Mit der Ausstellung Heimsuchung – Hells Angels präsentiert die Galerie Hilger NEXT drei Serien der Wiener Künstlerin Deborah Sengl. Home Story, Superfreaks und Heimsuchung führen uns vor und hinter die Kulissen der Gesellschaft und thematisieren die unterschiedlichsten Facetten und Herausforderungen des Menschseins. Hochaktuell, überaus geschickt und am Puls der Zeit macht Deborah Sengl Themen sichtbar, vor denen wir oft die Augen verschließen. Es sind Parallelwelten, die unterschiedlicher nicht sein könnten, wie zum Beispiel bei Home Story, in der Obdachlosigkeit und Konsumrausch aufeinanderprallen und sich dennoch nie berühren, da die Empathie nur dem eigenen Ego geschenkt wird und dabei der Blick über den Selfierand kaum reicht. Luxusprodukte werden von Sengl ins Gegenteil verkehrt, wobei das Schwelgen in materieller Sicherheit erschüttert wird, um Existenzielles in den Vordergrund zu rücken.Auch in Superfreaks beschäftigt sich Deborah Sengl mit Menschen, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden. Die Serie besteht aus Hybriden der Andersartigkeit, die sich aus Superhelden und Außenseitern zusammensetzen. Die Künstlerin spannt dabei den Bogen zwischen Extremen – von den fiktiven Alleskönnern bis zu den realen „Sonderlingen“. Basierend auf der Zurschaustellung von Menschen mit Missbildungen auf Jahrmärkten und erfundenen Figuren der Unterhaltungsindustrie erlangt das Bestaunen eine gänzlich neue Tragweite und Dimension. Ausgrenzung und Bewunderung sowie Faszination und Ablehnung drehen sich um ein Rollenspiel, das von der Gesellschaft erwartet oder aufgezwungen wird. Dabei balancieren die Superfreaks stets auf dem schmalen Grat der Einzigartigkeit und versuchen der skurrilen Ordnung der Durchschnittlichkeit entgegenzuwirken.
In der erst kürzlich entstandenen Serie Heimsuchung begegnen uns die Engel der Gegenwart mit all ihren Sehnsüchten, Wünschen, Makeln und Ängsten. Sie offenbaren sich in ihrer vollkommenen Unvollkommenheit. Der Versuch an etwas festzuhalten, zu glauben und sich leiten zu lassen gerät ins Wanken, denn sie haben längst ihre Lieblichkeit und Unschuld verloren. In der heimeligen Umgebung toben sie sich aus und zeigen uns einmal mehr, dass das Streben nach scheinbarer Perfektion ein Irrglaube ist. Sie beflügeln uns auf den ersten Blick mit einem Gefühl der Scheinheiligkeit, aber letzten Endes werden wir auf den Boden der Realität zurückgeholt. Es sind Eingeständnisse unserer Zeit – Schönheitswahn, Alkoholismus, Spielsucht und Glaubensfragen – mit denen Deborah Sengl die Betrachter schonungslos konfrontiert und somit indirekt auffordert, nicht nur zu glauben sondern auch zu hinterfragen.
„Sobald ich meine Signatur auf das Bild setze, ist die Arbeit für mich abgeschlossen“, so Sengl. Aber genau da fängt für die RezipientInnen die visuelle Arbeit erst an, nämlich Zusammenhänge zu erkennen, bewusstzumachen aufzudecken und Gesellschaftsstrukturen und Phänomene unserer Zeit in Frage zu stellen. Denn letzten Endes sind wir alle keine Engel... [Text von MMag. Vanessa Bersis]