„Ob wir das Wachsen einer Pflanze mit dem Zeitraffer beschleunigen oder ihre Gestalt in vierzigfacher Vergrößerung zeigen – in beiden Fällen zischt an Stellen des Daseins, von denen wir es am wenigsten dachten, ein Geysir neuer Bilderwelten auf“.Diese Beobachtung notierte Walter Benjamin 1928 angesichts neuester fotografischer und filmischer Aufnahmen von Pflanzen. Nicht nur ihn sollten sie faszinieren. Die Kinos waren voll, als im Film Das Blumenwunder Zeitrafferaufnahmen von Pflanzen ihr Lebendigsein ganz neu vor Augen führten. Fotografische Vergrößerungen von Blättern, Knospen oder Stielen machten eine technisch-abstrahierte Ästhetik sichtbar und wurden in Buchform populär.
Auch in Malerei, Grafik und Skulptur der Weimarer Republik grünte es, schließlich eröffnete die neue Architektur mit ihren größeren Fenstern ganz neue Möglichkeiten für so genannte „Zimmergärten“. Und so unschuldig eine Topfpflanze im Bild auf den ersten Blick vielleicht aussehen mag – sie ist Teil eines Diskurses, der mitten hinein stößt in die großen Themen der Moderne: Exotismen und Emanzipation, Bevölkerungswachstum und Urbanisierung, Tempo und Entschleunigung.
Das „Pflanzendasein“ beschäftigte und beschäftigt von jeher nicht nur Botaniker*innen. So schält diese Ausstellung Aspekte der grünen Moderne heraus, die auch in unseren pflanzenaffinen Zeiten heute wieder anklingen. War nicht der Kaktus die Monstera Deliciosa der 1920er Jahre?
Kuratorin: Miriam Szwast
#gruenemoderne