Die Künstlerin Henrike Naumann spricht im Kunstsalon über die medialen Bilder, die beim Sturm auf das Capitol in Washington D.C. im Januar 2021 zu sehen waren und schlägt von hier aus den Bogen zur Selbstdarstellung von Rechtsradikalen, die sie in ihrem eigenen Werk the- matisiert.08.03.2021 um 19.00 Uhr via Zoom / Anmeldungen: veranstaltung@kunstverein-hannover.de
Die Bilder vom Sturm auf das Capitol verbreiteten sich rasant im Internet, und insbesondere der mit Pelz und Hörnern bekleidete Q-Schamane, eine Schlüsselfigur rechter Verschwörungstheorien in den USA, wurde in zahlreichen Memes (humoristische Text-Bild-Kombinationen zur Verbreitung in den sozialen Medien) aufgegriffen und in die Welt geschickt. Viele dieser Memes sollten die Be- teiligten lächerlich dastehen lassen, doch hier sieht Henrike Naumann eine Gefahr. Trotz aller Bi- zarrheit müssen diese Personen ernst genommen werden, denn sie greifen die Demokratie an und setzen sich über rechtsstaatliche Prinzipien hinweg.
Die in Zwickau geborene Künstlerin Henrike Naumann beobachtet ausgehend von ihrer eigenen Geschichte, wie sich Radikalisierung in Form von Kleidung, Möbeln und Verhaltensweisen mani- festiert. In vielen ihrer Filme und Installationen behandelt sie die Ästhetiken dieser und auch die damit zusammenhängenden Verhaltensweisen beim Feiern und Demonstrieren. So thematisierte sie u. a. sowohl die NSU-Gruppe als auch die sogenannte »Reichsbürgerbewegung«, für die das Deutsche Reich auch nach dem Vereinigungsvertrag weiterbesteht. Deren Weltbild baut auf die- sem empfundenen Unrecht gegen das »Deutsche Volk« auf, sie bitten die Vereinten Nationen um Unterstützung gegen Völkerrechtsverletzungen und sehen sich als bedrohtes indigenes Volk in einem besetzten Land. Diese Weltsicht, in der sich nationalistische Verschwörungstheorien mit persönlichen Schicksalen und den Brüchen der deutschen Geschichte verbinden, teilen laut Ver- fassungsschutz rund 19.000 Personen in Deutschland, unter denen sich einige gewaltbereite Rechtsextremist*innen befinden.
Henrike Naumann wird in ihrem Vortrag u. a. das Video »Das Reich« (2017), das in der Ausstel- lung »2000 – Mensch. Natur. Twipsy.« 2019 im Kunstverein Hannover zu sehen war, zeigen und über wiederkehrende Ästhetiken von Radikalisierung sprechen. Für ihre Vorträge inszeniert sich Henrike Naumann auf konsequente Weise und in einem für sie typischen Setting, das sich von den mittlerweile üblichen Videokonferenzen durch eine besondere Strahlkraft abhebt. Der Kunst- salon im Kunstverein Hannover verhandelt ausgehend von aktuellen Ereignissen Themen zu Kunst, System und Gesellschaft und lädt hierzu jeweils hochkarätige Gäste aus verschiedenen Fachbereichen ein.
Henrike Naumann (*1984) studierte Bühnenbild und Film in Dresden und Berlin. 2019 wurde sie mit dem LVZ-Kunstpreis ausgezeichnet und im MdBK in Leipzig ausgestellt. Der Katalog hierzu ist in Kooperation mit dem Museum Abteiberg in Mönchengladbach sowie dem Kunstverein Han- nover entstanden und für den Preis von 30 € (25 € für Mitglieder des Kunstvereins Hannover) er- hältlich (erschienen bei Spector Books). Viel beachtete Ausstellungen der Künstlerin waren im Museum Gunzenhauser der Kunstsammlungen Chemnitz, im Haus der Kunst in München, der Schirn Kunsthalle in Frankfurt und der Kunsthalle in Bremen im Rahmen des Böttcher Preises 2020 zu sehen. 2019 zeigte Henrike Naumann außerdem eine Einzelausstellung im Belvedere 21 in Wien. Seit 2018 ist ihre Installation »14 Words« Teil der Sammlung des MMK Frankfurt im An- schluss an ihre dortige Ausstellung. Sie war 2018 auf Biennalen in Busan (KR) und Riga (LV) ver- treten sowie 2017 und 2015 in Port-au-Prince (HTI). Henrike Naumann lebt und arbeitet in Berlin.