Vom 2. August bis zum 30. Oktober 2016 präsentiert die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) die Ausstellung „Giardino di Arte“ (Garten der Kunst) der Berliner Künstlerin Tina Cassati. Ihre Arbeiten sind im Chinesischen Haus im Potsdamer Park Sanssouci zu sehen.Märchenhafte RobenWenn bei einem Spaziergang durch den Park Sanssouci das Chinesische Haus zwischen den Bäumen aufscheint, dann fühlen sich Besucherinnen und Besucher in eine andere Welt versetzt. Unter einem bunt bemalten, von Palmen getragenen Dach hat sich eine elegante, goldschimmernde Gesellschaft niedergelassen, umschwirrt von Papageien und eingehüllt in die Klänge exotischer Musik, die sich mit dem Keifen der Affen mischt. Das Chinesische Haus bringt die Idee des Rokoko bereits in seiner Architektur zum Ausdruck: Was natürlich und bewegt scheint, ist raffiniert komponiert und aus Stein und Metall fest gefügt. Alles ist Kulisse im besten Sinn, eine fantasievolle Hülle, die in ihrem Spiel zwischen Natur und Kultur alle Sinne anregt.
Genau damit setzt sich Tina Cassati in ihrem aktuellen Projekt „Giardino di Arte“ auseinander. In ihrem „Garten der Kunst“ thematisiert sie die stete Veränderung der Natur im Wandel der Jahreszeiten mit Kleidern, die genau wie Kulissen für den Reiz und die unendlichen Möglichkeiten der Verwandlung stehen. Das bevorzugte Medium der Künstlerin ist die Foto-Collage in Verbindung mit eigens dafür kreierten Kostümen. Sie gestaltet Plakate und Cover und veröffentlicht Fotoarbeiten in hochwertigen Magazinen. Bei ihren detailreichen und ungemein überraschenden Kreationen ist sich der Betrachter nie sicher, was daran nun fotografierte Realität und was mit den Techniken der Collage und Bildbearbeitung erfundene, grafische Komposition ist.
Im Chinesischen Haus sind die kritische Auseinandersetzung mit der Chinoiserien-Mode, die künstlerische Beschäftigung mit dem Wesen der Natur und das abwechslungsreiche Spiel von Schein und Sein im Auftrag Friedrichs des Großen (1712-1786) großartig in Szene gesetzt worden. Das war für Tina Cassati Anregung, für diesen Ort drei – im wahrsten Sinne des Wortes – märchenhafte Roben zu schaffen. Aus Tausenden von Kunstblüten geformt, treten die Kleider in einen Dialog mit den geblümten seidenen Wandbespannungen, den Rokokoschwüngen der Möbel oder den knorrigen Bronzearmen der Leuchter. In dieser Form setzen sich die Werke der Künstlerin in den Raum hinein fort und verwandeln das Chinesische Haus in eine Art begehbare Collage.
Das Chinesische HausDas Chinesische Haus wurde von Johann Gottfried Büring (1723-1788) zwischen 1755 und 1764 errichtet. Bauform und Ausstattung entsprachen dem Zeitgeschmack der Chinoiserie, die Rokoko-Ornamentik mit ostasiatischen Stilelementen kombinierte. Vorbild war das 1738 von dem französischen Architekten Emmanuel Héré (1705-1763) für den Schlosspark von Lunéville in Frankreich entworfene Maison du trefle. Dessen kleeblattförmiger Grundriss wurde für das Chinesische Haus adaptiert.
An den kreisrunden Zentralbau schließen sich in regelmäßigen Abständen drei Kabinette im Wechsel mit Freiräumen an. Das zeltartige Kupferdach wird in den Nischen von je vier vergoldeten Palmsäulen aus Sandstein gestützt, die der Schweizer Zierratenbildhauer Johann Melchior Kambly (1718-1782) schuf. Die vergoldeten Sandsteinplastiken stammen aus den Werkstätten Johann Gottlieb Heymüller (1715-1763) und Johann Peter Benkert (1709-1765).
Im Inneren ist die Wand des kreisrunden Hauptraums mit grünem Stuckmarmor überzogen. In Stuck gearbeitete Affen mit Musikinstrumenten über den Fenstertüren, Konsolen, auf denen Porzellan platziert ist, Wandbranchen (Kerzenhalter) und der Kronleuchter sind vergoldet. Das 1756 entstandene Deckenbild im oberen Rund des Raums ist ein Werk von Thomas Huber (1700-1779). Von ihm stammen auch die Deckenmalereien über den Nischen im Außenbereich. Die Deckenmalerei zeigt hinter einer Balustrade teils in den Raum schauende, teils miteinander plaudernde Asiaten. Sie sind umgeben von Papageien, Affen und auf Pfosten sitzenden Buddhafiguren.
Die Wände der an den Hauptraum angrenzenden Kabinette sind mit sogenannten „Pekings“ verkleidet, seidenen Wandbespannungen mit gemalten Blumenmustern aus einheimischer Produktion. Erhaltene Fragmente dieser Wandbespannung dienten bei der von 1990 bis 1993 erfolgten Restaurierung des Chinesischen Hauses als Vorlage für eine Rekonstruktion.