Mit Gebäuden wie der k. k. Österreichischen Postsparkasse, der Kirche St. Leopold am Steinhof oder den Bauten für die Wiener Stadtbahn erlangte Wagner Weltgeltung. Vor allem die Postsparkasse (1904–1912), eines seiner Hauptwerke, steht für die von ihm initiierte, vielbeachtete Verbindung von tradierter Baukunst und zeitgenössischer Ingenieurs-architektur. Dieses Schlüsselwerk der Wiener Moderne markiert den zentralen Ausgangspunkt für die MAK-Ausstellung. Konstruktive Elemente setzte Wagner als formgebendes Prinzip ein, der mit Marmorplatten verkleideten Fassade verlieh er durch ebenso ornamental wie funktional eingesetzte Aluminiumstifte den Ausdruck des Maschinenzeitalters. Bis heute gelten seine für die Postsparkasse entworfenen Möbel als Vorbilder für das Möbeldesign.
Seine moderne Auffassung von Architektur machte Wagner auch zum Mitstreiter der Künstlervereinigung Secession. Aus seiner Schule und seinem Atelier gingen weltweit bedeutende Architekten hervor, darunter Josef Hoffmann, Joseph Maria Olbrich, Josef Plečnik, Max Fabiani, Leopold Bauer, Hubert Gessner, István Medgyaszay, Jan Kotěra, Pavel Janák, Rudolf Perco, Karl Ehn, Marcel Kammerer, Emil Hoppe, Otto Schönthal, Ernst Lichtblau oder Rudolph M. Schindler.
Auch im Werk zahlreicher Architekturikonen der jüngeren Architekturgeschichte und der Postmoderne wie Superstudio, Frei Otto, Robert Venturi und Denise Scott Brown, Shin Takamatsu, Walter Pichler oder Hans Hollein sind Einflüsse und Parallelen erkennbar.
Dem beziehungsreichen Geflecht rund um Otto Wagners architektonisches Vermächtnis nähert sich POST OTTO WAGNER. Von der Postsparkasse zur Postmoderne in drei Ausstellungsbereichen, die in beliebiger Reihenfolge betrachtet werden können:
Plan und Methode: Dimensionen der GroßstadtMit umfassenden urbanen Projekten wie dem Ausbau des Donaukanals (1898–1908) und der Wiener Stadtbahn mit ihren heute als Sehenswürdigkeit geltenden Stationen (1894–1901) veränderte Otto Wagner nachhaltig das Wiener Stadtbild. Überzeugt, dass die technischen Formen des Ingenieurs vom Architekten kunstvoll umgewandelt werden müssen, dachte er vor allem den Städtebau in neuen Dimensionen. Die Jahrzehnte um 1900 waren auch international die Zeit des "großen Plans". Nach dem Erfolg der Weltausstellung in Chicago (1893) entstanden weltweit großzügig ausgearbeitete Stadtvisionen, wie Daniel Burnhams Plan für Chicago (1909), der Städtebauwettbewerb für Canberra (1912), Eliel Saarinens Entwurf für Helsinki-Munkkiniemi (1915) oder Hendrik Petrus Berlages Plan für Amsterdam-Süd (1914).
Otto Wagner schrieb seine Idee einer unbegrenzten Großstadt in einer Studie (1911) nieder. Bis heute beeinflussen Wagners in ihrer Monumentalität und Symmetrie geradezu barock anmutende Großanlagen und seine sogenannten Zellenkonglomerate, die als Netzwerk beziehungsweise Raster ein dominierendes Denkmuster urbaner Erschließung geblieben sind, die Stadtplanung. In der Theorie und in der experimentellen Architektur der 1960er und 1970er Jahre wurde die moderne Rasterstadt gleichermaßen mit Kritik und Begeisterung betrachtet.
Von Wagner-Schülern zur Zeit des Roten Wien geschaffene, überdimensionale Gemeindebauten wie der Karl-Marx-Hof (Karl Ehn, 1927–1930), der Karl-Seitz-Hof (Hubert Gessner, 1926–1933) oder der Rabenhof (Heinrich Schmid und Hermann Aichinger, 1925–1928) legen noch heute Zeugnis der monumentalen Stadtvisionen ab, die Wagner um die Jahrhundertwende an der Akademie der bildenden Künste Wien vermittelte.
