Van Ham Art Estate freut sich, das Werk der deutschen Künstlerin Sarah Schumann (Jg. 1933) zukünftig zu repräsentieren. Die Malerin gilt als eine der wichtigen Vertreterinnen der Nachkriegsmoderne und setzt sich in ihren figurativen Arbeiten mit den signifikanten Begriffen "Schrecken und Schönheit" auseinander. In den Anfängen ist ihr Werk durch den Surrealismus inspiriert, später entwickelt sie eine einprägsame Bildsprache, die ihre geheimnisvollen Landschaftsmalereien und Porträts kennzeichnet. Filmisch wurde ihr Schaffen von Harun Farocki verewigt und literarisch von ihrer Lebensgefährtin Silvia Bovenschen.Sarah Schumann, die 1933 in Berlin als Tochter des Bildhauerpaares Kilian und Dora Schirmer geboren wird, beschäftigt sich bereits in ihrer frühen Kindheit und Jugend mit den erschreckenden Kriegserlebnissen und den Existenzbedingungen im Nachkriegsdeutschland. Die erste Ausstellung 1953 in der Zimmergalerie Franck in Frankfurt am Main zeigt sogenannte fotografische "Schock-Collagen", die schöne Frauen aus Illustrierten in bedrohlichen Szenerien darstellen.
In den 1950er Jahren reist sie mit ihrem Ehemann, dem Kunsthändler Hans Brockstedt, durch Europa und besucht die Sammlungen der bedeutenden großen Museen. Nach ihrer Trennung lebt sie von 1960 bis 1963 alleine in London, wo zahlreiche Materialcollagen entstehen. Von dort zieht sie schließlich ins italienische Piemont und arbeitet in ihrem eigenen Haus an pastellfarbenen Eitemperamalereien.
Im Jahr 1968 kehrt sie nach Berlin zurück, erlebt dort die gesellschaftspolitischen Umbrüche und schließt sich 1972 der feministischen Gruppe Brot + Rosen an. In dieser Zeit schafft sie inszenierte heroische Bildnisse von Frauen ihrer unmittelbaren Umgebung.
Neben ihrer künstlerischen Tätigkeit zeigt sich Schumann von 1974 bis 1977 als Mitorganisatorin und Kuratorin für die Ausstellung "Künstlerinnen international 1877-1977" verantwortlich. Bei dieser legendären und von Protesten begleiteten Ausstellung werden erstmalig in Deutschland bedeutende Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts präsentiert, darunter Paula Modersohn-Becker, Frida Kahlo, Eva Hesse, Maria Lassnig, Mary Bauermeister, Ulrike Rosenbach und Diane Arbus. Im begleitenden Katalog schreibt sie einen Text zu Meret Oppenheim, basierend auf einem Interview in Paris.
1977 wird sie mit einem Stipendium für die Villa Massimo in Rom ausgezeichnet. Internationale Studienreisen nach Indien und Kenia in den 1980er Jahren werden in Gouachen und in übermalten Fotografien verarbeitet. Viele Aufenthalte und Recherchen in der DDR auf den Spuren von Theodor Fontane, Hermann von Pückler-Muskau und Peter Joseph Lenné führen zu elegischen Landschaftsbildern. Nicht zuletzt fährt sie zu den Ruinen von Dresden. Ab 1992 folgen zahlreiche Reisen nach Moskau und Russland, die einen nachhaltigen Eindruck auf die Künstlerin hinterlassen, abzulesen am Zyklus "Moskau, Erz und Körper".
2015 wird Sarah Schumann von ihrer Lebensgefährtin Silvia Bovenschen (1940-2017) in dem Doppelporträt "Sarahs Gesetz" literarisch verewigt. Darin schreibt die Autorin: "Sarah Schumanns Bilder fordern hier größere Anstrengungen. Das ist nicht Arkadien, was hier aufscheint, im Gegenteil, es ist Milchstraßen entfernt von unseren Idyllen. Unser Sehen muss auskommen ohne das Netz der bekannten Verknüpfungen, muss akzeptieren, dass das Dichte durchlässig ist und das Transparente keine Durchblicke gewährt." Und Bovenschen weiter: "Ist die Liebe zum Bild nicht vergleichbar mit der zu einem Menschen und zwar in der Weise, dass mit das Beste ist, was man über ihn sagen kann: Ich habe mich keinen Moment mit diesem Menschen gelangweilt? Mit diesen Bildern, das weiß ich, wird man sich keinen Moment langweilen."
Das Städel Museum in Frankfurt zählt Sarah Schumann im Oral History Projekt "Café Deutschland" zu den 70 wichtigsten Protagonisten der ersten Kunstszene in der BRD. Werke von Sarah Schumann finden sich in deutschen und internationalen Privatsammlungen sowie in der Berlinischen Galerie, im Museum Wolfsburg, im Museum Morsbroich in Leverkusen sowie im Museum of Modern Art in New York.
Buchillustrationen von Sarah Schumann- Gestaltung von Umschlagsmotiven für Publikationen, u.a. die Gesamtausgabe von Virginia Woolf im S. Fischer Verlag und Bücher von Silvia Bovenschen und Alexander Garcia Düttmann- Illustrationen für eine Ausgabe von Lewis Carolls "Alice im Wunderland", 1974- Titelblätter und Plakate für Zeitschriften wie "Freedom", "Courage" und "Frauen im Film"
Filmprojekte über Sarah Schumann- 1978 Filmporträt "Ein Bild von Sarah Schumann" von Harun Farocki- 2000 Filmporträt "Sarah Schumann malt ein Bild" von Renate Sami- 2012 Mediales Doppelporträt "Silvia Bovenschen und Sarah Schumann" von Michaela Melián
AusstellungsvorschauVan Ham Art Estate, Köln: 4. bis 28. April 2019Künstlerhaus Göttingen: 11. August bis 8. September 2019