Als Sohn einer algerischen Familie wuchs Attia in einem multiethnischen Umfeld in einem Vorort von Paris auf. Schon früh interessierte er sich für soziokulturelle Phänomene…
Als Sohn einer algerischen Familie wuchs Attia in einem multiethnischen Umfeld in einem Vorort von Paris auf. Schon früh interessierte er sich für soziokulturelle Phänomene…
Als Sohn einer algerischen Familie wuchs Attia in einem multiethnischen Umfeld in einem Vorort von Paris auf. Schon früh interessierte er sich für soziokulturelle Phänomene, vor allem solche, die im Zusammenhang und als Folge von Kolonialismus entstehen. In verschiedensten Disziplinen wie Psychoanalyse, Soziologie, Architektur und Philosophie untersucht Kader Attia diese Phänomene. Seine Untersuchungen gipfeln im Konzept des Repair, was sowohl Wiedergutmachung als auch Wiederherstellung bedeutet. Attias Filme, die zum Teil aus Interviews und Porträts von Menschen und Gesellschaften bestehen, veranschaulichen eindrucksvoll das breite Spektrum seiner Forschung. Laut Kader Attia finden sich in jedem System und in jeder kulturellen Tradition zahlreiche Reparaturprozesse.
Kader Attia hat ein Talent für verbale und visuelle Wortspiele, für das Verknüpfen von scheinbar Unzusammenhängendem und für das Schaffen neuer Bedeutungen. Die Doppelprojektion „Open your eyes“ basiert auf Kader Attias umfassender Erforschung der modernen westlichen Ästhetik. Der Schwerpunkt liegt auf der Reparatur des menschlichen Körpers, die er mit der Entwicklung der Reparatur in Kulturen außerhalb der westlichen Kultur vergleicht. Attia organisiert Bilder in einer vergleichenden Diashow und fügt Sätze ein, die sich auf die Moderne, ihre Tradition und Kontroversen beziehen. So findet er Verbindungen zwischen den Gesichtsnarben von Veteranen des Ersten Weltkriegs und Angehörigen afrikanischer Stämme, zwischen den Emotionen, die von autoritären Diktatoren und Jazzsängern geweckt werden, zwischen einer kongolesischen sikness mask und Edvard Munchs Der Schrei.
Kader Attias Interesse an der persönlichen Geschichte von Individuen in marginalisierten Gesellschaften zeigt sich auch in seinen Dokumentarfilmen über algerische Transsexuelle in Paris. In „Collages“ erweitert Kader Attia seine intensive Auseinandersetzung geografisch mit dem Thema auf Algier und Bombay. In diesem Film geht er weit über das Thema der Sexualität hinaus. Vielmehr hinterfragt er Tradition und Moderne unterschiedlicher kultureller Hintergründe und Ideologien.
„Reflecting Memory“ ist ein Video über das Phantom-Limb-Syndrom, für das ihm der renommierte Marcel-Duchamp-Preis im Jahr 2016 verliehen wurde. Es knüpft an seine früheren Repair-Arbeiten an. Beim Phantom-Limb-Syndrom verspüren Menschen Schmerzen an dem Körperteil, der ihnen amputiert wurde. Das Phänomen ist noch immer weitreichend unerklärt. Bei einer Form von Therapie, wird ein Spiegel verwendet, um den Betroffen dabei zu helfen, ihre Phantom-Schmerzen zu lindern. Bei einigen Patienten haben sich diese verringert, wenn der Spiegel nach und nach entfernt wird. Attia verfolgt hier das Thema des Repair auch im Bereich der psychologischen Heilung. In Interviews mit Psychoanalytikern, Chirurgen und Wissenschaftlern untersucht er, wie auch Gemeinschaften unter den gleichen Symptomen leiden können, indem sie ein Trauma leugnen oder sich nicht auf die Auseinandersetzung mit kollektiven Verbrechen ihrer Vergangenheit einlassen. Repair ist für den Künstler eine Metapher für kulturelle Aneignung und Widerstand geworden.
KADER ATTIA 2009:2019 FILMS
Galerie Krinzinger / HauptgalerieDauer: 29. Oktober – 23. November 2019Ort: Galerie Krinzinger, Seilerstätte 16, 1010 WienÖffnungszeiten: Di - Fr 12 - 18 Uhr, Sa 11 - 16 UhrEintritt frei
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