Typus und Stil: Formen der GroßstadtNach 1900 tendierte Otto Wagner zu immer klareren und einfacheren Lösungen in der Architektur. Mit dem von ihm entwickelten sogenannten "Nutz-Stil", dessen Formen sich aus Material, Konstruktion und Funktion ergeben sollten, überwand Wagner endgültig den Historismus, Ingenieursbauten und letztlich auch den Stil der Wiener Secession. Seine Schüler dagegen griffen nach dem Ersten Weltkrieg die stilistisch vielfältigen Ansätze der Moderne auf und entwickelten sie weiter. Sie orientierten sich einerseits an Regionalismus, Heimatstil und Nationalstil (wie dem tschechischen Kubismus), andererseits fanden sie Interesse am Internationalen Stil sowie an tradierten Lösungen wie dem Klassizismus oder dem Biedermeier. Damit war Wien nach 1900 ein Laboratorium für Stilpluralismus und individuelle stilistische Ansätze etwa von Josef Plečnik oder Max Fabiani, wie sie in der Postmoderne wieder aktuell wurden.
Unter anderem ausgehend von Wagner setzte sich in Wien sowie in Mitteleuropa ein innovativer Typus großstädtischer Wohn- und Geschäftshäuser, Warenhäuser und Hotels durch. Ein Beispiel für diese neuen Bauaufgaben ist nicht zuletzt das von Adolf Loos erbaute berühmte Haus am Michaelerplatz (1910–1911).
Technik und Material: Konstruktionen der GroßstadtCharakteristische Bauwerke wie die Postsparkasse, das mit glasierten Keramikfliesen bekleidete und als "Majolikahaus" bekannte Mietshaus an der Linken Wienzeile (Otto Wagner, 1898–1899), das Warenhaus Neumann in der Kärntner Straße (Otto Wagner, 1895/96, zerstört), das Zacherlhaus (Josef Plečnik , 1903–1905) oder das Geschäftshaus Portois & Fix (Max Fabiani, 1900) stehen in diesem Ausstellungskapitel exemplarisch für den von Otto Wagner vorangetriebenen innovativen Umgang mit konstruktiven Möglichkeiten, Fertigungstechniken und Materialien.
Nicht nur Mitarbeiter und Schüler wie Max Fabiani, Josef Plečnik oder István Medgyaszay ließen sich von Wagners Umgang mit Fassaden inspirieren. Offensichtliche Parallelen sind auch im Werk der wichtigen VertreterInnen der postmodernen Architektur, Robert Venturi und Denise Scott Brown, ablesbar. Die bedeutungstragenden Aspekte der Fassaden ihrer postmodernen Bauten können vom Baukörper getrennt betrachtet werden – im Sinne einer amerikanischen Kultur des Billboards.
Zur Ausstellung erscheint die gemeinsam von Sebastian Hackenschmidt, Iris Meder und Ákos Moravánszky verfasste Publikation POST OTTO WAGNER. Von der Postsparkasse zur Postmoderne, herausgegeben von Christoph Thun-Hohenstein und Sebastian Hackenschmidt, Deutsch/Englisch, ca. 300 Seiten mit zahlreichen Farbabbildungen. MAK/Birkhäuser Verlag, Wien 2018. Erhältlich ab Ende Juni im MAK Design Shop und unter MAKdesignshop. at.
WAGNER:WERK – Museum Postsparkasse
Als eines der Hauptwerke von Otto Wagner konnte die Postsparkasse mit Hilfe von BAWAG P.S.K. und SIGNA als reales Gebäude in die Ausstellung miteinbezogen werden. Mit einer MAK-Eintrittskarte besteht die Möglichkeit, die anlässlich der MAK-Ausstellung wieder geöffnete und vom MAK ergänzend kuratierte Ausstellung im WAGNER:WERK – Museum Postsparkasse gratis von Montag bis Freitag (10:00 – 17:30 Uhr) zu besuchen.
Ausstellungsort: MAK-AusstellungshalleMAK, Stubenring 5, 1010 WienAusstellungsdauer: 30. Mai – 30. September 2018Öffnungszeiten: Di 10:00–22:00 Uhr, Mi–So 10:00–18:00 Uhr
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