Wir freuen uns sehr, Sie zur Ausstellung Rainer und die Frauen einladen zu dürfen. Wir präsentieren noch nie gezeigte Fingermalereien auf Holz, Zeitschriftenüberarbeitungen, übermalte Fotoarbeiten aus den 1970er Jahren, sowie mit selbstkonstruierter farbiger Linse abfotografierte und bearbeitete Autogrammpostkarten aus den letzten Jahren.Der Titel Rainer und die Frauen klingt fürs Erste zweideutig, als ob man hier etwas über Rainers erotische und sexuelle Beziehungen, Neigungen und Abenteuer, kurz: sein emotionales Leben, erfahren könnte. Rainers Kontakt zu den im Mittelpunkt seiner fotografischen Vergrößerungen und von ihm entschiedener Ausschnitte mit nachfolgenden malerischen oder zeichnerischen Mitteln überarbeiteten Frauen, die er allesamt nur über die Abbildung kennt, ist vorerst ausschließlich auf seiner Seite ein körperlicher Zugriff. Er operiert mit einem zarten bis heftigen, sanften bis ekstatischen, liebenden bis wütend ablehnenden Impuls. Sieht man von den Porträts der letzten Jahre ab, in denen das Antlitz dominiert, sind es fotografische Bilder aus der Geschichte der profanen Aktdarstellungen, die ihm als Vorlage dienten. Das Material also, welches Rainer für den Dialog aussucht, sind erotische Bilder des 19. Jahrhunderts neben den Akademien, die ja nicht nur bei den Künstlern einen Markt fanden, sondern als diskrete, harmlose Pornografie in den Handel gerieten, eine Serie von Bildern von Akrobatinnen sowie gestellte pornografische Aufnahmen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Glamourfotografien aus den 1950er Jahren und Porträts von Schauspielerinnen aus den Anfängen des Films. (…)
Der Prozess der Auseinandersetzung mit den Abbildern von Frauen in Porträt und Akt nimmt ganz unterschiedliche Formen des Einsatzes an. Dieser wechselt von elegantem Lineament, einer den Körper umfassenden und erfassenden taktilen Zeichnung, zur malerischen Überarbeitung, wobei das Fließen und Spritzen der Farbe durchaus die Assoziation mit sexuellen Vorgängen aufkommen lässt.Manchmal wird das fotografische Motiv vollkommen in Farbe ertränkt. (…) Die hier zugänglich gemachte Sammlung von Motiven aus dem Bereich der Frauendarstellung ist geeignet, die unterschiedlichen stilistischen Zugänge und Felder der Rainer’schen Ausdruckskunst der letzten 40 Jahre vorzuführen.
(Auszüge aus: Peter Weiermair, Rainer und die Frauen. Von expressiver Vergewaltigung bis zu distanzierter Verehrung, Snoeck Verlag 2013)
Arnulf Rainer, einer der bedeutendsten zeitgenössischen Künstler, ist 1929 in Baden bei Wien geboren. 1981 bis 1995 war er Professor einer Meisterklasse für Malerei an der Akademie der bildenden Künste in Wien. 1978 erhält er den Großen Österreichischen Staatspreis, 1981 den Max-Beckmann-Preis der Stadt Frankfurt und 1989 den Großen Preis des International Center of Photography New York, 2003 als dritter Künstler nach Baselitz und Polke Auszeichnung mit dem Rhenus Kunstpreis, 2006 erhält er als erster nicht spanischer Künstler den Aragón-Goya Preis für sein Lebenswerk und seine künstlerische Verwandtschaft zu Francisco de Goya. Seine Werke wurden und werden in den wichtigsten Museen weltweit gezeigt u.a. 1978 Biennale Venedig, 1982 documenta 7, 1984 Musée National d´Art moderne/Centre Georges Pompidou Paris, 1989 Solomon R. Guggenheim Museum New York, 2000 Stedelijk Museum Amsterdam, 2000 Kunstforum Wien, 2002 widmet die Pinakothek der Moderne in München Rainer einen permanenten Raum, 2010 eine Einzelausstellung in den Räumen der Alten Pinakothek, 2009 Eröffnung des Arnulf-Rainer Museums in Baden bei Wien. Arnulf Rainer lebt in Wien, Oberösterreich, Bayern und Teneriffa. Zur Ausstellung erscheint ein Buch im Snoeck Verlag.