Vom Fingerring mit Musikwerk über Schmuck- oder Schnupftabakdosen, Anhänger in Form von Uhren, Messer, Laute, Harfe oder Parfümflacon bis hin zu Taschenuhr, Vogelkäfig, Prunkvase oder Tempelautomat – all diese traumhaften Meisterwerke der Uhrmacher- und Automatenkunst werden im Museum für Musikautomaten im Rahmen der Sonderausstellung „Klingendes Gold“ präsentiert.Im Verlauf des 18. Jahrhunderts werden Miniaturversionen von Glockenspiel und Vogelautomat entwickelt. Die Erfindung der klingenden Stahllamellen durch den Genfer Uhrmacher Antoine Favre-Salomon erweitert ab 1796 die musikalischen Möglichkeiten der Uhrmacher und Automatenbauer nochmals und lässt noch kleinere Musikwerke entstehen. Obwohl das Prinzip überall Lob erntet, hat sein Schöpfer selbst keinen Erfolg damit. Er muss aus gesundheitlichen Gründen den Beruf aufgeben und stirbt in ärmlichen Verhältnissen. Seine Genfer Uhrmacherkollegen dagegen profitieren. Klingende Taschenuhren, Accessoires und Schmucksachen in exquisiter Ausführung sind eine Genfer Spezialität. In diese Bijoux de Genève werden Miniaturmusikwerke nach Favres Prinzip eingearbeitet, was deren Attraktivität und Exklusivität nochmals steigert.
Bijoux de GenèveDie Herstellung von kleinen, kostbaren Accessoires wird im Verlauf des 18. Jahrhunderts zu einer Spezialität der Genfer Uhrmacherkunst. Diese Bijoux de Genève erfreuen sich von Lissabon bis St. Petersburg grosser Beliebtheit. Es erstaunt deshalb nicht, dass die Erfindung der klingenden Stahllamelle als erstes in diesen exquisiten Luxusobjekten zum Einsatz kommt. Fingerringe, Anhängeuhren und Phantasieobjekte der höchsten Preisklasse werden von Isaac-Daniel Piguet und anderen Genfer Uhrmachern ab 1802 mit Miniaturmusikwerken ausgestattet. Eine äusserst sorgfältige Ausführung versteht sich dabei von selbst. Nach dem Ende der Napoleonischen Kriege vergrössert sich die Nachfrage. Stückzahlen von bis zu 300 pro Monat aus der Genfer „Fabrique“ finden ihren Weg in die reiche Oberschicht von ganz Europa.
Klingende TaschenuhrenTaschenuhren sind seit dem 16. Jahrhundert ein Statussymbol und werden sichtbar zur Schau gestellt. Taschenuhren mit Musikwerk sind eine Errungenschaft der Genfer Uhrmacherkunst. Dabei wird mit drei verschiedenen Bauarten experimentiert. Vor 1810 finden sich lediglich einzeln angeordnete klingende Stahllamellen – meist sechs bis acht verschiedene Töne, in Ausnahmefällen aber bis zu zwanzig, die einfache Melodien wiedergeben können. Ab 1810 werden Zylinder-Musikwerke verwendet, die über bis zu 36 Stahllamellen verfügen können; dabei müssen jedoch sehr dünne Zylinder benutzt werden, so dass die gestifteten Musikstücke weiterhin nur wenige Sekunden dauern. Ebenfalls ab 1810 werden Teller-Musikwerke entwickelt. Diese letzte Bauart eignete sich am besten für den Einbau in Taschenuhren und gelangt deshalb auch am häufigsten zur Anwendung. Schmuck- und Tabakdosen Schmuck- und Tabakdosen sind seit Mitte des 18. Jahrhunderts in Mode. Luxuriöse Stücke werden dabei mit Mechanismen aller Art versehen: Zauberdosen mit raffinierten Spielereien und Tabatieren mit Figurenautomaten oder Singvögeln entstehen. Ab 1813 halten die neu entwickelten Zylinder-Musikwerke Einzug in solche Objekte.
Die Resonanz ist besser als diejenige der Taschenuhren und die Grössenverhältnisse erlauben den Einbau von umfangreicheren Zylindern. Dies wiederum ermöglicht musikalische Arrangements von einiger Raffinesse, so dass solche Tabatieren zu einem grossen Erfolg werden. Stehen zunächst Siegellack-, Schmuck- oder Schnupftabakdosen aus Gold und mit aufwendiger Verzierung im Vordergrund, stellt man schon bald auch Tabatieren aus Silber, Holz oder Giessmasse her. Informationen Spezialführungen durch die Sonderausstellung „Klingendes Gold“ finden am 22. Juni, 24. August, 28. September und 26. Oktober jeweils um 11 Uhr statt (Anmeldung erforderlich, Platzzahl begrenzt). Die Ausstellung ist jedoch bestens zur Besichtigung ohne Führung geeignet und wartet auch mit Musikbeispielen und zwei Videos auf. Das Museum für Musikautomaten Seewen SO gehört als Bundesmuseum organisatorisch zum Bundesamt für Kultur. Weitere Museen der Schweizerischen Eidgenossenschaft sind das Schweizerische Nationalmuseum in Zürich, Prangins und Schwyz, die Sammlung Oskar Reinhart in Winterthur, das Centre Dürrenmatt in Neuchâtel und das Museum Vela in Ligornetto.