Was verbinden wir mit Pablo Picasso, dem berühmtesten Künstler des 20. Jahrhunderts? Und was haben unsere Eltern und Großeltern mit ihm verbunden, in der Nachkriegszeit, als sein Ruhm auf dem Höhepunkt war? Picasso schien damals zwei Persönlichkeiten zu haben, die einander völlig widersprachen. Für die einen war er ein einsames Genie, ein Macho und Mythologe. Für die anderen ein Pazifist, Kommunist und Menschenfreund.Die Welt war in zwei Lager geteilt, und Picasso eignete sich als Galions- und Projektionsfigur für beide Systeme und in beiden deutschen Staaten. Der Kommunistischen Partei Frankreichs, in die er 1944 eingetreten war, hielt er zeit seines Lebens die Treue. Er unterstützte Friedenskongresse und soziale Bewegungen auf der ganzen Welt. Aber er lebte im Westen und ließ es zu, dass die bürgerliche Kritik ihn zum unpolitischen Genie, zum „Geheimnis Picasso“ stilisierte. Picasso war auf beiden Seiten der Mauer der Größte. Derselbe war er hier und dort nicht.
Welche Werke wurden im Sozialismus, welche im Kapitalismus gezeigt? Wie wurde Picasso vermittelt? Sah der Westen die Kunst, der Osten die Politik? Was sah der Künstler selbst? Die Ausstellung untersucht das Bild, das sich hüben und drüben aus Picassos Bildern machen ließ. Sie rekonstruiert die Ausstellungen der Nachkriegszeit und dekonstruiert die Mythen. Einen Schwerpunkt bildet die Picasso-Sammlung von Peter und Irene Ludwig, noch heute eine der umfangreichsten. Teile davon wurden mehrfach in der DDR ausgestellt. Die Ausstellung ist nicht bloß historisch. Sie möchte einen Picasso zeigen, der in unserer Zeit des globalen Umbruchs, unserer noch immer geteilten Welt etwas zu sagen hat. Die politische Dimension der Werke und die Frage nach der sozialen Rolle von Kunst werden breiten Raum einnehmen. Zudem wurden zwei Werke in Auftrag gegeben: ein Film von Peter Nestler, der Picassos Wirken in Südfrankreich nach dem Zweiten Weltkrieg in die postmigrantische Gegenwart der Gemeinde Vallauris einbettet. Und eine Architektur von Eran Schaerf, die die Komplexität der Bezüge aufgreift. So wie Picasso Gegenstände multiperspektivisch gefasst hat, soll die Ausstellung erlauben, sein Werk und seine Wirkung von mehreren Seiten zugleich zu betrachten.
Kuratorin: Julia Friedrich
#MLxPicasso