe des Stiftes Stams bewahren darf. Dass wir die Namen der Werke kennen, die ihnen Dürer einst gegeben hat und die bis heute verwendet werden, ist nicht zuletzt dem Tagebuch seiner Reise in die Niederlande zu verdanken. Doch damit nicht genug. Die Aufzeichnungen bringen uns den bereits zu seiner Zeit außerordentlich berühmten Künstler auch als umgänglichen und freigebigen Zeitgenossen näher. Gleichzeitig zeugen sie auf beeindruckende Weise von dessen unstillbarer Neugier. So scheute Dürer etwa eine entbehrungsreiche Reise an die Nordsee nicht, um einen gestrandeten Wal zu besichtigen und besuchte das neue Anwesen des Fuggers Jakob II. des Reichen bei Antwerpen, um „seine hübsche hengst“ zu bewundern.

Komm! ins Offene, Freund! Romantik in der GrafikMit „Komm! ins Offene, Freund!“ rief Hölderlin um 1800 nach einer Wiedergeburt des Ehrfürchtigen und Göttlichen in einer unterdessen entgötterten Welt. Seinen Ausruf borgt sich die Sammlungspräsentation als Titel, um Tiroler Künstler*innen auf ihrem Aufbruch zur Offenheit für die Phänomene jenseits des Profanen zu begleiten. Eingangs wird dabei ein sensationeller Fund präsentiert: eine bislang gänzlich unbekannte Zeichnung des frühromantischen Malers Philipp Otto Runge. In einem Brief an seinen Vater beklagte der Künstler 1802 die neue Unübersichtlichkeit des Daseins: „… bei uns geht wieder etwas zugrunde …, die Abstraktionen gehen zugrunde, alles ist luftiger und leichter, als das bisherige, es drängt sich alles zur Landschaft, sucht etwas Bestimmtes in dieser Unbestimmtheit und weiß nicht, wie es anzufangen?“ Aus diesen berühmt gewordenen Briefzeilen spricht die Erschütterung eines ganzen Zeitalters. An die Stelle säkularisierter Systeme, Einzelinteressen und rationalistischer Anschauungen lassen die Künstler*innen der Romantik nun die gefühlvolle Auseinandersetzung mit der Welt treten: Sie werfen ihren Blick auf die Landschaft, den Menschen, die existentiellen Daseinsbedingungen und den Tod.

Franz Anton Stecher, Die sieben Todsünden, um 1852 Bleistift auf Papier   © TLM Franz Anton Stecher, Die sieben Todsünden, um 1852 Bleistift auf Papier © TLM - Mit freundlicher Genehmigung von: TirolerLandesmuseen Franz Pernlochner, Mit Weinlaub gekränzte junge Frau im Dreiviertelprofil nach links Bleistift auf Papier   © TLM Franz Pernlochner, Mit Weinlaub gekränzte junge Frau im Dreiviertelprofil nach links Bleistift auf Papier © TLM - Mit freundlicher Genehmigung von: TirolerLandesmuseen Albrecht Dürer, Das Kleine Pferd, 1505 Kupferstich Dauerleihgabe Stift Stams   © TLM Albrecht Dürer, Das Kleine Pferd, 1505 Kupferstich Dauerleihgabe Stift Stams © TLM - Mit freundlicher Genehmigung von: TirolerLandesmuseen
Tags: Albrecht Dürer, Dauerleihgabe, Druckgrafiken, Franz Anton Stecher, Franz Pernlochner, Jakob Gauermann, Philipp Otto Runge

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