INFOLGE DER CORONA-PANDEMIE WAR DIE FÜR MÜNCHEN GEPLANTE ERSTE STATION DER AUSSTELLUNG NICHT REALISIERBAR UND FINANZIERBAR. ES ERSCHEINT ALLERDINGS DIE ALS BEGLEITPUBLIKATION ERARBEITETE MONOGRAFIE MIT KOMMENTIERTEM WERKVERZEICHNIS IN DEUTSCHER, ENGLISCHER UND FRANZÖSISCHER AUSGABE.AUF DEN SPUREN EINES RÄTSELHAFTEN MALERSEigentümlich wirken seine Bilder, verschroben seine Figuren und bühnenhaft seine Straßenszenen. Häufig wurden die Werke von Jacobus Vrel mit denen des berühmten Malers Johannes Vermeer verwechselt. Seine Straßenszenen und Interieurs zählen zum Bestand der weltweit bekanntesten Museen und sind zugleich begehrte Raritäten unter Sammlern. Aber bis heute ist Jacobus Vrel nahezu unbekannt – trotz umfänglicher Archivrecherchen seit seiner Entdeckung im 19. Jahrhundert gelang es bislang nicht, Angaben zu seiner Person oder Wirkungsstätte zu finden.
Jacobus Vrels Werke geben vermeintlich das Alltagsleben holländischer Kleinstädte des 17. Jahrhunderts wieder und erschaffen zugleich rätselhafte Welten. Es fehlt in ihnen gänzlich die Ansprache an die Betrachtenden. Die Figuren wenden sich von uns ab, zeigen nur ihren Rücken oder wirken in sich gekehrt. Die Darstellungen vermitteln eine teils gar bedrückende Stille. Nicht ohne Grund wurden wiederholt enge Bezüge zu dem bekannten Dänen Vilhelm Hammershøi (1864–1916) hergestellt, dessen atmosphärische Kompositionen jedoch erst zwei Jahrhunderte später entstanden.
Ungewöhnlich sind auch Vrels Straßenszenen. Die räumliche Anordnung der gezeigten Gebäude erinnert an Film- oder Theaterkulissen. Vergleichsbeispiele aus der Zeit des Malers zu finden, ist schwierig. Weder gibt es plausible Vorbilder, noch lassen sich deutliche Gemeinsamkeiten mit Werken bekannter Künstlerkollegen ausmachen. Die stets hochformatigen Kompositionen zeigen eng aneinandergereihte, mehrstöckige und zugleich schmale Häuser aus Ziegelstein mit zumeist spitzen Giebeldächern. Nur wenige Figuren bevölkern die schmalen, mit Fundsteinen gepflasterten Gassen. Sind es tatsächlich existierende Orte, die Vrel wiedergibt, oder entstammen sie der Fantasie des Malers ohne Bezug zu seiner näheren Umgebung?
Gemeinsam mit der Fondation Custodia in Paris und dem Mauritshuis in Den Haag realisiert die Alte Pinakothek in München nun die erste monografische Ausstellung zu dem rätselhaften Maler Jacobus Vrel und nähert sich darin mit 35 Gemälden Vrels diesem Vorboten der Moderne, der sein Geheimnis erst auf den zweiten Blick offenbart. Die neuen Ergebnisse des internationalen Projekts räumen mit dem Vorurteil eines „Vermeer du Pauvre“ auf und zeigen, dass Vrel vielmehr als Vorläufer von Pieter de Hooch und Vermeer anzusehen ist und nicht als deren Nachfolger.
Aufsehenerregend ist in der Alten Pinakothek die Gegenüberstellung der rund 50 Gemälde und Papierarbeiten Vrels und verwandter holländischer Barockmaler mit Werken aktueller zeitgenössischer Kunst (Mathilde ter Heijne) und eigens für die Ausstellung produzierten künstlerischen Filmen, entstanden in Kooperation mit der Akademie der Bildenden Künste (Julian Rosefeldt), der Hochschule für Fernsehen und Film München (Daniel Lang) sowie der Technischen Universität, mit Architekturmodellen des Lehrstuhls für Entwerfen und Gestaltung. Die größtenteils eigens für die Ausstellung produzierten Positionen der noch lebenden Künstlerinnen und Künstler nehmen dabei inhaltlich wie ästhetisch unmittelbar auf die ausgestellten Gemälde des Alten Meisters Bezug. Auf diese Weise soll insbesondere jungen Ausstellungsbesucherinnen und -besuchern ein anderer Zugang zu den geheimnisvollen Werken des kaum bekannten Barockmalers ermöglicht werden.
#PinaVrelBEGLEITPROGRAMMEin umfangreiches ausstellungsbegleitendes Programm wird die Werke aus verschiedenen Perspektiven und Disziplinen betrachten, u.a. aus den Bereichen Film, Architektur und Literatur, um neuartige Zugänge und Interpretationsmöglichkeiten zu schaffen. Das eigens konzipierte Vermittlungsprogramm nimmt die Teilnehmenden in Führungen und einer Vielzahl unterschiedlichster Workshops mit auf eine Entdeckungsreise ins 17. Jahrhundert.
PUBLIKATIONBegleitend zur Ausstellung erscheint eine umfangreiche Monografie mit einem Verzeichnis aller Werke des Künstlers in deutscher, französischer und englischer Sprache.
EINE SONDERAUSSTELLUNG DER BAYERISCHEN STAATSGEMÄLDESAMMLUNGEN IN KOOPERATION MIT DER FONDATION CUSTODIA – COLLECTION FRITS LUGT IN PARIS UND DEM MAURITSHUIS IN DEN HAAG.
Weitere Stationen: Fondation Custodia, Collection Frits Lugt, Paris Mauritshuis, Koninklijk Kabinet van Schilderijen, Den Haag
KOOPERATIONSPARTNER
Hochschule für Film und Fernsehen München, Akademie der Bildenden Künste München, Technische Universität München
MEDIENPARTNER
arte
DAS AUSSTELLUNGSPROJEKT WIRD ERMÖGLICHT DURCHErnst von Siemens Kunststiftung, Max Kohler Stiftung, Königreich der Niederlande, LfA Förderbank Bayern, Hele Avus Stiftung